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Kaylin und das Reich des Schattens

Kaylin und das Reich des Schattens

Titel: Kaylin und das Reich des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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Eisenbeißer. Tain, sag Teela sie soll
den Mund halten
und mir verdammt noch mal aus dem Weg gehen.”
    “Sehe ich wirklich so dumm aus?”
    “Meistens.”
    “Ganz so dumm bin ich aber nicht.” Er grinste. In der Reihe seiner perfekten Zähne war in irgendeinem Kampf einer abgebrochen. Als Kaylin bei den Falken angefangen hatte, konnte sie Tain als einzigen Barrani immer erkennen, auch wenn er von seinen eigenen Leuten umgeben war, weil er der Einzige mit einem sichtbaren Makel war. Es war sein einziger. “Oh. Ich sollte dich warnen –”
    “Heb es dir für später auf.”
    Er zuckte nachlässig und langsam mit den Schultern. “Denk dran, Kaylin, ich habe es versucht.”
    Sie war bereits an ihnen vorbeigegangen und verwendete den wenigen Atem, der ihr blieb, darauf, zu verfluchen, wie lang die verdammten Korridore waren.
    Eisenbeißers Schreibtisch stand umringt von ungefähr einem Dutzend ähnlicher Schreibtische, und war nur dadurch von ihnen zu unterscheiden, dass ein Leontiner dahintersaß. Dadurch, und durch die langen Kerben, die er über die Jahre hineingefurcht hatte, wenn seine Klauen sich automatisch ausfuhren und sich in das feste, schwere Holz gruben. Das geschah, wenn man ihn ärgerte, und derjenige, der ihn geärgert hatte, hatte großes Glück, dass er nicht nahe genug gewesen war, um die volle Wucht dieser Klauen selbst abzubekommen.
    Aus gutem Grund kam niemand, der einen Verstand besaß, einem wütenden Leontiner zu nahe. Eisenbeißer – den man von Angesicht zu beachtlichem Angesicht Hauptmann Marcus Kassan nannte – war einer der wenigen, der es in die Ränge der Falken geschafft hatte. Leontiner neigten dazu, besitzergreifend zu sein, und teilten sich ihr Revier nicht gut mit anderen. Außerdem reagierten sie auf einen Befehl, als sei es der Wunsch nach Selbstmord und sie selbst die gute Fee.
    Eisenbeißer würde von seinen eigenen Leuten mit dem leontinischen Wort für Kätzchen bezeichnet werden – und die einzige Entsprechung in der Menschensprache war, soweit Kaylin es übersetzen konnte, Eunuch. Bei den Falken benutzte diese Bezeichnung niemand.
    Er knurrte, als er sie sah. Es war ein leises, lang gezogenes Knurren, und er machte sich nicht die Mühe, dafür den Mund zu öffnen.
    Sie hob ihr Kinn und legte damit ihre Kehle frei, um ihre Unterwürfigkeit unter Beweis zu stellen. Es war nur halb gespielt. Trotz seiner legendären schlechten Laune, seines mürrischen Gehabes und seiner Art, das Wort Zuchtmeister zu einer unglaublichen Untertreibung werden zu lassen,
mochte
sie ihn. Im Gegensatz zu den meisten Barrani, deren Leben auf so vielen Geheimnissen und Lügen aufgebaut war, dass etwas so Anspruchsloses und Langweiliges wie die Wahrheit sie nur verwirrte, war Eisenbeißer genau das, was er zu sein vorgab.
    Und im Augenblick war das fürchterlich wütend.
    Er sprang über seinen Tisch, die Schultern mit einer Grazie gerundet, die nicht zu seiner Größe passen wollte, und landete kaum eine Handbreit entfernt von dort, wo Kaylin versuchte, souverän zu stehen. Seine Augen waren weit aufgerissen, und sein Atem – na ja, es war der Atem einer Katze. Der war nie angenehm.
    Aber sie wusste, dass man vor einem Leontiner nicht davonrennen durfte, nicht einmal vor diesem. Er schloss seine Klauen um ihren Hals und grub sie in die sehr dünne Membran ihrer Haut.
    “Kaylin”, knurrte er. “Du lässt mich sehr unfähig aussehen.”
    “Tut mir leid”, sagte sie und atmete dabei sehr, sehr vorsichtig.
    “Wo bist du gewesen?”
    “Musste mich anziehen.”
    Die Krallen schlossen sich fester.
    Es gab keinen anderen Weg, sie musste ihm die Wahrheit sagen. “Ich war bei Clints Frau, Sesti. Sesti vom Klan der Camaraan”, fügte sie hinzu, als sie spürte, wie eine scharfe Kralle in ihre Haut schnitt. Sie wusste, dass sie blutete, wenn auch nur leicht. “Sie hatte eine schwere Geburt, und ich habe der Gilde der Hebammen versprochen –”
    Er fletschte die Zähne. Aber er ließ ihren Hals los. “Du bist keine Hebamme –”
    “Ich bin –”
    “Du bist ein
Falke
.” Aber seine Fangzähne hatten sich hinter die großzügige schwarze Kurve von dem, was man in einem anderen Gesicht Lippen genannt hätte, zurückgezogen. “Du hast deine Gabe benutzt.”
    Eine Minute lang sagte sie überhaupt nichts. “Das könnte ich doch nie tun. Es ist mir vom Falkenlord verboten.” Was mehr oder weniger stimmte. Na ja, eher stimmte es. Kaylin war, auch wenn sie es alles andere als gerne zugab, ein

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