Kehraus fuer eine Leiche
vergessen hat, als sie Steffen Meier kennenlernte«, sage ich.
»Genau.«
»Davor wart ihr ein richtig gutes Team?«, plaudere ich weiter, während ich überlege, wie ich aus ihr herausbekommen kann, was die beiden Schwestern denn gemeinsam durchgemacht hätten.
»Gegen den Rest der Welt«, murmelt sie dumpf und streift das intakte Gummiband über das Ende des starren Zopfes.
Marcel steckt den Kopf um die Ecke des Gebäudes. Er zieht ihn zwar schnell wieder zurück, aber Patti hat ihn auch gesehen. Sie beugt sich zu mir hin.
»Werden Sie ihm alles sagen?«, flüstert sie ängstlich.
»Das muss ich, Patti, vor allem zu Pias und deinem Schutz. Hier läuft ein Mörder frei herum. Der sogar noch jemanden umgebracht hat, einen Bekannten von Steffen Meier.«
Ihre Augen weiten sich. Sie öffnet den Mund, bringt aber nur krächzend hervor: »Noch ein Mord?«
»Ja«, sage ich, »und weil es die Verbindung zu Pia gibt, wird die Polizei auch deine Familie befragen müssen. Es geht leider nicht anders.«
Das Mädchen beginnt zu zittern.
»Er wird Pia umbringen«, murmelt sie. Wen sie damit meint, brauche ich nicht zu fragen. Ich hebe die Augenbrauen.
»Nein!«, schreit Patti. » So habe ich das nicht gemeint!« Sie tastet nach Halt an der Plastikwand des Kampfmittelräumdienstes. »Mein Vater kann niemanden umbringen! Ganz bestimmt nicht.«
Ich trete einen Schritt vor und nehme das inzwischen heulende Mädchen in die Arme.
»Natürlich nicht«, sage ich und höre selbst den heuchlerischen Unterton in meiner Stimme. Rasch wechsele ich das Thema: »Ein Gutes hat die Sache. Wenn euch die Polizei befragt, wird Pia nie erfahren, dass du ihr auf die Schliche gekommen bist. Sie hat dann dich, wenn sie zusammenbricht. Du kannst sie trösten, ihr verzeihen, dass sie dir nichts gesagt hat, und alles wird wieder ganz so wie früher sein, als ihr beste Freundinnen wart.«
Patti hebt den Kopf von meiner Schulter. Ich lächele sie an, stolz darauf, ein so versöhnliches Ende für den Schwesternzwist gefunden zu haben. Patti sieht mich aus weit aufgerissenen Augen an. Entsetzen spiegelt sich in ihrem Blick; ein so abgrundtiefer Abscheu, dass ich das Mädchen sofort wieder loslasse.
Ich muss wieder einmal etwas Falsches gesagt haben, aber was?
Fragen kann ich sie danach nicht. Genauso gehetzt, wie sie uns empfangen hat, springt sie davon. Wie eine Gazelle auf der Flucht vor dem Löwen hechtet sie über das ehemalige Munitionsgelände Richtung Gnadenhof.
Auf dem Weg zum Restaurant bleibt Marcel immer wieder stehen, um sich Notizen zu machen.
»Tut mir leid, Katja«, sagt er, als er vor der Einkehr in seinen Jeep steigt. »Nach allem, was du mir jetzt erzählt hast, werde ich es nicht rechtzeitig schaffen, für dich den Wein im Grenzmarkt zu kaufen.«
Natürlich nicht. Es ist Sonntag, aber im Lichte der neuen Erkenntnisse muss er an diesem Fall arbeiten. Meine Informationen seinen Vorgesetzten und nach Heerlen melden und sich mit den dortigen deutschen Kollegen über das weitere Vorgehen beraten. Jedenfalls hat uns unsere Ahnung nicht getrogen: Der Mord an Steffen Meier hängt mit den Bewohnern des Gnadenhofs zusammen.
»Also nichts mit Köln morgen?«, frage ich.
»Doch«, sagt er. »Ich bringe dir dein Auto vorbei. Aber es wird spät werden. Gut, dass du abends auch zu tun hast.«
»Hoffentlich«, sage ich.
Zunächst habe ich mit Jupp zu tun.
Ich danke ihm für das Geraderücken des Schildes und kleide meine Vorfreude auf seinen Jacques Uhsi in lobende Worte über Hein. Jupp brummt, als sei ihm alles egal. Weist mich dann darauf hin, wie viel Strom ein solches Ungetüm verschlinge. Für das Restaurant könne ich den Whirlpool und die Folgekosten von der Steuer absetzen; nur deshalb habe er Hein gebeten, auf mich einzuwirken. Ihm widerstrebe es, ein nagelneues Gerät einfach wegzuwerfen, weil es den Besitzern nicht in die Landschaft passe. Meine Frage, warum diese den Whirlpool nicht bei einem Internet-Auktionär einstellten, quittiert er mit Achselzucken. Wer soll das Ding aus der fernen Schneifel holen, und vor allem wie? Die Transportkosten würden den Wert des Gegenstandes bei Weitem übersteigen. Menschen, die sich für solchen Luxus entschieden, hätten genug Geld und somit die Wahl unter viel moderneren Geräten mit kräftigeren Düsen und noch entspannenderen Funktionen, mit Anschlüssen für den iPod, zum Beispiel. Barcelona, so der offizielle Name des umstrittenen Jacques Uhsi, sei zwar unbenutzt, aber dennoch
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