Kein Alibi: Roman (German Edition)
Frühstücksspeck, englische Muffins, Kaffee. Sahne? Nein. Hoffentlich trank sie ihren Kaffee schwarz. Orangensaft? Ja, im Gefrierfach lagen 150 Gramm Saftkonzentrat.
Er frühstückte selten und nur bei geschäftlichen Anlässen. Aber auf dem Land, wo sich der Morgen am Wochenende länger und fauler gestaltete, genoss er in vollen Zügen ein herzhaftes spätes Frühstück. Seine Kochkünste waren guter Durchschnitt,
besonders wenn es sich um einfache Gerichte wie Eier mit Speck handelte. Vielleicht könnten sie das Frühstück gemeinsam herrichten und sich die Arbeit aufteilen. Dabei käme es immer wieder zu Berührungen. Lachen. Küsse. Anschließend könnten sie ihre Teller zum Essen auf die Veranda hinaustragen. Beim Gedanken an den nächsten Morgen lächelte er.
»Heute Morgen«, korrigierte er sich, als er auf die Uhr schaute; Mitternacht war längst vorbei.
Der gestrige Tag war nicht gut verlaufen. Erregt, wütend und in mancher Hinsicht frustriert hatte er Charleston verlassen. Nichts war glatt gegangen. Nie im Leben hätte er vermutet, ein derart mieser Tag könnte damit enden, dass er mit einer Frau schlief, von deren Existenz er bis vor wenigen Stunden nichts geahnt hatte. Geschweige denn, wie wichtig dieses Erlebnis sein würde.
So grübelte er noch eine Weile über die Launen des Schicksals nach, bis er hörte, wie im Bad das Wasser abgedreht wurde. Da er nicht voreilig sein oder zur unpassenden Zeit wieder auftauchen wollte, zwang er sich, noch zwei Minuten zu warten. Erst dann packte er zwei Flaschen Mineralwasser und begab sich wieder ins Schlafzimmer.
»Übrigens«, sagte er, als er mit dem nackten Fuß die Tür aufdrückte, »meiner Meinung nach sollten wir uns allmählich mal ordentlich vorstellen –«
Er hielt inne. Sie stand vor der Frisierkommode, mit dem Telefonhörer in der Hand. Sie fuhr herum und legte sofort auf. »Hoffentlich macht es dir nichts aus«, stieß sie hervor.
In Wirklichkeit machte es ihm doch etwas aus. Sogar eine ganze Menge. Nicht weil sie, ohne vorher zu fragen, sein Telefon benutzt hatte, sondern weil es in ihrem Leben einen so wichtigen Menschen gab, dass sie ihn in den frühen Morgenstunden anrief, nur wenige Minuten, nachdem sie mit ihm geschlafen hatte. Er war verblüfft, wie viel ihm das ausmachte.
Er hatte in der Küche herumgetrödelt und in seiner Phantasie das Frühstück mit ihr durchgespielt und die Minuten gezählt, bis er mit Anstand wieder auftauchen konnte. Jetzt stand er mit benommener
Miene und halb erigiertem Penis da, der sich unter seiner Boxershorts abzeichnete. Und sie hatte die ganze Zeit über mit einem anderen telefoniert. Er stellte die Wasserflaschen auf den Nachttisch.
Er kam sich dumm und lächerlich vor, Empfindungen, die einem Hammond Cross absolut fremd waren. Er, der normalerweise in jedmöglicher Situation selbstbewusst und souverän reagierte, kam sich wie ein Volltrottel vor. Und dieses Gefühl mochte er ganz und gar nicht.
»Möchtest du ungestört sein?«, fragte er hölzern.
»Nein, alles in Ordnung.« Sie hängte den Hörer ein. »Ich bin nicht durchgekommen.«
»Tut mir Leid.«
»War nicht wichtig.« Sie verschränkte die Arme über der Taille, dann ließ sie sie nervös seitlich herunterfallen.
Wenn es nicht wichtig war, zum Teufel noch mal, warum hast du dann um diese Tageszeit telefoniert? , hätte er sie gern gefragt, unterließ es aber.
»Kann ich das anziehen?«
»Was?«, fragte er geistesabwesend.
Sie strich mit der Hand über die Vorderseite des alten ausgewaschenen T-Shirts. Sein Partyshirt aus Collegetagen. Er erkannte es wieder. Es reichte ihr bis zur Mitte der Oberschenkel. »O, klar. Steht dir.«
»Ich habe es in der Kommode im Bad entdeckt. Ich habe nicht herumgeschnüffelt. Ich wollte nur –«
»Nicht der Rede wert.« Sein knapper Ton sprach Bände.
Ihre Hände ballten sich seitlich zu Fäusten, ehe sie sich wieder entkrampfte. »Schau, vielleicht wär’s besser, wenn ich jetzt ginge. Wir haben uns beide ein bisschen mitreißen lassen. Vielleicht ist uns die Fahrt mit dem Riesenrad zu Kopf gestiegen.« Ihre witzige Bemerkung kam nicht an. »Das war jedenfalls…« Bei einem raschen Blick aufs Bett erstarben ihre Worte.
Wahrscheinlich blieb ihr Blick länger als beabsichtigt dort haften. Die zerknautschten Bettlaken erinnerten nachhaltig an das, was sich auf ihnen abgespielt hatte, und daran, wie innig und befriedigend
es gewesen war. Hemmungsloses Flüstern schien noch jetzt in ihnen
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