Keeva McCullen 5 - Kuss der Pandora (German Edition)
es sich dabei handelte. Er fragte sich aber, warum sie noch immer stur in die andere Richtung blickte. Hatte sie vielleicht Angst vor ihm?
„Hallo, Sie“, rief er daher fröhlich. „Keine Sorge, ich gehöre zum Parkpersonal.“
Noch immer nichts.
Joel runzelte die Stirn. Das wurde jetzt aber schon langsam ein wenig komisch.
Verwundert bemerkte er, dass die Tauben, die noch immer um die Füße der Frau herum saßen, sich kaum bewegten. Normalerweise flatterten sie ein wenig zur Seite, wenn man sich mit schnellen Schritten näherte – aber diese hier wirkten wie betäubt. Was hatte sie ihnen denn bloß zu fressen gegeben? War sie womöglich gar keine Tierfreundin, sondern hatte sie die Vögel vielleicht sogar vergiftet?
Direkt hinter ihr blieb er stehen und war gerade im Begriff, die Hand zu heben um ihr auf die Schulter zu tippen, als sein Blick nach unten fiel - und er mitten in der Bewegung erstarrte. Zwischen den merkwürdig teilnahmslosen Tauben lagen einige auf dem Boden, die ganz offensichtlich tot waren! Ihre Hälse waren brutal nach hinten gebogen, die Körper auf Brusthöhe aufgerissen und das Gefieder blutverschmiert!
Joel gab einen erstickten Laut von sich, senkte die Hand und begann, langsam nach hinten zurückzuweichen. Im selben Moment drehte die alte Dame sich zu ihm um.
Statt – wie es vernünftig gewesen wäre – die Beine in die Hand zu nehmen und davonzurennen, blieb Joel stocksteif stehen und sah der Frau zu. Ein Glucksen kam aus ihrer Richtung. Der junge Mann brauchte einen Augenblick, ehe er erkannte, dass die Alte lachte!
Jetzt war er sich absolut sicher: dieses Weib war vollkommen irre! Stand hier in der hereinbrechenden Dunkelheit im Park, betäubte und zerstückelte arme, unschuldige Tauben - und fand das auch noch unglaublich lustig!
Nein, mit so etwas wollte er nichts zu tun haben – aber er musste irgendetwas unternehmen ... vielleicht seinen Chef informieren? Oder besser gleich die Polizei?
Doch jetzt war es zu spät für Überlegungen dieser Art. Die alte Frau hatte sich vollends umgedreht und Joel konnte ihr Gesicht sehen – auf den ersten Blick das Gesicht einer ganz normalen, sehr alten Frau. Dann jedoch traten die verzerrten Züge eines anderen, ungleich scheußlicheren Wesens daraus hervor, und dieses Gesicht hatte den faltigen Mund zu einem fratzenhaften Lächeln verzerrt, Blut quoll daraus hervor, lief über das Kinn und tropfte auf die ehemals weiß-geblümte Bluse.
Joels Verstand setzte aus und er starrte mit offenem Mund auf diesen alptraumhaften Anblick. Noch ehe er sich wieder in den Griff bekommen konnte, holte dieses Zerrbild einer alten Dame mit dem rechten Arm aus, zog ihre Hand in einer überraschend schnellen, halbkreisförmigen Bewegung quer an Joels Hals vorbei und stieß ein schrilles Lachen aus.
Gurgelnd brach der junge Mann zusammen – und das letzte, was seine brechenden Augen sahen, war die ekelhaft spitze Zunge der Scheußlichkeit, die die blutige Nagelfeile, mit der sie ihm gerade den Hals aufgeschlitzt hatte, genüsslich ableckte ...
*
„Skeffington?“, meldete sich eine Frauenstimme.
„Ja, hallo Eileen, hier ist Robert Paddock.“
Er kannte Edwards Ehefrau von diversen Besuchen – und sie wusste ebenfalls gleich, mit wem sie es zu tun hatte.
„Ah, hallo“, sagte sie freundlich. „Du willst wahrscheinlich Edward sprechen, oder?“
„Ja“, erwiderte er. Eine unangenehmes Gefühl stieg in ihm hoch. „Ist er denn da?“
„Nein, leider“, erwiderte sie – und die bösen Vorahnungen verstärkten sich. „Er wurde soeben zu einem Fall gerufen. Ein Mord in einem Park, wenn ich das richtig mitbekommen habe.“
Eileen wusste, dass ihr Mann häufiger mit Robert und Liam gemeinsam an Fällen gearbeitet hatte und sie sich auf die Verschwiegenheit der beiden absolut verlassen konnte – sonst wäre sie nicht so offen mit diesen Informationen umgegangen.
In Roberts Magen bildete sich ein harter Klumpen. Irgendetwas sagte ihm, dass dieser Tote im Park mit dem Dämon zu tun haben könnte – doch er wollte sich nicht unnötig irre machen lassen. Es war viel wahrscheinlicher, dass es keinen Zusammenhang gab, daher zwang er sich zur Ruhe.
„Könntest du ihm bitte ausrichten, er solle sich bei mir melden, sobald es irgendwie geht?“, sagte er.
„Klar kann ich das“, erwiderte Eileen. „Aber es kann spät werden, bis er wieder nachhause kommt. Wie wichtig ist es denn?“
„Sehr wichtig!“, sagte Robert nur.
Eileen schien den
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