Keeva McCullen 2 - In den Klauen der Sukkubus (German Edition)
klein wenig komplizierter.
Keeva war eigentlich davon ausgegangen, dass der junge Mann auf dem Weg zu seinem Zuhause war. Sie hatte zwar kurz gestutzt, als er seinen Anhänger an einer Straßenecke abgestellt hatte, dann aber geschlussfolgert, dass er ihn dort für den morgigen Tag deponierte.
Als er dann aber - beim Einbiegen in diese Straße - einen Zettel aus der Tasche geholt und zu Rate gezogen hatte, bis er schließlich vor diesem Haus hier stehengeblieben war, war ihr klar geworden, dass er etwas suchte. Die Szene mit dem weinenden Mädchen auf dem Flohmarkt war ihr wieder eingefallen - und sie glaubte sich sogar daran zu erinnern, dass diese junge Frau ihm den Zettel zugesteckt hatte.
Ach, verdammt, er muss hier irgendwelche Botschaften von unglücklichen Mädchen überbringen, hatte sie genervt gedacht - und sogar kurz mit dem Gedanken gespielt, die Verfolgung für heute abzubrechen und an einem anderen Tag einen neuen Versuch zu starten. Ihre Neugierde hatte allerdings gesiegt, zusammen mit der leicht frustrierenden Erkenntnis, dass sie zuhause sowieso nichts zu tun hatte und genauso gut noch eine Weile hier in dunklen Hausecken herumlungern konnte...
Als sie an den Müllcontainern vorbei gelaufen und leise in den Hausflur gehuscht war, hatte sie ihren Entschluss bereits fast wieder bereut. Dieser Gestank war ja widerwärtig!
Das Innere des Treppenhauses war weitläufig und glücklicherweise schlecht beleuchtet – einige der Lampenbirnen waren sogar ausgefallen – und so hatte sie keine Probleme gehabt, unentdeckt zu bleiben. Nachdem sie das Haus betreten hatte, war ihr sofort aufgefallen, dass es hier drinnen noch mehr stank als draußen. Sogar jetzt kämpfte sie noch mit dem Brechreiz.
Ihr Jagdinstinkt war allerdings geweckt. Hier stimmte etwas ganz und gar nicht!
Am Verhalten des jungen Mannes vom Flohmarkt hatte Keeva erkennen können, dass dieser es ebenfalls gemerkt hatte. Auch er war offensichtlich irritiert, hatte gezögert - allerdings ein klein wenig zu spät. Denn gleich darauf war die Wohnungstür, vor der er stehengeblieben war, aufgerissen worden, ein Ruck war durch seine bisher eher lässig zusammengesunkene Gestalt gegangen und er war – aufrecht und stocksteif wie eine Marionette – in die Wohnung hinein marschiert. Keeva hatte gerade noch eine Frauenhand erkennen können, die sich auf seine Schulter gesenkt und ihn nach innen geleitet hatte.
Jetzt stand sie hier in dieser Nische und überlegte fieberhaft, wie sie reagieren sollte.
Es war nicht schwer zu erraten, dass sie soeben das Versteck der Sukkubus entdeckt hatte. Den Ort, zu dem die Dämonin ihre Opfer lockte und sie mit ihren messerscharfen Fingernägeln zerfleischte, sich an ihrem Blut und ihrem Schmerz labte.
Keeva hatte nicht die geringste Ahnung, warum der junge Mann vom Flohmarkt hierher gegangen war, aber es war offensichtlich gewesen, dass er selbst nicht gewusst hatte, was sich hinter dieser Tür verbarg, dass er kein heimlicher Verbündeter der Sukkubus war. Jetzt befand er sich dort drinnen, in der Gewalt dieses Ungeheuers, war ein willenloses Instrument der Dämonin - und es würde nicht mehr lange dauern, bis seine verstümmelte Leiche ebenfalls unter irgendeinem Busch oder in irgendeinem Hinterhof Londons gefunden werden würde.
Sie musste handeln. Allerdings brauchte sie ihre Ausrüstung, wenn sie auch nur den Hauch einer Chance gegen das Höllenwesen haben wollte. Sie löste sich aus ihrer Erstarrung und ihre übliche Energie kehrte zurück. Sie warf einen kurzen Blick auf die Tür, an die sie sich gepresst hatte, und nickte zufrieden. Kein Sicherheitsschloss, genau wie sie gehofft hatte.
Schnell huschte sie die Treppen herunter und rannte auf die Straße. Es hatte angefangen zu regnen und sie verzog kurz das Gesicht. Regen bedeutete schlechte Sicht. Nun gut, das konnte auch ihr Vorteil sein.
An der nächsten Ecke gelang es ihr, ein Taxi zu ergattern. Sie nannte dem Fahrer ihre Adresse, lehnte sich auf dem Rücksitz zurück und versuchte, die aufkeimende Panik zu unterdrücken.
Sie musste um jeden Preis Ruhe bewahren. Zuviel hing jetzt davon ab, dass sie keinen Fehler machte. Während das Taxi sich in nervenzerfetzender Langsamkeit durch den Londoner Stadtverkehr schlängelte, überlegte sie, wie sie am besten vorgehen sollte. Einen kurzen Augenblick lang spielte sie mit dem Gedanken, ihren Großvater einzuweihen und um Hilfe zu bitten – verwarf diese Idee jedoch gleich wieder. Die Gefahr, dass er
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