Kein Augenblick zu früh (German Edition)
und …«
»Warum beantragst du nicht Sonderurlaub aus familiären Gründen? Für Jack. Dein Krankenhaus würde das bestimmt verstehen.«
Er zögerte. Ich wusste, dass er sich alles schon genau überlegt hatte. Vermutlich hatte er nur darauf gewartet, dass ich seinen Entschluss unterstützte.
»Gut, wenn du meinst … Ich will dich nicht in Gefahr bringen, aber andererseits befinden wir uns hier im Schutz der Einheit, sodass es am Ende sogar sicherer wäre. Ich kann ohnehin nicht weg, solange Jack nicht wieder auf den Beinen ist …« Er brach ab, als ihm klar wurde, was er da gesagt hatte.
Ich kratzte weiter Butter auf den Toast. »Sag es ihnen doch gleich. Man soll das Eisen schmieden und so weiter, du weißt schon. Außerdem lenkt dich die Arbeit ab …« Ich biss in den Toast und verschluckte mich prompt.
Dad nickte wie im Selbstgespräch, raffte seine Papiere zusammen und ging ins Wohnzimmer, um zu telefonieren.
Ich legte den Toast weg und verbarg das Gesicht in den Händen.
»Ist es okay, wenn ich dich einen Moment allein lasse?«, fragte er später, als wir in Jacks Krankenzimmer saßen. »Ich muss mit jemandem über die Arbeit sprechen, die ich hier übernehmen soll.«
»Vor der Tür steht ein schwer bewaffneter Elitesoldat, Dad. Schon vergessen?« Durch die Milchglasscheibe konnte ich undeutlich die dunklen Umrisse des Wachpostens ausmachen.
Dad stand auf und zauste mir das Haar. »Gefällt mir übrigens, dein neuer Haarschnitt. Steht dir gut.« Er öffnete die Tür. »Ich bin bald wieder zurück.«
Ich wandte mich wieder Jack zu. Alles wie gehabt. Alles wie gehabt. Das ständige Piepen der Geräte. Das heisere Wusch! des Beatmungsgeräts.
»Wach auf, verdammt noch mal!«, zischte ich. »Ich will, dass du mir zuhörst!«
Nichts.
»Du solltest dich echt mal rasieren.«
Nichts.
»Dad arbeitet jetzt für die Einheit.«
Nichts.
»Er will Leute wie Demos heilen .«
Nichts.
Ich seufzte und beugte mich vor, bis mein Mund ganz nahe an seinem Ohr war.
»Ich bin total in Alex verliebt, und während du hier rumliegst und pennst, hat er mich nach Mexiko entführt und wir gingen splitterfasernackt zusammen schwimmen, und ich sag dir: Wir. Hatten. Jede. Menge. Spaß. Ich wette, du willst ihn dafür in den Arsch treten, aber leider, LEIDER liegst du ja im Koma.«
Nichts. Doch plötzlich beschleunigte sich das Piep-Piep ein wenig. Nur kurz, aber die Aufzeichnung der Herzfrequenz zeigte einen kleinen Ausschlag.
»Du kannst mich hören!«, sagte ich verblüfft und beobachtete ihn genau. Bildete ich es mir nur ein oder hatte sich der friedfertige Ausdruck verändert? Zuckte da nicht ein Muskel über seinem Auge? Ich beugte mich wieder vor und drückte die Lippen gegen sein Ohr. »Und, oh, das Wichtigste hab ich glatt vergessen: Wir hatten ein Doppelzimmer! «
Diesmal war der Piep-Ausschlag deutlicher.
Piep. Piep. Pieep!
Ich lachte leise vor mich hin. Sollte ich weitermachen, bis er ganz aufwachte? Aber dann riss ich mich zusammen. Ich wollte schließlich nicht, dass er einen Herzinfarkt erlitt. Nur kurz beugte ich mich noch einmal vor: »Äh. Aber wehe, du trittst ihn deshalb in den Arsch!«
»Sie sind bestimmt Jacks Schwester.«
Ich fiel fast vom Stuhl vor Schreck und wirbelte herum. In der Tür stand ein Arzt. Er trug eine Militäruniform unter dem Arztkittel und ich erhaschte einen Blick auf eine Reihe von Orden. Er war ungefähr Anfang dreißig, mit kurzem schwarzem Haar und lebhaften braunen Augen. Er trat ans Bett und blickte auf Jacks Krankenkarte.
»Dr. Roberts. Ich bin Jacks Arzt«, stellte er sich vor.
Ich betrachtete ihn genauer, während er Jacks Karte studierte. Ungefähr einsfünfundsiebzig, durchschnittlicher Körperbau, nicht annähernd so muskulös wie die Typen von der Einheit und seine Uniform war auch nicht schwarz. Aber man konnte nie wissen. Ich durfte niemandem trauen, schon gar nicht hier.
Dr. Roberts nahm das Stethoskop vom Hals, legte es auf Jacks Brust, wartete ein paar Herzschläge ab und notierte etwas auf dem Krankenblatt. Dann ging er zu den Maschinen und überprüfte die Aufzeichnungen. Plötzlich warf er einen verwunderten Blick auf Jack und sah wieder auf das Krankenblatt.
»Irgendwas nicht in Ordnung?«, fragte ich.
»Nein. Aber anscheinend ist vor einer oder zwei Minuten eine leicht erhöhte Herzfrequenz aufgetreten. Keine Ahnung, was das ausgelöst haben könnte.« Stirnrunzelnd blickte er erst auf das Krankenblatt, dann auf mich.
Ich setzte mein
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