Keeva McCullen 5 - Kuss der Pandora (German Edition)
weiter.
Die Sonne würde bald untergehen, Stück für Stück flackerten bereits die Straßenlaternen auf. Der Dämon wurde langsam unruhig, denn noch immer konnte er keine passenden Opfer entdecken. Er hatte an kleine Tiere wie Katzen, Hasen oder Vögel gedacht – aber wie um alles in der Welt sollte er mitten in dieser belebten Stadt so etwas finden? Als er um die nächste Straßenecke bog, besserte sich seine Laune jedoch schlagartig: Vor ihm breitete sich – umgeben von einem etwa einen Meter hohen Zaun – eine riesige Rasenfläche mit vereinzelten Baumgruppen aus. Und ihm direkt gegenüber lag das Eingangstor.
Ein Park. Das war genau richtig für seine Zwecke! Entschlossen wackelte er darauf zu und fluchte, als er am verschlossenen Tor rüttelte. Sehnsüchtig betrachtete er ein paar ziemlich fette Tauben, die über eine große Wiese stolzierten. Er musste dort hinein! Nur wie?
Das Tor kam nicht in Frage, sogar für einen durchtrainierten jungen Körper wäre es schwierig gewesen, es zu überklettern. Der Zaun jedoch war deutlich niedriger – auch wenn die metallenen Spitzen, die oben in recht geringen Abständen hervorragten, sicherlich unangenehm werden konnten. Trotzdem, er musste es versuchen.
So folgte er dem Zaun, bis er eine Stelle fand, an der ein großer Baum direkt am Straßenrand wuchs. Der Zaun war hier um den Baum herum gebaut und dadurch etwas niedriger als anderswo. Außerdem fehlten an diesem Abschnitt die Metallspitzen.
Der Dämon blieb stehen und wartete, bis er alleine auf der Straße war. Normalerweise war er nicht so vorsichtig, aber da er noch ziemlich schwach war, konnte es nicht schaden, sich ein wenig zurückzuhalten.
Sobald niemand mehr zu sehen war, warf er die Handtasche auf die andere Seite, raffte den Tweedrock der alten Frau nach oben und begann, über den Zaun zu klettern. Gerade als er rittlings auf dem Metallgestänge saß, verhakte sich sein linkes Bein irgendwie – und er saß fest. Fluchend zerrte er, rutschte soweit wie nur möglich auf der anderen Seite herunter, zog an dem sich immer mehr verdrehenden Fuß – bis endlich ein reißendes Geräusch erklang und er seitwärts vom Zaun und auf Wiese fiel.
Ängstlich blickte er sich nach etwaigen Zeugen um, doch zu seiner Erleichterung schien sich niemand in der Nähe aufzuhalten. Dann begutachtete er sein linkes Bein. Es war in hautfarbene Seidenstrümpfe gehüllt und genau diese hatten sich wohl im Zaun verfangen, denn jetzt klaffte in ihnen ein langer Riss – und darunter blutete ein fast ebenso langer Kratzer.
Der Dämon fischte nach seiner Handtasche und holte ein Taschentuch heraus, mit dem er das Blut etwas abtupfte. Es floss kein frisches mehr nach, also war der Schnitt nicht tief und somit auch nicht besorgniserregend.
Ächzend erhob er sich und blickte sich um. Er brauchte nicht lange zu suchen – genau vor ihm, auf der in das warme Licht der untergehenden Sonne gehüllten Wiese, entdeckte er genau das, was er jetzt brauchte: mindestens ein Dutzend Tauben, die bereits anfingen, neugierig auf ihn zuzuschreiten ...
*
Beunruhigt legte Robert Paddock den Hörer auf.
Vor wenigen Minuten hatte sich endlich jemand von dieser Entrümpelungsfirma bei ihm gemeldet. Kurzentschlossen hatte Robert einfach Anspruch auf die Schatullen erhoben, indem er behauptete, er arbeite für das Institut, dem diese beiden Holzkästen in Wirklichkeit gehörten. Aleksander Hakonsen wäre gerade im Begriff gewesen, sie zu ihnen zurückzubringen – als ihm leider sein eigener Tod dazwischen gekommen sei ...
Der Angestellte hatte prompt bestätigt, die beiden Schatullen zu kennen - hatte aber gleichzeitig gemeint, dass seine Chefin bereits eine davon mit zu sich nachhause genommen hätte, und dass er auch nicht befugt wäre, das andere Exemplar einfach so an Robert auszuhändigen.
Wenigstens hatte er ihm noch die Handynummer seiner Chefin, einer gewissen Phoebe Ackerman, gegeben - und genau dort hatte Robert soeben zweimal angerufen. Bei seinem ersten Versuch hatte niemand abgehoben – und bei seinem zweiten war das Handy abgeschaltet gewesen. Gar nicht gut ...
Er überlegte, wie er nun weiter vorgehen sollte. Wenn dieser Angestellte sich nicht getäuscht hatte, so waren die Schatullen voneinander getrennt worden. Somit war die Kraft des magischen Gefängnisses deutlich abgeschwächt und die Gefahr sehr groß, dass der Körperlose bald genügend Energie gesammelt hatte, um sich aus eigener Kraft zu befreien. Doch in welchem
Weitere Kostenlose Bücher