Keeva McCullen 2 - In den Klauen der Sukkubus (German Edition)
ihr jegliche Einmischung verbot und stattdessen ihren Vater und Edward informieren würde, war viel zu groß. Und bis Edward einsatzbereit und endlich bei der Wohnung angekommen sein würde, wäre der junge Mann höchstwahrscheinlich schon längst tot. Nein, wenn sie ihn retten wollte, dann war sie ganz auf sich allein gestellt.
Sie ging im Kopf noch einmal die Ausrüstung durch, die seit gestern Abend – sie dankte Gott dafür, dass sie diese Eingebung gehabt hatte - griffbereit in ihrem Zimmer lag: ihre kleine Handarmbrust mit den silbernen Bolzen, ihre Wurfmesser und eine Phiole mit einer magischen Substanz, die sie auf die Bolzen und die Messer streichen würde – dazu noch ein Zettel mit dem Text eines Bannzaubers. Sie hatte ihn gestern Nacht im familieneigenen Grimoire entdeckt und abgeschrieben. Mit Hilfe dieses Zaubers konnte man verhindern, dass die Sukkubus in den eigenen Willen eindrang – und mit etwas Glück sogar bereits vorhandene Kontrollzauber brechen.
Keeva griff an ihr Amulett. Auch dieses Schmuckstück schützte in einem gewissen Maß davor, von einem Dämon entdeckt und übernommen zu werden. Keeva wusste allerdings nicht, wie weit dieser Schutz ging, und wollte sich nicht alleine darauf verlassen. Ihrer Mutter hatte es vor zehn Jahren nicht geholfen. Allerdings war der damalige Gegner auch ein Erzdämon gewesen – und heute würde sie es nur mit einem mittleren Dämon zu tun bekommen. Eine Sukkubus besaß mehr magische Fähigkeiten als ein Höllenhund – aber sie war zu besiegen, wenn man wusste, wie.
Und Keeva wusste es.
*
Zwanzig Minuten später hatte sie ihre Sachen geholt und saß bereits wieder im Taxi, auf dem Weg zurück - sie hatte den Taxifahrer gebeten, vor ihrer Haustür zu warten.
Jetzt begann sie auf dem Rücksitz des Wagens mit den letzten Vorbereitungen. Der Taxifahrer sah neugierig in den Rückspiegel, während sie die kleinen Wurfmesser mit Gift bestrich und in ihre Ärmelhalterung steckte.
„Ich bin auf dem Weg zu einer Faschingsparty und gehe als Assassine“, meinte sie freundlich.
Der Fahrer schien ihr zu glauben, denn nach einem kurzen Achselzucken konzentrierte er sich wieder auf den Verkehr. Diesmal kamen sie besser voran und bald stieg Keeva in der Nähe des Verstecks der Sukkubus aus und wartete, bis das Taxi davongefahren war.
Die Dämmerung war schon längst der Nacht gewichen und in den Fenstern der Häuser ringsum brannten schummrig die Lichter. Die Straßenlaternen beleuchteten die Straße nur unzureichend, der noch immer vor sich hin prasselnde Regen sorgte für zusätzliche Düsternis, während Keeva zu dem Haus ging.
Ihre Augen glitten suchend über die Fassade. Wenn sie sich richtig orientierte, dann waren die Fenster der Wohnung, in die der junge Mann gelockt worden war, vollkommen dunkel. Damit hatte Keeva gerechnet. Die Dämonin benötigte kein Licht - und ihre willenlosen menschlichen Marionetten erst recht nicht.
Die junge Dämonenjägerin überprüfte ein letztes Mal ihre Ausrüstung. Sie trug ihre dunkle Lederjacke, an deren Oberarm dünne Schlaufen als Halterung für ihre Wurfmesser angebracht waren. Die Messer steckten fest darin, das magische Gift ließ ihre Klingen stumpf wirken – doch das täuschte.
Die Bolzen ihrer Handarmbrust, ein Geschenk ihres Großvaters, waren ebenfalls mit dem Gift präpariert. Drei Bolzen hatte sie bereits in die Waffe eingelegt, einige weitere steckten in einer Spezialhalterung an ihrem Gürtel. Dort befanden sich auch zwei kleine Fläschchen. In dem einen befand sich der Reste des Waffengiftes, das andere hatte sie – nach kurzem Überlegen – vorhin noch schnell aus dem Keller geholt. Es enthielt einen Nachtsichttrank, der es ihr ermöglichen würde, für eine kurze Zeit im Dunkeln zu sehen.
Als sie nun die schwarzen Fenster betrachtete, beglückwünschte sie sich zu dieser Entscheidung. Sie würde den Trank gut gebrauchen können. Doch jetzt durfte sie keine weitere Zeit mehr verlieren, jede Minute zählte!
Leichtfüßig lief sie zum Eingang des Hauses, unterdrückte den bei dem Gestank, der ihr entgegen wallte, erneut aufkommenden Drang zu würgen und hastete die Stufen hoch in den ersten Stock. Sie verzichtete auf die Treppenhausbeleuchtung, das Licht der Straßenlaternen, das durch die Fenster drang, genügte für die Orientierung, trotz des starken Regens.
Oben angekommen zögerte sie. Sie hatte sich verschiedene Möglichkeiten überlegt, wie sie in die Wohnung eindringen könnte. Da hier
Weitere Kostenlose Bücher