Kein Applaus Für Podmanitzki - Satirisches
Zuschauer - nämlich die des Hebräischen kundigen - merken etwas davon, daß er den Text improvisiert. Nach dem zweiten Akt bricht er abermals zusammen, wird sofort in das Städtische Krankenhaus gebracht und am Blinddarm operiert, so daß er im dritten Akt voll auf dem Posten ist. Der Vizebürgermeister kommt in seine Garderobe, gratuliert ihm und nennt ihn einen »Pionier der hebräischen Kultur«. Der mittelmäßige Schauspieler tritt sofort die Rückfahrt nach Herzliah an, wo um 5 Uhr früh die Außenaufnahmen zur »Eroberung des Negev« beginnen. Er spielt einen grausamen englischen Major.
DONNERSTAG. Um 7 Uhr holt der Schauspieler die versäumte Gymnastikstunde nach. Der Instruktor ist nicht mit ihm zufrieden und empfiehlt ihm einen täglichen Dauerlauf von der Stadtgrenze Tel Avivs zum Autobus-Bahnhof. Der Kibbuz Kfar Schultheiss will den Vorschuß zurückhaben; es hilft nichts, er muß hinausfahren und die Bewässerungstank-Feier inszenieren. Im Wandertheater erwarten ihn gute Nachrichten. Erstens spielt er nun doch den Sohn des Königs, zweitens bekommt er die seit zwei Monaten fällige Gage von 437,45 Shekel. Tatsächlich bekommt er nur 11,45 Shekel, der Rest wurde ihm bereits in Form von Vorschüssen ausbezahlt. In der Abendvorstellung des »Gefängniswärters« verursacht er beinahe einen Skandal, als er seinen Text mit den Worten des grausamen englischen Majors beginnt. Er kehrt jedoch bald zum richtigen Text zurück. Nach seinem Abgang findet er in der Garderobe den jungen Schriftsteller vor, der nicht bis morgen warten wollte und darauf brennt, ihm sein Stück vorzulesen. Infolge der pünktlich eintretenden Nikotinvergiftung reicht die Zeit jedoch nur für die Festsetzung eines neuen Rendezvous um 2 Uhr früh in einer nahegelegenen Imbiß-Stube, nach dem Kurzauftritt des Schauspielers für die Nachtwächter (44 Shekel). Als er die Imbiß-Stube verläßt, ist es Zeit fürs Filmstudio und für die Fortsetzung der Außenaufnahmen zur »Eroberung des Negev«. Den Worten, die ihm der Oberkellner nachruft, entnimmt er, daß ihm vor zwei Tagen eine Tochter geboren wurde. Er stiehlt noch rasch ein Käsebrot vom Büffet und beginnt seinen Vortrag in der jiddischen Radio-Stunde vorzubereiten: »Probleme des hebräischen Dramas«. In Herzliah wird ihm mitgeteilt, daß alle bisher gemachten Aufnahmen nochmals gedreht werden, weil die Versicherung sie bezahlt. Auf dem Heimweg - der Produktionsleiter nimmt ihn im Taxi mit - liest er Gedichte von Federico Garcia Lorca, um sich für eine spätere Rundfunksendung mit moderner Lyrik vertraut zu machen. Vor seinen Augen tanzen bunte Punkte.
FREITAG. Auf der Probe zu »Cyrano von Bergerac«, den die Wanderbühne anstelle der »Antigone« des Sophokles einstudiert, erreicht ihn die Nachricht, daß er in den Vorstand der benachbarten Synagoge gewählt wurde und sofort nach der Probe einer Vorstandssitzung beizuwohnen hat. Eine Kollegin zeigt ihm den Schnappschuß seiner neugeborenen Tochter im Alter von zwei Tagen. Ein süßes Baby. Im Treppenhaus lauert hinter einer Säule der junge Dramatiker mit seinem Manuskript; er will sich nicht länger mit leeren Versprechungen hinhalten lassen und verlangt ein klares Ja oder Nein. Der mittelmäßige Schauspieler vereinbart mit ihm ein endgültiges Rendezvous um 3.30 Uhr am Donnerstag im Kibbuz Kfar Schultheiss vor dem Kuhstall. Während der Sitzung des Synagogenvorstands studiert er die Rolle des Cyrano, obwohl er heute abend in Eilat die beiden Mörder in »Macbeth« spielen muß, da Korkewitz, der in den letzten Vorstellungen für den erkrankten Polakoff eingesprungen ist, gestern abend vor der Todesszene eingeschlafen ist. Die buntfarbenen Punkte vor seinen Augen vermehren sich ins Unermeßliche. Um 16 Uhr hat er eine Vorlesung aus der Bibel mit Orgelbegleitung (60 Shekel). Im Bus auf der anschließenden Fahrt nach Eilat wird er bewußtlos, wovon die anderen Schauspieler keine Notiz nehmen. Sie glauben, daß er schläft, und machen abfällige Bemerkungen über seine Faulheit. In der Rolle der beiden Mörder wirkt er trotzdem sehr überzeugend und rankt sich an dem dröhnenden Applaus seelisch empor. Nach der vierten Vorstellung - es finden an diesem Abend vier Vorstellungen statt, eine um 18.30 Uhr, eine um 21.45 Uhr und zwei um 1.45 Uhr - schreibt er einen Brief an seine Frau und fährt über das Filmstudio in den Kibbuz zu Tonbandaufnahmen für den Rundfunk. Irgendwann unterwegs zieht er sein Taschenbuch heraus und macht
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