Keeva McCullen 5 - Kuss der Pandora (German Edition)
Ernst in seiner Stimme wahrgenommen zu haben, denn sie sagte: „Gut. Dann lege ich ihm einen Zettel hin, er soll sich unbedingt sofort bei dir melden. Auch mitten in der Nacht?“
„Auch mitten in der Nacht!“, bestätigte Robert. „Ich werde wach sein und auf seinen Anruf warten.“
*
Zufrieden betrachtete der Dämon das Gesicht von Phoebe Ackerman im Spiegel. In der Handtasche hatte er ihre Brieftasche gefunden – daher wusste er nun, wie seine Wirtin hieß.
Seit einigen Stunden war er wieder zurück in der Wohnung, hatte das Blut abgewaschen und die Kleidung gewechselt. Jetzt wartete er auf die Morgendämmerung. So langsam wuchs ihm dieser Körper ans Herz: kein Mensch kam auf den Gedanken, von dieser netten, alten Dame könne irgendeine Gefahr ausgehen. Jeder benahm sich entsprechend vertrauensselig ... bis es zu spät war.
Unwillkürlich musste der Dämon grinsen, als er an den gestrigen Abend zurückdachte ...
Gleich nachdem er über den Zaun geklettert war, war er zu den Tauben gegangen. Es war eine seiner leichtesten Übungen, den simpel gestrickten Geist dieser Viecher durch einen einfachen Kontrollzauber davon zu überzeugen, dass Wegfliegen nicht nötig war. Mit diesem gebrechlichem Körper wäre er auch niemals in der Lage gewesen, einem davonflatternden Vogel schnell genug hinterher zu laufen, doch nun brauchte er sich aus dieser Horde völlig apathischer Tiere nur eins nach dem anderen aufzuheben, ihm den Hals zu brechen und sein Blut zu trinken ... ah, hatte das gut getan!
Er war gerade bei dem dritten Vogel angelangt, als er hinter sich ein Geräusch vernommen hatte. Seine mittlerweile durch das Tierblut deutlich geschärften Sinne sagten ihm, dass sich ein Mensch näherte - ein junges Exemplar, denn sein Fleisch roch frisch und saftig ...
Er hatte sein Verlangen, sich sofort umzudrehen und auf den Herannahenden zu stürzen, bezwungen – für einen offenen Kampf war er noch nicht stark genug -, stattdessen war er ruhig stehengeblieben, hatte aus der Handtasche eine kleine Nagelfeile gekramt und hatte gewartet.
Der Mensch hinter ihm hatte nur die schmalen Schultern einer alten, grauhaarigen Dame wahrgenommen – und war nichtsahnend nähergekommen. Bis er schließlich direkt hinter dem Dämon zum Stehen gekommen war – und dieser sich umgedreht hatte.
Der verwirrte Gesichtsausdruck des jungen Mannes war köstlich gewesen - und für einen kurzen Moment hatte der Dämon sogar ein leichtes Bedauern verspürt, denn sein Opfer besaß einen wunderbar kraftvollen, geschmeidigen Leib. Schade, dass er noch nicht genügend Energie gesammelt hatte, um gleich wieder den Körper zu wechseln – doch letztendlich haben all diese Muskeln dem Kerl auch nichts geholfen ...
Es hatte eine Weile gedauert, bis der Dämon anschließend das Blut von Phoebes Körper herunter gewaschen hatte. Doch jetzt – mit frischer, duftiger Kleidung – wirkte sie wieder so harmlos wie eh und je. Prüfend betrachtete er ihr Gesicht. Es war ein wenig straffer geworden, fand er. Die Blutmahlzeit zeigte ihre Wirkung. Der Dämon hatte sich sogar die Mühe gemacht, ein wenig Make-up und Rouge aufzutragen. Allerdings hatte er den leisen Verdacht, dass er es damit etwas übertrieben hatte, denn die Wangen leuchteten in einem kräftigen Rot.
Egal, dachte er. Es würde auf jeden Fall reichen, um seine nächsten Opfer in Sicherheit zu wiegen, bis er nahe genug an sie herangekommen war.
Der Dämon beschloss, das gleich einmal auszuprobieren. Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihm, dass die Sonne gerade aufgegangen war. Er hoffte, dass jetzt schon ein paar Menschen auf der Straße unterwegs sein würden.
Beim Verlassen der Wohnung ertappte er sich dabei, wie er einen Seitenblick in den Garderobenspiegel warf und sich mit schnellen, geübten Handgriffen das Haar richtete. Sofort zog er den Arm wieder herunter und knurrte. Etwas fester als nötig schloss er die Tür hinter sich. Er sollte sich als nächstes Ziel für einen Körperwechsel einen Mann suchen – und zwar schnell ...
Unten angekommen entschied er sich für die gleiche Richtung wie gestern. Vielleicht würde er ja auf einen frühen Jogger treffen – oder auf jemanden, der seinen Hund in der Nähe des Parks spazieren führte.
Als er wenigen Minuten später bei dem Park angekommen war, entdeckte er weiter unten etwas viel besseres als einen Jogger oder Hundebesitzer: Zwei junge Kerle waren gerade dabei, ein langes, schmales Boot aus einem Gebäude, das einer großen
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