Kein Biss unter dieser Nummer
können, das ich mir selbst nicht eingestehen wollte? Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe es ihm nie erzählt.«
»Na, jetzt weiß er es aber, oder?« Ich sah mich im Höllennebel um, als erwartete ich, ihn jeden Augenblick auf uns zuschlendern zu sehen.
»Er ist auch nicht hier«, antwortete sie, und das schloss mir den Mund.
Jedoch nicht lange. Ich spürte, dass Ant nicht mehr über diese Sache sprechen wollte. Bedauerlicherweise gab es nicht so viele andere Dinge, über die wir diskutieren konnten. Sollten wir uns über die Gefahren des Ozonlochs unterhalten? Oder ob Peeptoe-Pumps im Frühjahr in Mode sein würden? (Nie und nimmer.)
»Okay, möglicherweise ist das meine letzte Bemerkung darüber, dass Scheinheiligkeit falsch ist, danach können wir von mir aus das Thema wechseln.«
»Prima«, meinte sie säuerlich.
»Lassen wir deine sogenannte Familienschande einmal beiseite und kommen auf das zurück, was du über ›diese Leute‹ gesagt hast. Jessicas Eltern setzen Afroamerikaner in kein schlechtes Licht. Vielmehr setzen sie Arschlöcher, die ihre eigenen Kinder vergewaltigen, in ein schlechtes Licht. Ich meine, sogar unter den inzestuösen Arschlöchern, die ihre eigenen Kinder vergewaltigen, sind sie wirklich das Allerletzte.«
»Das stimmt.« Und sie lächelte mich tatsächlich an – es war ein echtes Lächeln. Sie war wirklich hübsch, wenn sie sich nicht so angestrengt darum bemühte, nett zu wirken. Ich war so von der Rolle über diesen ungewohnt großherzigen Gedanken, dass ich ihr Lächeln erwiderte.
26
»Was denn? Was?« Ich war umringt von schrill kreischenden Krähen, die mit ihren Schreien und aufgeregtem Gefuchtel den Raum erfüllten. Ah … nein. Das war unhöflich. Ich war umringt von meiner Schwiegermutter, der besten Freundin meiner Königin und meiner Schwägerin. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich von drei Frauen, die so viel kleiner und schwächer waren als ich, derart in die Ecke gedrängt fühlen konnte. »Das kann euch doch nicht neu sein. Natürlich fürchte ich die Königin. Deshalb ist sie ja die Königin.«
»Junger Mann, Liebe hat doch nichts mit …«
»Wir leben schließlich nicht mehr im neunzehnten Jahrhundert, du Trot… Moment, wann bist du noch mal geboren?«
»Seht ihr? Seht ihr? Meine zwiespältigen Gefühle gegenüber Betsy sind völlig gerechtfertigt! Selbst der König der Vampire hat Angst vor ihr!«
Ich hob abwehrend die Hände, eine Geste, die sie beschwichtigen sollte. Ich hatte keine Zeit, mich mit einem zänkischen Mob einzulassen. Und wenn dieser Mob aus Frauen bestand, fürchtete ich das Gezänk erst recht. »Würde es euch beruhigen, wenn ich euch sage, dass ich sie in einer liebevollen Weise fürchte?«
»Nein!«, kreischte Jessica.
»Also, mich beruhigt das schon«, gab Dr. Taylor zu.
»Eric Sinclair!« Meine Schwägerin schrie fast. Sie fuhr sich mit den Händen durchs Haar und schüttelte den Kopf. Sie sah ziemlich derangiert aus. »Dein Eingeständnis, dass du die Vampirkönigin fürchtest, hat mich zu Tode erschreckt! Und deine letzte Bemerkung macht es auch nicht gerade besser! Im Gegenteil, am liebsten würde ich sie für immer dort lassen, wo sie jetzt ist!«
»Ah. Gut, dass du darauf zu sprechen kommst!« Ich zog meinen Mantel aus, faltete ihn zusammen und legte ihn über die Rückenlehne eines Küchenstuhls. Ich wusste zwar nicht genau, was als Nächstes passieren würde, doch ich wollte sichergehen, dass ich mich uneingeschränkt bewegen konnte. »Ich bestehe darauf, dass du meine Königin unverzüglich zurückholst.«
»Vielleicht hat er ja das Geprügelte-Ehemann-Syndrom. Sie misshandelt ihn, aber er liebt sie trotzdem«, flüsterte Jessica Dr. Taylor zu. »Sinclair hat das Stockholm-Syndrom.«
Ich unterdrückte ein Schnauben. Laura saß immer noch am Tisch, die Hände auf die Keramikplatte gelegt, und starrte mich finster an. Sie sah gleichermaßen wütend, besorgt und abwehrend aus. »Wo ist sie? Und wie willst du sie zu mir zurückbringen?«
»Zu uns«, korrigierte Jessica. Als wir sie anblickten, zuckte sie mit den Schultern. »Von mir aus. Zu ihm. Auch gut.«
»Ich dachte, du würdest die Ruhe und den Frieden genießen«, murmelte Laura.
Ich blickte so lange schweigend auf sie herab, bis sie meinen Blick erwiderte. »Ja, aber das spielt keine Rolle. Du hast mir das genommen, was ich am meisten liebe. Ohne sie kann ich nicht überleben. Du tötest mich. Verstehst du? Du bringst mich um.« Ich sah sie an,
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