Kein Alibi: Roman (German Edition)
wie man Sie in den Nachrichten darstellt, hätte ich Sie mir… derber vorgestellt. Härter. Verschlagener. Sogar bösartig.« Wieder lachte sie. »Ich hätte gedacht, Sie wären mir ähnlicher.«
»Ich habe meine Fehler. Genügende. Aber ich schwöre, dass
ich Ihrem Mann nur ein einziges Mal begegnet bin. Das war letzten Samstag. Wie sich herausstellte, nicht lange, bevor er ermordet wurde. Aber ich habe ihn weder umgebracht, noch bin ich in diese Hotelsuite gegangen, um mit ihm zu schlafen. Es ist wichtig für mich, dass Sie das wissen.«
»Ich neige dazu, Ihnen zu glauben«, sagte Davee. »In erster Linie, weil Sie nichts zu gewinnen haben, indem Sie hierher kommen und mir das erzählen. Obendrein entsprechen Sie nicht dem Typ meines lieben Dahingeschiedenen. Und das meine ich nicht als Beleidigung.«
Darüber musste Alex lächeln. Trotzdem war sie ehrlich neugierig, als sie fragte: »Warum wäre ich nicht sein Typ gewesen?«
»Rein körperlich hätten Sie den Anforderungen genügt. Seien Sie auch darüber nicht beleidigt. Lute würde jede Frau bumsen, deren Körper noch warm ist. Wer weiß? Vielleicht war das nicht einmal nötig.
Aber er hatte es gern, wenn seine Weiber Respekt vor ihm hatten. Unterwürfig und dumm und größtenteils stumm, außer beim Orgasmus. Sie hätten ihn nicht gereizt, weil Sie viel zu selbstbewusst und klug sind.«
Sie schenkte sich aus einer Silberkanne Kaffee nach, dann ließ sie zwei Zuckerwürfel in die Tasse fallen, dass es leise platschte. »Zu Ihrer Information, Dr. Ladd, einige von denen, die Sie des Mordes an Lute beschuldigen, glauben in Wahrheit nicht daran, dass Sie’s getan haben.«
Völlig überrascht platzte Alex heraus: »Sie haben mit Hammond gesprochen?«
»Nein, das war’s nicht…« Plötzlich ging Davee mitten im Satz ein Licht auf. »Hammond? Sie duzen den Mann, der die Anklage gegen Sie vertritt?«
Kein Zweifel, Alex war nervös. Sie stellte Tasse und Teller auf den Kaffeetisch. »Ich hoffe, mein Kommen war für Sie keine allzu große Zumutung, Mrs. Pettijohn. Ich war mir nicht sicher, ob Sie sich überhaupt bereit erklären würden, mich zu sehen. Ich bedanke mich für den –«
Davee unterbrach das Gerede, indem sie mit der Hand die Distanz
zwischen ihnen überbrückte und sie Alex auf den Arm legte. Nach einer Pause hob Alex den Kopf und erwiderte Davees Blick mit stiller Würde. Ihre Kommunikation fand auf einer anderen Ebene statt. Ohne Visier. Zwei Frauen, die einander sahen, verstanden und akzeptierten.
Sie sahen sich einen Moment lang an, dann sagte Davee leise: »Sie sind also diejenige, die nicht nur kompliziert, sondern unmöglich ist.«
Alex öffnete schon den Mund zum Sprechen, aber Davee kam ihr zuvor. »Nein, sagen Sie’s mir nicht. Das wäre, als würde man die letzte Seite eines Liebesromans lesen. Trotzdem wüsste ich gerne, wie ihr beide euch in diesen Schlamassel hineinmanövriert habt. Hoffentlich waren die Umstände ganz und gar dekadent und köstlich. Das verdient Hammond.« Anschließend lächelte sie reumütig. »Armer Hammond. Das muss ein höllischer Zwiespalt für ihn sein.«
»Im wahrsten Sinne.«
»Kann ich irgendetwas tun?«
»Vielleicht wird er schon bald Freunde brauchen. Seien Sie sein Freund.«
»Bin ich.«
»Das sagt er auch.« Alex schob sich den Riemen ihrer Handtasche über die Schulter. »Ich sollte gehen.«
Anstatt ihre Haushälterin kommen zu lassen, begleitete Davee Alex persönlich an die Tür. »Sie haben sich gar nicht zu meinem Haus geäußert«, stellte sie fest, während sie das Foyer durchquerten. »Das machen die meisten Leute beim ersten Besuch. Was halten Sie davon?«
Rasch sah sich Alex um. »Ehrlich?«
»Ich bitte darum.«
»Sie haben einige hübsche Stücke, aber für meinen Geschmack ist alles ein wenig überladen.«
»Machen Sie Witze?«, prustete Davee los. »Das ganze Ding ist kitschig bis zum Gehtnichtmehr. Jetzt, wo Lute tot ist, habe ich vor, alles Geschmacklose rauszuwerfen.«
Die beiden Frauen lächelten einander an, eine Seltenheit für
Davee: das Gefühl einer Seelenverwandtschaft mit einer anderen Frau. Mit der für sie typischen Direktheit sagte sie: »Alex, es ist mir egal, ob Sie mit Lute geschlafen haben oder nicht, ich mag Sie.«
»Ich Sie auch.« Alex war schon auf halbem Weg zum Tor, da rief ihr Davee hinterher: »Sie waren mit Lute zusammen, kurz bevor er getötet wurde?«
»Stimmt.«
»Hmm. Möglicherweise denkt der Mörder, Sie würden etwas verheimlichen,
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