Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Durcheinander

Kein Durcheinander

Titel: Kein Durcheinander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
dessen Wände hätten bersten mögen. Nur die wenigen, für die europäischen Abgesandten bestimmten und mit einer Schranke umgebenen Plätze waren noch frei. Mindestens mußte diesen Herren doch die Möglichkeit geboten sein, den Phasen der Versteigerung genau folgen und ihre Gebote abgeben zu können.
    Hier saßen also Erik Baldenak, Boris Karkof, Jakob Jansen, Jan Harald und Major Donellan nebst seinem Secretär Dean Toodrink. Sie bildeten eine dichte Gruppe, die mit den Ellenbogen aneinander stieß, wie zur Sturmcolonne angetretene Soldaten. Man hätte ja auch mit Recht sagen können, daß sie zum Sturmlauf auf den Nordpol bereit waren.
    Von Seiten Amerikas zeigte sich Niemand außer dem Stockfischagenten, dessen sehr gewöhnliches Gesicht die größte Indifferenz erkennen ließ. Unzweifelhaft schien er unter allen näher Betheiligten am wenigsten erregt und dachte wahrscheinlich auch jetzt mehr an die Verwerthung der Ladungen, welche er mit den von Neufundland abgesegelten Schiffen erwartete.
    Am lebhaftesten wurde die Neugier der Allgemeinheit gereizt von der Frage, welche Geldleute hinter diesem hausbackenen Manne stecken möchten, der in der nächsten Minute vielleicht so und so viele Millionen in die Wagschale werfen würde.
    In der That konnte Niemand ahnen, daß J. T. Maston und Mrs. Evangelina Scorbitt bei dieser Sache die Hand im Spiele hatten. Wie hätte man das auch errathen sollen? Beide waren zwar mit anwesend, jedoch verloren in der Menge, ohne specielle Plätze, nur umgeben von einigen der hervorragendsten Mitglieder des Gun-Club (Kanonen-Clubs), den Collegen J. T. Maston’s. Wie andere einfache Zuschauer, schienen auch sie völlig uninteressirt bei dem erwarteten Vorgange zu sein. William S. Forster sah überdem aus, als ob er sie nicht einmal kenne.
    Es versteht sich von selbst, daß hier – entgegen den Gepflogenheiten in den Auctionslocalen – das Verkaufsobject dem Publikum nicht zur Ansicht und Prüfung vorgelegt werden konnte. Man konnte den Nordpol doch nicht von Hand zu Hand gehen, von allen Seiten betrachten, mit der Loupe untersuchen und mit dem Finger abreiben lassen, um festzustellen, ob seine Patina echt oder künstlich sei, wie die eines antiken Schmuckstückes. Und antik war er gewiß – mehr als das Eisen-, das Bronze-und das Steinalter, denn er datirte ja vom Anfange der Welt her.
    Wenn der Pol indeß im Bureau des vereidigten Auctionators nicht selbst vorlag, so zeigte doch eine große, für die Nächstbetheiligten durch ihre abstechenden Farben leicht erkennbare Wandkarte die Gestaltung der arktischen Regionen. Siebzehn Grade über dem Polarkreise umgrenzte eine sehr in die Augen fallende rothe Linie, entsprechend dem vierundachtzigsten Breitengrade, den Theil des Erdballs, dessen Versteigerung die »
North Polar Practical Association
« veranlaßt hatte. Wohl machte es den Eindruck, als ob dieses Gebiet von einem recht stark eisüberpanzerten Meere eingenommen wäre, doch das war ja die Sache der Ersteher desselben. Mindestens waren sie dann über die Natur des Kaufgegenstandes nicht getäuscht worden.
    Schlag zwölf Uhr trat der vereidigte Auctionator, Andrew R. Gilmour, durch eine kleine, in der Holztäfelung der Hinterwand ausgesparte Thür und nahm an seinem Pulte Platz. Bereits trottete sein Ausrufer, Flint mit der Donnerstimme, gleich einem unbeholfenen Bär im Käfige, schwerfällig an der Schranke, die das Publicum zurückhielt, auf und ab. Beide schmunzelten innerlich bei dem Gedanken, daß dieses »Geschäftchen« ihnen enorme Percente einbringen müsse, die sie mit Vergnügen in ihre Tasche versenken würden. Selbstverständlich erfolgte dieser Verkauf gegen »Baar«,
cash
, wie der amerikanische Ausdruck dafür lautet. Der Ertrag, so bedeutend er auch sein mochte, sollte unverkürzt in die Hände der Abgesandten derjenigen Staaten fließen, welche den Zuschlag nicht erhalten hatten.
    In diesem Augenblicke verkündete die Glocke des Saales mit lautem Schlage auch der Außenwelt – hier lassen sich mit Recht die Worte »
urbi et orbi
« anwenden – daß die Versteigerung ihren Anfang nehme.
    Das war einmal ein feierlicher Moment! Alle Herzen klopften lauter, hier wie in der ganzen Stadt. Von der Bolton-Street und den Nachbarstraßen her drang, durch die Volkswogen sich fortwälzend, ein Rauschen und Tosen bis in den Saal.
    Andrew R. Gilmour mußte warten, bis dieses vieltausendfache Geräusch sich allmählich gelegt hatte, ehe er das Wort nehmen konnte.
    Dann

Weitere Kostenlose Bücher