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Kehraus fuer eine Leiche

Kehraus fuer eine Leiche

Titel: Kehraus fuer eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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ihn jederzeit anrufen könne. Erwin Hannens Worte haben mich zutiefst verstört. Ich brauche unbedingt Klarheit. Auch wenn ich felsenfest davon überzeugt bin, dass Jupp diesen Steffen Meier nicht ermordet haben kann. Aber vor wenigen Stunden hätte ich auch geschworen, dass er nichts mit dem Tod von Reinhold Wirzig zu tun hat.
    »Stör ich?«, frage ich ins Handy.
    »Nie.«
    Ich verzeihe ihm die Lüge und platze gleich mit meiner Sorge heraus. Er schweigt. Zu lange für meinen Geschmack.
    »Jupp hat doch ein Alibi für die Tatzeit!«, erkläre ich drängend. »Er war mit mir und Hein beim Brunch in Kronenburg.«
    »Ich weiß«, sagt Marcel seufzend, »und danach?«
    »Danach sind wir auf die Kehr gefahren. Ich bin wieder in die Küche gegangen, und Hein hat an den Menükarten rumgebastelt. Das haben wir euch doch alles schon erzählt.«
    »Und wo war Jupp?«
    Jetzt schweige ich. Wenn sich Jupp mein Auto genommen hätte, wäre das keinem von uns aufgefallen.
    »Man kann nicht auf die Minute genau feststellen, wann bei Steffen Meier der Tod eingetreten ist«, fährt Marcel fort. »Theoretisch wäre denkbar …«
    »Graue Theorie!«, schleudere ich ihm entgegen. »Welches Motiv sollte Jupp denn haben?«
    Er weicht mir aus: »Die meisten Spuren in deinem Auto stammen von ihm.«
    »Weil er darin seine dämlichen Steine und Wurzeln spazieren fährt!«
    »Das weiß ich doch. Ich bin auch sicher, dass er es nicht war. Aber er hat Reinhold Wirzig umgebracht. Deshalb muss er Erwin Hannen und die Chefs von seiner Unschuld erst noch überzeugen.«
    »Was ist denn das für ein Land, wo der Angeklagte seine Unschuld beweisen muss?«, fahre ich auf. »In Deutschland muss seine Schuld bewiesen werden, nicht seine Unschuld.«
    »Vor Gericht«, erklärt Marcel müde. »Bis dahin haben wir noch genug Zeit …«
    »… um den wirklichen Täter ausfindig zu machen«, ergänze ich seinen Satz, »und ganz genau darum werde ich mich jetzt gleich kümmern.«
    »Riskier nichts!«, brüllt er ins Telefon. »Bleib zu Hause, schließ die Tür ab, und lass niemanden rein.«
    »Das wäre sehr kontraproduktiv«, gebe ich zurück, »Patti und Petra Prönsfeldt wollen reden. Mit mir, wohlgemerkt, nicht mit der Polizei. Ich betrachte es als meine Freundes- und Bürgerpflicht, nachher zum Gnadenhof zu gehen und …«
    »… dich wieder in Lebensgefahr zu bringen?«, fragt Marcel mit ätzender Stimme.
    »Ahh«, bemerke ich. »Du glaubst also auch, dass diese Leute gefährlich sind. Dass einer von denen Steffen Meier umgebracht hat?«
    »Für dich sind sie ja schon gefährlich, wenn sie sich selbst umbringen wollen.«
    Ich unterbreche seinen Vortrag über meinen riskanten fehlgeschlagenen Alleingang vom Montag und über vergleichbar unglückliche Vorkommnisse in der Vergangenheit mit der Frage, wie es Jupp gehe. Er halte sich wacker, sagt Marcel und versichert: »Ich sorge schon dafür, dass es ihm an nichts fehlt.«
    »Außer an Hein und an Freiheit«, murmele ich und lege auf.
    Marcel kennt mich zu gut, als dass er mich noch einmal anklingeln und seinen Vortrag fortsetzen würde. Er wird sich bei Gudrun melden und sie eindringlich auffordern, sich an meine Fersen zu heften. Aber Gudrun hat Besseres zu tun; dafür habe wiederum ich gesorgt.
    Als ich das frisch gemalte Pappschild an die Tür der Einkehr hefte, frage ich mich, wie lange es da wohl hängen wird. Vielleicht nur noch einen Tag. Weil ich mich morgen entschließen könnte, das Holzschild oberhalb der Tür für immer herunterzunehmen und zu verbrennen. Das Schild, mit dem das ganze Elend zwar nicht angefangen, aber einen sehr bösen Verlauf genommen hat.
    Diesmal werde ich Linus zum Gnadenhof mitnehmen. Erstaunt beschaut sich das Tier die Leine, die ich vom Haken ziehe. Er hockt sich ungläubig fiepend hin und reckt den Hals in alle Richtungen. Nur nicht in die, wo ich gerade stehe. Klar, er hält nach seinem vermeintlich neuen Herrchen Ausschau und mich für keines Blickes würdig.
    Daniel hat mir meinen Hund entfremdet. Nach nur vier Tagen weiß das Vieh nicht mehr, wo es hingehört. Sehnt sich nach einem Knaben, der ihm kein Schweinefleisch mit Rosinen gönnt, sondern ihn mit übelriechendem Dosenfutter und ungewürzter Rindfleischpampe füttert.
    Natürlich folgt er mir, als ich wieder in die Küche gehe. Im Kühlschrank finde ich hinter der Schüssel mit der von Gudrun angerührten Kartoffel-Knoblauch-Olivenöl-Sesampaste für die marinierte Rote Bete ein Päckchen jener schrecklichen

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