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Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Kein Augenblick zu früh (German Edition)

Titel: Kein Augenblick zu früh (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Alderson
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geht’s deinem Bruder?«, fragte er.
    »Unverändert.«
    »Ich hab gehört, dass dein Dad jetzt auch für die Einheit arbeiten will. Cool.«
    Ja, absolut cool. Echt, echt cool. »Hm, ja«, sagte ich.
    »Woran arbeitet er eigentlich?«
    Ich zögerte kurz. Jonas hatte einen niedrigeren Rang als Jack oder Alex und wusste vermutlich wenig oder gar nichts darüber, was die Einheit in Wirklichkeit machte.
    »Bin nicht sicher. Er erzählt mir nicht viel.« Ich zuckte die Schultern.
    »Weißt du was«, sagte Jonas jetzt plötzlich viel leiser und beugte sich über den Tisch. »Ich hab gehört, sie führen Tests mit ihnen durch.«
    Ich verbrannte mir die Zunge am Kaffee.
    »An Demos und seinen Leuten, wenn sie welche fangen. Sie führen Tests durch, um herauszufinden, wie sie geheilt werden können.«
    »Echt?«, sagte ich, während die Wut in mir hochstieg. Ein Keks, auf den mein Blick zufällig gefallen war, bewegte sich ein bisschen. Mir stieg das Blut in die Wangen. Verdammt noch mal! Voller Entsetzen blickte ich auf. Aber Jonas hatte nichts bemerkt.
    »Und – wie war er?«
    »Wie … wie war wer?«, stammelte ich.
    »Du hast ihn doch getroffen. Demos, meine ich.« Er sprach den Namen so ehrfürchtig aus, als sei Demos ein Promi. »Wie war er denn so? Wenn ich mir vorstelle, dass du ihn kennengelernt hast! Die Einheit versucht seit Jahren, ihn zu erwischen. Hast du mit ihm gesprochen?«
    »Na, er hat mich gekidnappt, also zählt das wahrscheinlich als Kennenlernen.«
    »Und was hat er mit dir gemacht? Hat er seine … Kraft bei dir angewendet?«
    »Ja.«
    Jonas riss die Augen auf. »In echt? Wie hat sich das angefühlt?«
    »Nicht sehr angenehm«, antwortete ich wahrheitsgemäß und erinnerte mich – als hätte man mir ein Lasso um die Füße geworfen und mich gegen einen Betonklotz geschmettert.
    »Und wie bist du entkommen?«
    »Als eure Leute anrückten und die Schießerei begann, wurde Demos abgelenkt. Er schaffte es einfach nicht, mich und noch ein paar andere Leute gleichzeitig zu, äh … hypnotisieren oder was immer er macht, deshalb konnten wir abhauen.«
    Jonas hörte mir mit offenem Mund und großen Augen wie gebannt zu.
    »Warst du auch dabei?«, fragte ich. »Ich meine, im Joshua-Tree-Park?«
    »Ich war im dritten Humvee. Er ist einfach umgekippt, mit uns drin. Es war grauenhaft.«
    Ich wurde rot. »Aber dir ist doch hoffentlich nichts passiert?« Ich hatte oft daran denken müssen. Nicht zu oft – kein Vergleich zu den Sorgen um meine Mutter und Jack oder der Frage, ob wir geschnappt werden würden. Aber der Gedanke, dass ich Menschen verletzt hatte, dass Alex vielleicht sogar jemanden getötet hatte, hatte mich nicht losgelassen. Das ungeheuerliche Schuldgefühl, das in den Tiefen meines Gewissens lauerte und die Krallen wütend nach mir ausstreckte, wollte mich zwingen, mich endlich der Frage zu stellen. Bisher hatte ich immer zu viele andere Dinge zu bedenken gehabt.
    »Nein, ich hab nichts abgekriegt.« Jonas reckte die Schultern. »Aber ein paar aus meinem Team kamen nicht so glimpflich davon. Ein gebrochenes Bein, ein angeknackstes Schlüsselbein, solche Sachen eben. Das Alpha-Team hat es dagegen schlimm erwischt – die haben drei Männer verloren.«
    In seinen Augen glitzerten Tränen. Meine Finger zitterten, bis ich einen Keks über den halben Tisch zerkrümelt hatte. Alex hatte mir nie verschwiegen, dass ein Krieg Opfer forderte. Und dass das hier eine Art Krieg war. Dass er jeden erschossen hätte, der mir etwas zuleide tun wollte. Ich hatte das aber bisher nie ganz begriffen. Mir war es immer nur um meine Mutter und um Jack gegangen. Die Männer der Einheit waren in meiner Rechnung gar nicht aufgetaucht. Bis jetzt jedenfalls nicht.
    Das hier war Realität. Menschen waren gestorben. Sie hatten wegen mir und Alex ihr Leben gelassen. Menschen, die die Wahrheit gar nicht gekannt hatten.
    Nein, sagte ich streng zu mir, das stimmt nicht! Sie waren nicht wegen mir und Alex ums Leben gekommen, sondern weil ein Mann, ein einziger Mann, sie als Kanonenfutter einsetzte: Richard Stirling.
    Mühsam zwang ich meine Gedanken wieder in die Gegenwart zurück. Jonas hatte inzwischen die Tränen weggeblinzelt und beschrieb gerade, welches Gemetzel ich angerichtet hatte.
    »… die Humvees völlig zerstört. Keine Ahnung, wie sie das gemacht haben. Absolut sagenhaft. Stell dir vor, wie das wohl ist! Nur indem man etwas anschaut …«
    Ja, genau. Wie das wohl ist? Ich trank meinen Kaffee.
    »Aber wir

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