Keeva McCullen 7 - Bluthunger (German Edition)
versuche es einmal mit aller Konzentration“, murmelte er und schickte seinen sondierenden Geist in Richtung Keeva aus.
Nichts! Er stieß an eine weiße Wand, ähnlich sehr dichtem Nebel, dann ging es nicht mehr weiter. Keevas Geist war hinter dieser Barriere vollkommen geschützt. Neugierig öffnete er seine Augen und sah sie an.
„ Jetzt möchte ich aber schon wissen, wie du das geschafft hast“, sagte er freundlich.
Unwillkürlich huschte ein Lächeln über Keevas Gesicht. Sie fasste sich an den Hals und Theobald konnte sehen, dass dort nun zwei Amulette hingen ...
*
Freude durchflutete Keeva wie eine Woge warmer Energie. Das Amulett wirkte! Theobald Truax hatte es bisher noch bei jedem Test geschafft, in ihren Geist einzudringen. Wie es schien, war ihr größtes Problem jetzt endlich gelöst! Doch leider zu spät …
Sie ließ die Hand von ihrem Hals sinken. Erneut ergriff die die düstere Stimmung, die sie schon den ganzen Tag gefangen hielt, von ihr Besitz.
„ Wir haben im Lake District den Enkel einer weißen Hexe kennengelernt“, begann sie, und erzählte Theobald Truax in knappen Worten, wie sie an das Amulett gekommen war.
Als sie fertig war, zog sie das Zauberbuch, das sie ebenfalls geschenkt bekommen hatte, aus ihrer Tasche und reichte es dem alten Dämon. Dieser nahm es entgegen, öffnete es und lachte laut auf, als er die Widmung auf der ersten Seite des alten Buches betrachtete.
„ Amelia Morgan, das ist ja eine Überraschung!“
Keeva sah ihn fragend an.
„ Kennst du sie etwa?“, meinte sie.
Theobald nickte.
„ Als ich noch … nun, als ich noch in der Hölle lebte, war sie jedem Dämon hier in der Gegend ein Begriff, ihr Ruf reichte weit“, sagte er mit leuchtenden Augen. „Nachdem ich die Seiten gewechselt hatte, war ich oft versucht, sie persönlich aufzusuchen und kennenzulernen. Ich glaube, sie hätte auch Freude daran gehabt, mit einem Abtrünnigen wie mir zu fachsimpeln. Doch leider ergab sich nie eine passende Gelegenheit - und schließlich starb sie. Sie war eine der mächtigsten weißen Hexen ihrer Zeit.“ Er zögerte und sein Blick wurde nachdenklich. „Und wohl auch unserer Zeit“, sprach er dann weiter. „Denn das weiße Hexentum hat sich hier in England nicht weiterentwickelt. Es gab wohl keine geeigneten Nachfolgerinnen.“
Keeva seufzte. Wie gerne wäre sie in die Fußstapfen dieser großen Frau getreten. Sie fing Theobalds Blick auf, der das gleiche zu denken schien.
Abwehrend hob sie die Hände.
„ Ich weiß, was du jetzt denkst“, sagte sie. „Aber ich habe dir doch gesagt, dass ich über Gabriel Bescheid weiß. Und ich werde auf gar keinen Fall das Leben meines Bruders aufs Spiel setzen, indem ich weiterhin gegen das Böse kämpfe. Das kommt überhaupt nicht in Frage. Ich kann nicht meine Wünsche so rücksichtslos weiterverfolgen. Damit würde ich mich mit diesen Monstern auf eine Stufe stellen …“ - sie schluckte und Tränen traten ihr in die Augen - „ … und wäre keinen Deut besser als sie.“
*
Theobald betrachtete sie nachdenklich.
Es war ihr todernst, das spürte er. Was für ein prächtiges Mädchen! Sie würde alles tun, um das Leben ihres Bruders zu schützen. Er wusste, wie sehr Keeva davon geträumt hatte, einmal als weiblicher Dämonenjäger arbeiten zu können - und zwar nicht nur im Verborgenen, wie bisher, sondern offen und frei, mit dem Einverständnis und vielleicht sogar der Unterstützung ihrer Familie.
Im Grunde hatte sie in den vergangenen acht Jahren - also fast die Hälfte ihres bisherigen Lebens - auf nichts anderes hingearbeitet, hatte ihre gesamte Energie und die ihr angeborene Zielstrebigkeit in diesen Wunsch gesteckt. Und nun hatte sie das alles einfach fallengelassen, um ihren Bruder nicht zu gefährden. Theobald war sich bewusst, wie groß dieses Opfer für Keeva war - und doch tat sie es, ohne mit der Wimper zu zucken. Das Tragische daran war, dass genau diese unerschütterliche Bereitschaft, das Leben eines anderen Menschen auf keinen Fall in Gefahr zu bringen, die wichtigste aller Eigenschaften war, die einen guten Dämonenjäger ausmachten. Sie wäre eine großartige Kämpferin für das Gute geworden …
Sie
wird
eine großartige Kämpferin sein, verbesserte Theobald sich in Gedanken. Wenn sie erst einmal erfährt, dass ihr Bruder schon lange nicht mehr auf der Seite der Menschheit steht und nun zu ihren Feinden zählt, dann braucht sie auf ihn keine Rücksicht mehr
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