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Kaylin und das Reich des Schattens

Kaylin und das Reich des Schattens

Titel: Kaylin und das Reich des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Sagara
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Und das hätte sie getan, langsam, wenn ihr die Macht geblieben wäre.
    Sie würden die Zeit herausschinden, die die anderen brauchten, um Catti zu töten. Die vier hatten bereits ihre Klingen gezogen, geschwungene Klingen mit blitzenden Symbolen, als wären sie ebenfalls aus einer alten Geschichte, einer düsteren Legende entsprungen. Der Schmerz auf Kaylins Schenkeln, so unbedeutend im Vergleich zum Rest, ließ nach. Die Runen mussten vollständig sein.
    Alles, was noch blieb, war die Punktierung.
    Ihr Leben liegt noch in deiner Hand. Du kannst sie gehen lassen
, hatte Tiamaris gesagt.
Es wäre ein gnädiger Tod.
    So nahe, Worte wie Asche in ihrem Mund, spürte sie die Bindung zwischen sich und Catti und hielt sie fest. Sie hatte ihre Dolche in den Händen. Und sie bewegte sich bereits. Was auch immer die Magie in sich trug, Gliedmaßen brauchte es nicht.
    Doch diese Barrani waren nicht wie die, mit denen sie trainiert hatte, gedrillt worden war, und auf Patrouille ging. Ihre Klingen trafen. Eine grub sich mitten in eine Barranibrust, eine andere in ein Auge.
    Und keine von ihnen zeigte auch nur irgendeine verdammte Wirkung.
    Die Macht, die die Wand zerstört hatte, verebbte. Sie hatte dafür gezahlt. Das tat sie immer. Aber nicht jetzt, dachte sie und zwang es, Wahrheit zu sein, auch wenn ihr Körper nicht ganz daran glaubte.
    “Lasst sie gehen”, brüllte sie auf Barrani.
    Niemand außer Catti antwortete.
    Nein, das war nicht richtig. Die Falken antworteten auch.
    Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, aber sie wusste, dass sie nicht mehr alleine war, sie musste sich nicht allein neun Barrani in Roben stellen. Tiamaris stand neben ihr. “Kaylin.” Sie erkannte seine Stimme nicht.
    Er drehte sich um, hob Severn hoch, und sagte etwas, das sie ebenfalls nicht verstand.
    Aber Severn tat es. Er nickte, spannte sich an, und wurde durch die Luft über die stummen Barrani hinwegkatapultiert, als wäre er eine Eisenkugel. Seine Knie und sein Kinn hatte er an die Brust gezogen, sein Schwert bereit und ebenfalls fest an seinen Körper gepresst, während er sich überschlug wie ein Akrobat.
    Die Decke des Wachturmes reichte bis in unendliche Höhen. Tiamaris hatte es bemerkt, Kaylin, die die Höhe liebte, hatte nichts gemerkt. Severn und der Drache trugen gemeinsam erst etwa eine Woche das Wappen und den Namen ihrer geliebten Falken, sie selbst seit sieben Jahren. Aber die beiden bereiteten dem Wappen Ehre.
    Ihr Mund wurde trocken, als Severn landete, die Beine über Cattis schmalen, sich windenden Körper gespreizt. Sein Schwert glänzte im Licht lavendelfarben, Lavendel und Gold.
    Schrecken hatte so viele Namen und so viele Gesichter. Sie hätte allen von ihnen nachgegeben, aber Tiamaris knurrte eine Warnung, und sie hatte gerade genug Zeit, um aus dem Weg zu gehen – denn auf einmal brauchte er sehr viel mehr Platz.
    In dem Augenblick stellte sie fest, dass Drache mehr war als nur ein Ehrentitel.
    Er hätte rot sein sollen.
    Was für ein dummer Gedanke.
    Sie konnte sich selbst sehen, in dem plötzlichen Wechsel von menschlich anmutender Haut, die aufbrach, wieder und wieder, wie Erde in den Händen der Götter. Kleine Berge mit zerfurchten Rücken brachen aus Tiamaris’ Haut vor, sie hätte Blut sehen sollen, Muskeln und Sehnen – mehr als nur die polierten, leuchtenden, glänzenden Schuppen aus Bronze. Sie fingen das Licht ein, brachen es, warfen es zurück, und mit ihm auch ein verzerrtes Bild ihrer selbst.
    Sie konnte nicht an ihm vorbeisehen, so schnell wuchs er.
    Sie konnte seinen Kopf nicht sehen, ehe er seinen Kiefer öffnete und zu ihrer Linken zuschnappte, bis aus jeder Seite seines Mundes etwa ein Drittel Barrani herausragte. Er hatte Flügel. Sie sah, wie er sie anspannte, wie sie durch die Luft peitschten. Sie hatte gehört, dass große Vögel gefährlich waren, und sie wusste, dass die Aerianer ihre Flügel benutzen konnten, um im Kampf Knochen zu brechen – aber das war etwas ganz anderes.
    Ehe sie ihre Balance wiedererlangen konnte, waren vier der neun bereits gefallen. Aber die anderen fünf waren in Bewegung, und sie waren auf der Hut. Langsam – langsamer als jeder Barrani, dem sie je gegenübergestanden hatte – bildeten sie einen Kreis. Andererseits wäre jeder andere Barrani, mit dem sie gefochten hatte, schon längst so weit gelaufen, wie sie ihre langen, perfekten Beine tragen konnten. Sogar wenn man ewig lebte, war das Leben wertvoll. Vielleicht dann besonders, weil es so viel

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