Kein Biss unter dieser Nummer
soll. Betsy hat meine Mutter in dem Wissen getötet, dass mir kaum etwas anderes übrig bleiben würde, als ihren Platz einzunehmen. Ich wollte, dass sie mit eigenen Augen sieht, in welche Lage sie mich damit gebracht hat. Die Bewohner der Hölle werden mehr Angst vor ihr haben als sie vor ihnen. Ich hole sie bald wieder zurück.«
»Oh.« Jessica rieb Baby Jons Rücken; das Kind war etwa zu dem Zeitpunkt eingeschlafen, als Tina ihre Enthauptung erwartet hatte. »Das ist für mich in Ordnung, denke ich. Es ist ja nicht so, dass Bets nicht auf sich aufpassen kann. Dennoch war es ein beschissener Schachzug von dir.«
»Sag nicht ›beschissen‹ vor dem Baby!«, schalt Marc. Er zog etwas aus seiner Parkatasche. »Und iss das hier!«, fuhr er fort, während er ihr einen Erdbeerjoghurt und einen Plastiklöffel reichte.
»Du bist zu einem wandelnden Kühlschrank mutiert«, stellte Detective Berry fest. Und damit hatte er recht. Marc hatte mehr als einmal gesagt, dass er die Kälte nicht mehr spürte. Dennoch trug er einen wetterfesten Parka in der Farbe von zerdrückten grünen Oliven, den er von seinem Vater geerbt hatte und der reichlich mit Taschen ausgestattet war, nach Sägespänen und Federn roch und einen erstklassigen Kühlakku abgab.
»Wie ich schon sagte, ich habe eine gewisse Ahnung, warum Jessicas Schwangerschaft so seltsam ist. Aber …«
»Was?«, fragte Jess.
»Ich will nicht darüber sprechen, solange sie hier sind.« Laura deutete auf Jessica, Marc, Tina, Dick und (wie bitte?) mich.
»Oh, das sehe ich anders. Du kannst es mir genauso gut gleich sagen. Sind es gute Nachrichten, ist alles prima, und sind es schlechte Nachrichten, dann müssen sie sogar davon erfahren, denn aus irgendeinem Grund sind sie …« – Dr. Taylor deutete auf unsere kleine Gruppe – »… sich des Problems überhaupt nicht bewusst.«
»Was soll das heißen?«, fragte ich scharf. »Ich bestehe darauf, dass du mich unverzüglich über diese schlechten Nachrichten informierst, Laura.«
»Weil Betsy am Zeitstrom herumgepfuscht hat, ist Jessica jetzt mit allen Babys, die sie möglicherweise in ihrem Leben empfängt, gleichzeitig schwanger.«
»Wovon zur Hölle redest du da?«, blaffte ich den Antichristen an und erschrak darüber beinahe so sehr wie die anderen im Raum. »Äh … ich bitte um Verzeihung. Offensichtlich macht sich bei mir der Stress bemerkbar.«
Ausgerechnet der Antichrist lächelte mich an. »Keine Sorge. Betsy geht es gut. Und Jessica geht es auch gut. Es ist alles nicht so schlimm, wie du denkst.«
Absurderweise tröstete mich der Gedanke. Noch etwas hatte ich über die Zugehörigkeit zu einer Familie vergessen: Unter Familienmitgliedern konnte man alle Vorsicht fallen lassen und sich so geben, wie man sich fühlte. Ich war nur aus der Übung.
27
»Das klingt jetzt dämlich, aber mir ist eben erst klar geworden, dass an Jessicas Schwangerschaft irgendetwas faul ist.«
»Dämlich ist, dass du mir das erzählst.«
»Ja, zugegeben. Tu einfach so, als würde es dich interessieren, okay? Meine Freunde stehen mir im Moment leider nicht zur Verfügung.« Ich deutete auf den Höllennebel. »Deshalb musst du jetzt als meine Denkhilfe herhalten.«
»Oh, Teufel, hilf, ich habe ganz bestimmt nichts in meinem Leben getan, womit ich diese Folter verdient hätte!«, murmelte Ant, doch sie bedeutete mir mit einer ungeduldigen Geste, dass ich loslegen soll.
»Hör auf, den Teufel anzuflehen! Das ist gruselig. Also, ehe Laura und ich unsere lächerliche Version der
Zurück in die Zukunft
-Filme ohne das coole Auto und den ganzen Zukunfts-Schnickschnack aufgeführt haben, war Jessica nicht schwanger und hatte sich von ihrem Freund getrennt. Dann kommen wir zurück, und plötzlich läuft sie mit Kugelbauch herum, und der Typ, der jetzt auch nicht mehr Nick heißt, liebt sie und lebt in der Villa mit uns. Glücklich bis an ihr Lebensende, richtig?«
»Und?«
»Und niemand weiß, wann sie überhaupt schwanger geworden ist. Niemand kennt ihren errechneten Entbindungstermin. Nick nicht und Jess auch nicht. Es ist eine Sache, wenn ich nichts darüber weiß, aber es ist schon ziemlich seltsam, dass Jess ebenso ahnungslos ist. Sie war kein einziges Mal beim Arzt. Und sie ist kein bisschen besorgt. Auch die anderen haben sich keine Gedanken darüber gemacht. Ich ebenfalls nicht.«
»Bis du hierherkamst, richtig?«
»Richtig!« Ich packte sie am Arm, lockerte jedoch meinen Griff, als sie zusammenzuckte. »Woher weißt du
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