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Kaylin und das Geheimnis des Turms

Kaylin und das Geheimnis des Turms

Titel: Kaylin und das Geheimnis des Turms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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und er zog auch sein Schwert. Tatsächlich überraschte er sie damit, dass er zwei zog.
    Er reichte das zweite Kaylin. “Es ist nicht die Waffe deiner Wahl”, sagte er zu ihr, “aber du bist noch nicht Meister der Waffe, die es ist, und ich bin nicht – noch nicht – gesund genug, um dich zu schützen, wenn du versagst.”
    Sie verstand nicht, was er meinte. Aber dann, als er auf ihre nackten Arme blickte, verstand sie es doch. Sie zog ihre Ärmel eilig herunter und fragte sich, wann sie sie hochgeschoben hatte. Falls überhaupt.
    “Es hat angefangen”, sagte er düster zu ihr, “und jetzt werden wir auf Widerstand stoßen. Wenn wir nicht bald im Kreis des Barranihofes erscheinen, waren alle deine Mühen umsonst. Es wird niemand dort sein, die Gabe anzunehmen, und niemand, um die Schlüssel zur Macht vom Lord des Barranihofes zu empfangen, denn ich fürchte, du hast recht – mein Bruder wird sie nicht annehmen.”
    Während er sprach, sah sie es: schwarze Schatten, die hinter entblößten Lefzen den Gang hinunterjagten. Wilde.
    Der Lord der grünen Auen hatte vielleicht nicht gerade Lefzen, aber sein Lächeln war das eines Jägers, und wenn er überhaupt Angst vor den Wilden hatte, dann hatte der Wahnsinn sie vertrieben.
    Sie wollte sich hinter ihm verstecken, aber sie kannte die Wilden und wusste, dass ihr das nichts bringen würde.
    Lirienne!
, rief sie.
    Und die Wilden stürzten sich auf sie.
    Sie konnte nicht sehen, wie die Klinge sich bewegte. Sie wusste, dass sie es getan hatte, weil überall um sie herum Stückchen von Wilden herumflogen. Sie hatten keine Zeit, vor Schmerz zu brüllen, sie starben einfach so. Sie hatte sich nicht verstecken wollen, aber sie wollte auch nicht vortreten. Der Gang war nicht sehr breit, und die Art, wie er mit seinem verdammten Schwert um sich schlug, brauchte viel Platz.
    Er schien allerdings auch keine Hilfe zu brauchen. Er war der Lord der grünen Auen. Und das hier waren seine Ratten.
    Er bewegte sich weiter vorwärts und stach sie nieder. Wenn sie ihn überhaupt verwundeten, konnte sie es nicht sehen. Die Wilden bluteten rot, und dieses Rot bedeckte seine Rüstung, verdunkelte seinen Umhang und gab seinem Gesicht mehr Farbe.
    Und ihrem.
    In der Ferne hörte sie Hörner und fragte sich, wie viele Wilde losgelassen worden waren. Betete, dass es nur Wilde waren.
    Kaylin.
Der Lord der Westmarsche sprach zu ihr, und seine Stimme erklang deutlich über die Hörner und das Fauchen der Wilden hinweg.
    Der Lord der grünen Auen ist auf dem Weg
, sagte sie ihm verzweifelt. Hörte sein Schweigen.
Aber er braucht etwas Zeit. Wie viel haben wir?
    Sag ihm … er soll sich beeilen.
    Sie warf einen kurzen Blick auf den Lord der grünen Auen. Ä
hm, nein.
    Kaylin

    Ich werde ihm überhaupt nicht sagen, was er tun soll. Ich bin direkt neben ihm. Du bist in Sicherheit.
    Sie hörte sein wildes Lachen in ihren Gedanken und merkte, dass “Sicherheit” vielleicht nicht ganz das richtige Wort gewesen war.
    Sie blickte den Gang hinab, wo alles voller Wilder war. Sie hätte Wut empfinden sollen, aber das tat sie nicht. Stattdessen nur … Angst. Der Lord der grünen Auen hatte recht – sie hatte ihre Gabe nicht unter Kontrolle. Konnte sie nicht ein- und ausschalten. Sie sah die Dunkelheit und in ihr einen Teil von sich selbst.
    Sie konnte es sich auf keinen Fall leisten, ihre Gabe hier zu rufen. Wenn sie kam, war sie sich nicht sicher, was es sein würde oder was tun.
    Aber sie hatte keine andere Wahl. Und sie hob das Medaillon von Lord Sanabalis und dankte für Drachen im Allgemeinen und sprach das Wort des Feuers.
    Der ganze Gang brach in Flammen aus, die aus dem Medaillon herausbrachen wie der Atem eines Drachen. Sie verschlangen die Wilden und hinterließen nur feuchte Asche.
    Der Lord der grünen Auen sah sie überrascht an, und dann, als er merkte, was sie in Händen hielt, lachte er. “Komm”, sagte er zu ihr und eilte voraus. “Du hast uns Zeit verschafft, aber sie werden bald die Hallen füllen.”
    Wo er rannte, schienen sich die Hohen Hallen zu verkürzen, als würde das Gebäude selbst versuchen, ihnen bei ihrem Weg zu helfen. Sie streckte ihre Beine lang aus und konnte knapp Schritt halten. Sein Schwert hätte sie langsamer machen sollen, aber es war für seine Länge sehr leicht, leichter als Severns Dolche es gewesen waren. Sie fragte sich, woraus es geschmiedet war.
    Sie verlor jeden Sinn für ihre Umgebung, verlor die Fähigkeit, sich zu merken, wo sie gewesen war.

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