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Kaylin und das Geheimnis des Turms

Kaylin und das Geheimnis des Turms

Titel: Kaylin und das Geheimnis des Turms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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aus, als hätten wir kaum eine Wahl. Ich sehe keinen anderen Ausweg.”
    Du musstest ja nicht mitkommen, lag ihr auf den Lippen, aber selbst Kaylin merkte, wie kindisch das klang. Es gelang ihr, nichts zu sagen. “Wahl”, murmelte sie. Sie betrachtete die Treppen. Und die Wand gegenüber.
    “Rauf oder runter?”, fragte Severn.
    Beinahe entschied sie sich für runter. Sie begann sogar schon, die Treppe, die in die Dunkelheit unter ihnen führte, hinabzusteigen.
    “Runter?”
    Sie nickte und dachte an die Form der Rune, die ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Die Farbe war fast hypnotisch gewesen. Dachte nach, sah durch die Augen des Falken und traf eine Entscheidung. Ganz ihre Art, teilte Kaylin sie nicht laut mit. Stattdessen ging sie vorwärts, mit vorsichtigen Schritten, nicht, weil sie Angst hatte, sondern nur, weil sie nicht stolpern wollte. Severn ging neben ihr.
    Sie verzog das Gesicht. Hob eine Hand, legte sie flach auf die Rune. Sie bedeckte das Zeichen halb. Ehe sie ihre Meinung ändern konnte, hob sie ihre andere Hand und legte sie daneben.
    Nichts geschah.
    Das vertraute Kribbeln der Magie brannte sich nicht in ihre Handflächen oder ihre Arme. “Oh, na dann ist es wohl keine Tür”, sagte sie und senkte ihre Hände wieder.
    Sie fluchte. Auf Leontinisch.
    “Was ist? Was ist los?”
    “Die Rune”, sagte sie ihm.
    “Was ist damit?”
    “Sie ist weg.”
    Severn zuckte mit den Schultern, aber das war verständlich – er hatte sie ja nie gesehen. Oder berührt. “Rauf oder runter?”, fragte er wieder.
    Sie stieß noch weitere saftige Flüche aus. “Runter”, sagte sie zu ihm und begann die Treppe hinabzusteigen.
    Er reihte sich neben ihr ein. “Nicht in die Höhe?”
    Sie schüttelte den Kopf. “Nein.” Und ehe er fragen konnte, erklärte sie es ihm. “Wir sind auf der Suche nach Geschichte. Wie viel Geschichte liegt in den höheren Lagen?”
    Er runzelte für einen kurzen Moment die Stirn, ehe er nickte.
    Sie wussten beide, dass die Toten begraben wurden und der Himmel keinen guten Friedhof abgab. Falls sie ihn überhaupt erreichen konnten.
    Die erste halbe Stunde gab es im Turm keine Fenster. Und eine halbe Stunde in den Schuhen zu gehen, die der Quartiermeistern Severn nur so zögerlich überlassen hatte, waren neunundzwanzig verdammte Minuten zu viel. Mit kreativen Flüchen als Untermalung setzte Kaylin sich auf die Stufen und zog die Schuhe aus. Sie wollte sie fast über das Geländer werfen – kunstvoll verschlungenes Messing, das wie Weinranken aussah –, aber Severn umfasste ihr Handgelenk und nahm ihr die Schuhe ab.
    “Die brauchen wir nicht”, sagte sie gepresst.
    “Das kannst du nicht wissen”, antwortete er. “Ich weiß aber, was der Quartiermeister sagen wird, wenn du ohne sie zurückkommst. Er war sehr deutlich, und da er sie mir anvertraut hat, möchte ich ihn nicht gegen mich aufbringen.”
    Sie verzog das Gesicht. “Du hast gewonnen.”
    “Hatten wir gewettet?”
    “Nein. Es sei denn, du hattest Geld auf sie gesetzt.” Sie verwünschte die ganze Treppe, aber ihre Füße auf den kalten Steinstufen stimmten sie etwas versöhnlich. Diese Stimmung dauerte eine weitere halbe Stunde. Als sie sich wieder hinsetzte, gesellte sich Severn zu ihr.
    “Wir scheinen nirgendwohin zu kommen”, sagte sie zu ihm.
    “Nein.”
    “Ich nehme nicht an, dass du bei deinen Studien der Magie auch etwas über Illusionen gelernt hast?”
    “Ein wenig. Wenn es das ist, haben wir ein Problem.”
    “War ja klar.” Sie streckte eine Hand aus. Er gab ihr die Schuhe. “Falls meine Füße kalt werden”, brachte sie als einzige Erklärung hervor. Sie nahm sie in die Hand und stand auf. “Irgendwas machen wir falsch.”
    Er hob eine dunkle Augenbraue. Stand auf, beugte sich über das Geländer und ließ etwas fallen, vielleicht eine Münze.
    Im ganzen Turm gab es kein Geräusch.
    “Das ist ein langer Fall”, sagte er zu ihr und starrte dabei über das Geländer, als könnte er noch etwas von dem geworfenen Ding erkennen.
    Sie nickte, aber sie legte dabei die Stirn in Falten. “Wir sollten nicht hier sein. Andellen hat es selbst gesagt. Falls das hier ein Test ist, dann keiner für
uns
. Ich hätte ihn fragen sollen, wie lange es gedauert hat, bis er hier rausgefunden hat.”
    “Das hätte er nicht beantwortet.”
    “Er hat uns hergeführt, oder nicht?”
    Severn runzelte nun ebenfalls die Stirn. “Das ist dir aufgefallen.” In den wenigen Worten lag sehr viel mehr Sarkasmus,

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