Keeva McCullen 4 - Tödliche Fesseln (German Edition)
die ausgewählte Form von der Ursprungsform des Gestaltwandlers entfernt, umso mehr Kraft kostet es ihn, sie einzunehmen - und beizubehalten.“
Er nahm einen Schluck Tee.
„Aber jetzt bist du doch die meiste Zeit - oder fast ununterbrochen - ein Mensch“, stellte Keeva fest. „Wie geht denn das?“
„Diese menschliche Form ist meiner dämonischen ähnlicher als du denkst“, erwiderte Theobald. „Als Dämon habe ich annähernd die gleiche Körpergröße, gehe ebenfalls aufrecht, habe zwei Arme und zwei Beine, und so weiter ...“
Er nahm sich noch ein Scone und bestrich es sorgfältig mit der weißen Sahnecreme.
„Daher kostet es mich fast keine Energie, meine menschliche Form beizubehalten. Es tritt auch ein gewisser Gewöhnungseffekt auf. Wie bei einem Muskel, die man regelmäßig trainiert. Er wird stärker - und die jeweilige Bewegung wird einfacher. Und weniger kraftraubend.“
Er biss genüsslich in das Gebäck.
„Aber du musst wissen“, meinte er mit vollem Mund, „dass wir Gestaltwandler sozusagen mit zwei Grundformen auf die Welt kommen.“
Er schluckte und Keeva sah ihn erwartungsvoll an.
„Mit unserer dämonischen Gestalt - und mit unserer Tiergestalt.“
Keeva nickte verstehend.
„Und lass mich raten“, meinte sie. „Die jeweilige Tiergestalt ist von Geburt an vorgegeben.“
Theobald Truax lächelte.
„Ja, so ist es. Wir können sie uns nicht aussuchen. Was wohl manch einer schon verflucht haben mag. Wenn du nur einen Vogel oder ein Insekt als Tierform mitbekommen hast, nun, dann kannst du zwar fliegen oder eine Wand hoch krabbeln - aber besonders mächtig bist du nicht.“
Er grinste breit.
„Ich allerdings kann mich nicht beklagen. Mein Tier ist der Wolf.“
Keeva hob anerkennend die Augenbrauen.
„Auch in der - nun - wehrhaften, aufrechten Form? Darf ich die einmal sehen?“
Theobald Truax schürzte die Lippen und zwinkerte ihr zu.
„Du hast sie zumindest schon einmal gehört“, meinte er dann. „Und ich verspreche dir, dass du sie sicherlich auch einmal zu sehen bekommen wirst. Nur jetzt nicht. Ich gestehe, ich bin gerade etwas faul.“
Er lehnte sich zurück und klopfte sich auf den kaum sichtbaren Bauch.
In diesem Augenblick klingelte Shanes Handy. Erstaunt blickten Keeva und Theobald auf den jungen Mann, der bedauernd das Scone, in das er soeben hatte beißen wollen, beiseite legte, aufstand und das Zimmer verließ.
Keeva sah ihm lächelnd hinterher. Shane hatte gewiss bereits ein halbes Dutzend der Gebäckstücke verdrückt - und wirkte trotzdem, als könne er sich nur äußerst schwer von seinem Essen trennen.
Dann wandte sie sich wieder Theobald Truax und den wunderbaren Geheimnissen der Gestaltwandlung zu.
Fünf Minuten später kam Shane zurück ins Zimmer. Er wirkte verstört.
„Was ist los?“, fragte sein Großvater alarmiert.
Shane deutete auf sein Handy.
„Das war Edward Skeffington von New Scotland Yard“, erklärte er.
Keeva kannte den Inspektor und richtete sich daher ebenfalls beunruhigt auf.
„Er bittet mich um Hilfe. In einem Abschnitt der Kanalisation treiben sich offensichtlich durch Magie veränderte Spinnen herum.“
Er berichtete, was Edward Skeffington ihm erzählt hatte.
„Anscheinend hat der Inspektor auch schon mit deinem Vater telefoniert.“
Shane deutete auf Keeva.
„Aber der ist nicht in London“, warf diese ein - und Shane nickte.
„Ja, das hat Edward auch gesagt. Dein Vater lässt mir jedoch ausrichten, dass ich mit Feuer gegen die Spinnen kämpfen soll.“
Theobald Truax sprang auf.
„Ja, damit hat er recht“, meinte er. „Ob magisch oder nicht - auf Feuer reagieren diese Viecher allergisch. Außerdem kannst du so gleich große Mengen von ihnen töten.“
Er drehte sich um und verließ den Raum.
„Warte kurz, ich hab was für dich“, rief er beim Hinausgehen.
Keeva sah Shane bittend an.
„Nimm mich mit“, sagte sie.
Shane wirkte unentschlossen.
„Ich hätte dich schon gerne dabei“, gab er zu. „Aber Edward Skeffington ist vor Ort. Er kennt dich - und könnte deinem Vater davon erzählen.“
Keeva warf die Arme in die Luft, stand auf und begann, im Zimmer hin und herzuwandern.
„Am liebsten würde ich das alles dauerhaft vor Vater geheimhalten“, gestand sie mit leiser Stimme.
Abrupt blieb sie stehen und ein Ausdruck wilder Entschlossenheit erschien auf ihrem Gesicht.
„Aber ich weiß, dass das nicht geht. Ich will mich auch nicht für immer und ewig verstecken müssen“, sagte
Weitere Kostenlose Bücher