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Kein böser Traum

Kein böser Traum

Titel: Kein böser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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eher gelangweilt. Sie behielt ihren Gameboy in der Hand. Normalerweise hätte Grace protestiert – Gameboys waren nur im Auto erlaubt, besonders wenn die Alternative Spiele an der frischen Luft waren –, aber wieder einmal schien für Prinzipienreiterei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.

    Grace legte die Hand schützend über die Augen, als die beiden losliefen. »Ich kann sie doch hier nicht allein lassen.«
    »Mrs. Alworth wohnt gleich dort drüben«, sagte Duncan. »Wenn wir draußen vor der Tür bleiben, behalten wir sie im Auge.«
    Sie gingen auf den Eingang im Erdgeschoss zu. Auf dem Spielplatz war es ruhig. Es regte sich kein Lüftchen. Grace atmete tief ein. Es roch nach frisch gemähtem Gras. Sie standen Seite an Seite, sie und Duncan. Er klingelte. Grace wartete und fühlte sich wie eine Zeugin Jehovas.
    Eine knarzige Stimme, einer Hexe aus einem alten Disney-Film nicht unähnlich, ertönte: »Wer ist da?«
    »Mrs. Alworth?«
    »Wer ist da?«, schnarrte es erneut.
    »Ich bin es, Scott Duncan, Mrs. Alworth.«
    »Wer?«
    »Scott Duncan. Wir haben vor gar nicht langer Zeit miteinander gesprochen. Über Ihren Sohn, Shane.«
    »Gehen Sie weg! Ich habe Ihnen nichts zu sagen.«
    »Wir bräuchten Ihre Hilfe. Dringend.«
    »Ich weiß nichts. Gehen Sie!«
    »Bitte, Mrs. Alworth. Ich muss mit Ihnen über Ihren Sohn reden.«
    »Ich habe schon alles gesagt. Shane lebt in Mexiko. Er ist ein guter Junge. Er hilft den Armen.«
    »Wir brauchen Auskünfte über einige seiner Freunde von früher.« Scott Duncan sah Grace an, nickte ihr aufmunternd zu.
    »Mrs. Alworth«, begann Grace.
    Die kratzige Stimme klang jetzt vorsichtiger. »Wer sind Sie?«
    »Ich bin Grace Lawson. Ich glaube, Ihr Sohn hat meinen Mann gekannt.«
    Schweigen. Grace wandte sich von der Tür ab und beobachtete Max und Emma. Max war auf der Rutschbahn. Emma saß im Schneidersitz daneben und spielte auf ihrem Gameboy.

    Durch die Tür fragte die Stimme: »Wer ist Ihr Mann?«
    »Jack Lawson.«
    Nichts.
    »Mrs. Alworth?«
    »Kenne ich nicht.«
    »Wir haben ein Foto«, sagte Scott Duncan. »Wir würden es Ihnen gern zeigen.«
    Die Tür wurde geöffnet. Mrs. Alworth trug ein Hauskleid, das mindestens aus der Zeit vor der Invasion in der Schweinebucht stammen musste. Sie war Mitte siebzig, kräftig gebaut, die Sorte mollige alte Tante, in deren Umarmung man förmlich versinkt. Als Kind hasst man diese Art körperlicher Vereinnahmung. Als Erwachsener sehnt man sich danach. Sie hatte ausgeprägte Krampfadern. Auf ihrem enormen Busen schaukelte eine Lesebrille an einer Kette. Sie roch nach Zigarettenrauch.
    »Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit«, erklärte sie. »Zeigen Sie mir das Foto!«
    Scott Duncan reichte ihr den Abzug.
    Lange sagte die alte Frau kein Wort.
    »Mrs. Alworth?«
    »Warum hat jemand die hier ausgestrichen?«, fragte sie.
    »Sie war meine Schwester.«
    Sie warf ihm einen hastigen Blick zu. »Sagten Sie nicht, Sie seien von der Staatsanwaltschaft?«
    »Bin ich auch. Meine Schwester wurde ermordet. Ihr Name war Geri Duncan.«
    Mrs. Alworth wurde leichenblass. Ihre Unterlippe zitterte. »Sie ist tot?«
    »Ermordet. Vor 15 Jahren. Erinnern Sie sich an sie?«
    Mrs. Alworth schien völlig die Fassung zu verlieren. Sie wandte sich an Grace und keifte: »Worauf starren Sie da eigentlich dauernd?«
    Grace hatte sich zu Max und Emma umgewandt. »Auf meine
Kinder.« Sie deutete zum Spielplatz hinüber. Mrs. Alworth folgte ihrem Blick. Sie erstarrte. Sie schien in Gedanken verloren, völlig verunsichert.
    »Haben Sie meine Schwester gekannt?«, wollte Duncan wissen.
    »Was hat das mit mir zu tun?«
    »Ja oder nein? Kannten Sie meine Schwester?« Duncans Stimme war streng geworden.
    »Ich erinnere mich nicht. Ist lange her.«
    »Ihr Sohn war eng mit ihr befreundet.«
    »Er ist mit ’ner Menge Mädels gegangen. Shane war ein hübscher Junge. Genau wie sein Bruder Paul. Der ist Psychologe in Missouri. Warum lassen Sie mich nicht in Ruhe? Reden Sie mit ihm.«
    »Bitte denken Sie nach.« Scott wurde lauter. »Meine Schwester ist ermordet worden.« Er deutete auf Shane Alworth auf dem Bild. »Das ist doch Ihr Sohn, Mrs. Alworth?«
    Sie starrte lange auf das seltsame Foto. Dann nickte sie.
    »Wo ist er?«
    »Hab ich doch schon gesagt. Shane lebt in Mexiko. Er hilft den Armen.«
    »Wann haben Sie zum letzten Mal mit ihm gesprochen?«
    »Vergangene Woche.«
    »Hat er Sie angerufen?«
    »Ja.«
    »Wo?«
    »Was meinen Sie mit ›Wo‹?«
    Scott Duncan trat einen

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