Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman
Flugtickets jetzt schon abgeben und bin immer noch pünktlich, um den Vertrag für das Apartment zu unterschreiben! Vielen Dank Kapuzenträger, danke Toni, danke Schicksal!«
Vielleicht, aber nur vielleicht, war ihre Pechsträhne ja nun vorbei.
5. Kapitel
Christy
11.15 Uhr
Bis zwölf: Scheck bei Mr Simpson abgeben - im Zeitplan. 12.30 Uhr: Mrs Dallaglios Sachen aus der Reinigung holen - im Zeitplan.
D er O’Neill Tower war nicht irgendein New Yorker Wolkenkratzer. Er war einer der größten und technisch ausgefeiltesten der ganzen Stadt. Und er sah auch noch gut aus.
Mr O’Neill war auch nicht irgendein älterer Herr. Es war Mr Henry O’Neill, Vorstandschef von O. N. & O. N. , dem größten Baukonzern im Staat New York. Ununterbrochen war er in den Fortune 500 gelistet und wurde von vielen gefürchtet. Nichtsdestotrotz war er für seine Fairness bekannt, auch wenn die O’Neillsche Fairness von sachlicher und knallharter Effizienz geprägt war.
Christys geschäftliche Beziehung mit ihm hatte vor einem Jahr begonnen. Damals dachte sie, es würde bei dem einen Auftrag bleiben. Mit Tausenden von Angestellten
verfügte Henry O’Neill schließlich über ausreichend Mitarbeiter, die sich förmlich überschlugen, seine Anweisungen auszuführen. Im vergangenen Jahr hatte er seine engsten Mitarbeiter jedoch mit Weihnachtsgeschenken überraschen wollen, und keiner durfte vorher davon Wind bekommen.
Seine Frau hatte ihn auf Christy gebracht: Bei einer Hochzeit in den Hamptons vor nicht allzu langer Zeit hatte Mrs O’Neill neben Delilah Dallaglio gesessen, die in den höchsten Tönen von der professionellen Christy Davies von doorman dot com schwärmte.
Christy wurde immer noch rot, wenn sie daran dachte, dass sie Mr O’Neill dazu überredet hatte, sich als Santa Claus zu verkleiden und die Geschenke persönlich zu überreichen. Sie assistierte ihm dabei als grüne Elfe mit spitzen Ohren, um sicherzugehen, dass jeder das für ihn bestimmte Geschenk erhielt.
Der Rest war Geschichte. Die Aktion wurde ein voller Erfolg, und seither erteilte Mr O’Neill Christy regelmäßig Aufträge.
»Pardon, aber sind Sie sicher , dass er runterkommt?«, fragte Christy die perfekt gestylte Empfangsdame, deren silberne Ohrringe bis zu den in Armani gekleideten Schultern herabhingen. Christy stand mit Toni im Empfangsbereich des Gebäudes, und man ließ sie jetzt schon seit einer scheinbaren Ewigkeit warten. Christy wurde allmählich nervös und blickte immer wieder zu dem privaten Aufzug, auf dessen Digitalanzeige eisern die 55 leuchtete, das oberste Stockwerk.
Sie erntete einen vernichtenden Blick. »Wie ich schon
sagte. Mr O’Neill ist auf dem Weg nach unten, um mit Ihnen persönlich zu sprechen.«
Christy wurde schwer ums Herz. Gab es vielleicht irgendein Problem? Sie hatte vorgehabt, einfach nur die Tickets am Empfang abzugeben oder allenfalls mit dem Aufzug in den 55. Stock hinaufzufahren und sie Gardenia, Mr O’Neills persönlicher Assistentin, in die Hand zu drücken. Die ganze Aktion dauerte jetzt schon viel zu lange, und Mr O’Neill - wenn er denn endlich auftauchte - gehörte nicht zu der Art Mann, die man stehenließ.
Toni war zu dem verglasten Marmor-Atrium in der Mitte des Gebäudes geschlendert. Christy sah ihm zu, wie er zwischen den riesigen, avantgardistischen Skulpturen und Installationen herumspazierte, die allesamt aus Mr O’Neills Privatsammlung stammten. Nachdenklich strich er sich übers Kinn, und trotz ihrer Unruhe musste Christy darüber lächeln.
54
53
52
Endlich! Der Aufzug hatte sich in Bewegung gesetzt - Mr O’Neill war unterwegs nach unten.
46
45
44
Christy räusperte sich, rückte ihren Bund zurecht und strich ihr Haar glatt.
39
38
37
Sie holte die Flugtickets aus der Tasche und überlegte, was sie sagen sollte.
30
29
28
Mr O‘Neill, ich dachte, es wäre Ihnen sicher recht, die Tickets schon ein bisschen früher als vereinbart zu bekommen!
24
23
22
Doch, das ging.
19
18
17
Sie sah auf die Uhr. Halb zwölf durch.
12
11
10
Sie würde die Begegnung mit Henry O’Neill in Rekordzeit abwickeln müssen.
9
8
7
Konnte sie nicht schnell verschwinden und Toni die Tickets überreichen lassen?
6
5
4
Nein, vermutlich nicht.
3
2
1
»Christy!«
»Mr O’Neill!«
Der große, onkelhafte Sechsundsiebzigjährige war immer noch auffallend attraktiv. Silbergraue Haare, stechend blaue Augen und stets dezent gebräunt war er ein wandelndes
Weitere Kostenlose Bücher