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Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman

Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman

Titel: Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Hepburn
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Fuß schwarz angezogen war, beugte sich tief zu Christy herunter.
    »Gonna love you foreva, neva gonna stop …«
    Dann brach er jedoch ab. Er runzelte die Stirn, sah seine Bandmitglieder an und kratzte sich am Kopf. Das Rappen und Fingerschnippen verstummte. Er versuchte es noch einmal.
    »Gonna love you foreva, neva gonna stop. You make me …«
    »Come on, wie geht’s weiter?«, knurrte er seine Kumpels an. »Gonna love you foreva, neva gonna stop. You make me …«
    Die Hilfe kam jedoch aus einer ganz anderen Ecke. »You make me snap, crackle and pop!«
    »Toni!« Erschrocken hielt sich Christy die Hand vor den Mund. Toni war aufgesprungen und beendete den Rap unter tosendem Applaus, Jubelrufen und Schulterklopfen der Gang von Kapuzenjacken. Er verbeugte sich,
klatschte mit jedem einzelnen ab und setzte sich dann strahlend wieder hin.
    »Du wirst dich nochmal umbringen«, zischte Christy und wäre am liebsten im Erdboden versunken. »Sprich niemals mit Fremden. Schon gar nicht in der U-Bahn!«
    Toni berührte sie sanft an der Schulter und strahlte seine neuen Freunde an. Der Zug war mittlerweile zum Stehen gekommen. Die Rapper probten begeistert den neuen Text und zeigten Toni den erhobenen Daumen.
    Eine Durchsage hallte durch den Zug, die Weiterfahrt werde sich wegen eines Staus um vier Minuten verzögern. Die Teenager hörten auf zu singen und begannen stattdessen, leise zu fluchen. Die anderen Fahrgäste schimpften ebenfalls unwillig, und dann legte sich eine gespenstische Stille über den Waggon. Toni schaute Christy fragend an.
    »Vier Minuten …«, murmelte sie. »Und dann muss ich noch die Candy Street in Brooklyn finden. Keinen blassen Schimmer, wie ich da am besten hinkomme.«
    »Du willst zur Candy Street?« Der riesige Rapper stand so dicht vor ihr, dass sein Gesicht nur Zentimeter von ihrem entfernt war. »Hey, meine Grandma wohnt in der Candy Street. An der übernächsten Haltestelle musst du raus, quer durch den Prospect Park, beim County Hotel rechts abbiegen und Bingo! Schon bist du da. Und falls du Grandma Lomas triffst, bestell ihr einen schönen Gruß von Dwayne. Alles Paletti, Schöne?«
    »Oh!« Ihr ging ein Licht auf. Natürlich! Sie kannte den Prospect Park - und das County Hotel - das würde ganz leicht zu finden sein!
    Vorsichtig schaute sie in die dunklen, freundlichen Augen
des Rappers. »Alles kapiert.« Sie strahlte. »Und vielen Dank.«
    »Kein Thema. Jeder Kumpel von diesem Typen hier ist für mich in Ordnung.«
    Christy wandte sich Toni zu, um ihm zu danken, aber der war sich der Situation offenbar gar nicht bewusst. Für ihn war wohl nichts dabei, sich in der New Yorker U-Bahn mit einem Rudel lärmender Kapuzenträger zu unterhalten.
    Wieder zurück an der Erdoberfläche blinzelte Christy ins strahlende Sonnenlicht. Brooklyn! Ihr geliebtes Brooklyn! Sich vorzustellen, dass sie heute Abend ein eigenes Apartment hier besitzen würde, war wie … nach Hause kommen .
    Tief verbuddelte Erinnerungen stiegen in ihr auf, und sie spürte ein wehmütiges Stechen. Bis zu ihrem zwölften Lebensjahr hatte sie hier gelebt, bevor ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt wurde. Ihr Vater, ein Bauleiter, war abgehauen und hatte sie, ihre Mutter und die damals vierzehnjährige Annie zurückgelassen. Damit brach er ihnen nicht nur das Herz, sondern machte sie auch noch obdachlos. Denn ihre damalige Wohnung gehörte dem Arbeitgeber ihres Vaters und wurde ihnen umgehend gekündigt. Danach war ihre geschockte, untröstliche Mutter mit ihnen aus der Stadt geflohen, um sich woanders ein neues Leben aufzubauen. Von Christys Dad kam nie ein Penny, und es war eine harte Zeit für die drei. Sie waren gerade mal so über die Runden gekommen.
    Christy hatte jedoch nie der Stadt die Schuld daran gegeben. Sie hatte New York immer geliebt und insgeheim
gewusst, dass ihr Herz mitsamt den kostbaren Erinnerungen an die guten Zeiten zu viert hierhergehörte. Sie hatte sich geschworen, eines Tages nach Brooklyn zurückzukehren und sich hier ein eigenes Leben aufzubauen, koste es, was es wolle.
    Und heute war der Tag gekommen.
    »Con-ven-ti-on-Street«, trompetete Toni, als sie die Straße überquerten und auf den Prospect Park zusteuerten.
    In Christys Kopf klingelte es. » Convention Street?«, wiederholte sie und schaute zu dem Straßenschild hoch. Dann zückte sie ihr Notizbuch. »Wie konnte ich das nur übersehen … wir sind direkt neben dem O’Neill Tower. Wenn wir uns beeilen, kann ich Mr O’Neills

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