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Kein Engel so rein

Kein Engel so rein

Titel: Kein Engel so rein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Schauspieler austricksen konnte.

15
    Bosch trank auf der hinteren Terrasse ein Bier. Er hatte die Schiebetür offen gelassen, damit er Clifford Brown auf der Anlage hören konnte. Vor fast fünfzig Jahren hatte der Trompeter eine Handvoll Platten aufgenommen und war dann bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Bosch dachte an die ganze Musik, die verloren gegangen war. Er dachte an junge Knochen in der Erde und was verloren gegangen war. Und dann dachte er an sich selbst und was er verloren hatte. Irgendwie hatten sich der Jazz und das Bier und die trostlose Stimmung, in die ihn der Fall versetzte, in seinem Kopf vermengt. Er war seltsam unruhig, als übersähe er etwas, was sich direkt vor seiner Nase befand. Für einen Polizisten war das so ziemlich das schlimmste Gefühl überhaupt.
    Um elf Uhr ging er ins Haus und stellte die Musik leiser, um sich auf Channel 4 die Nachrichten anzusehen. Judy Surtains Bericht war der dritte Beitrag nach der ersten Werbeunterbrechung. Der Moderator sagte: »Neue Erkenntnisse im Laurel-Canyon-Knochenfall. Wir schalten zu Judy Surtain vor Ort.«
    »Ach du Scheiße«, brummte Bosch, dem diese Einleitung gar nicht gefiel.
    Es folgte eine Live-Einspielung von Surtain in der Wonderland Avenue. Sie stand am Straßenrand vor einem Haus, in dem Bosch das von Trent wiedererkannte.
    »Ich bin hier in der Wonderland Avenue in Laurel Canyon, wo vor vier Tagen ein Hund einen Knochen nach Hause gebracht hat, der laut Aussagen der Polizei von einem Menschen stammt. Bei einer daraufhin durchgeführten Suchaktion wurden weitere Knochen gefunden, die einem Jungen gehören, der nach Auffassung der Polizei vor mehr als zwanzig Jahren ermordet und verscharrt wurde.«
    Boschs Telefon begann zu läuten. Er nahm es von der Lehne des Fernsehsessels und meldete sich, sagte aber sofort: »Augenblick«, und hielt das Telefon an seine Seite, um sich weiter die Nachrichtensendung anzusehen.
    Surtain auf dem Bildschirm fuhr fort: »Heute Abend kehrten die für den Fall zuständigen Ermittler in die Wonderland Avenue zurück, um mit einem Anwohner zu sprechen, der keine hundert Meter von der Stelle entfernt wohnt, an der die Leiche des Jungen vergraben wurde. Dieser Anwohner ist Nicholas Trent, ein siebenundfünfzigjähriger Filmrequisiteur.«
    Nun folgte ein Schnitt auf eine Filmaufnahme von Bosch, wie er von Surtain befragt wurde. Aber sie diente nur als visuelles Füllmaterial, denn Surtain fuhr aus dem Off fort:
    »Die Ermittler wollten sich nicht zu den Gründen für Trents Vernehmung äußern, aber Channel Four hat in Erfahrung gebracht …«
    Bosch ließ sich in den Sessel plumpsen und wappnete sich für das Kommende.
    »… dass Trent schon einmal wegen sexueller Belästigung eines kleinen Jungen verurteilt wurde.«
    Dann wurde der Ton des auf der Straße geführten Interviews hochgefahren, und zwar an der Stelle, als Bosch sagte: »Und das ist wirklich alles, was ich Ihnen sagen kann.«
    Als Nächstes wurde eine Videoaufnahme von Trent eingeblendet, wie er in der Tür seines Hauses die Kamera fortwinkte und die Tür schloss.
    »Trent wollte keinen Kommentar zu seiner Rolle in dem Fall abgeben. Aber die Nachbarn in dieser sonst so ruhigen Wohngegend zeigten sich bestürzt, als sie von Trents Vergangenheit erfuhren.«
    Nach einem Schnitt auf ein Interview mit einem Anwohner, in dem Bosch Victor Ulrich erkannte, schaltete Bosch mit der Fernbedienung den Ton aus und hob das Telefon an sein Ohr. Es war Edgar.
    »Siehst du dir auch gerade diese Scheiße an?«, fragte er.
    »Allerdings.«
    »Wir stehen ganz schön blöd da. Es kommt so rüber, als hätten wir es ihr gesagt. Sie haben deine Bemerkung aus dem Zusammenhang gerissen, Harry. Deswegen kriegen wir sicher eine Menge Ärger.«
    »Also, du hast es ihr jedenfalls nicht gesagt, oder?«
    »Harry, du glaubst doch nicht im Ernst, ich würde –«
    »Natürlich glaube ich das nicht. Ich will es nur bestätigen. Du hast es ihr nicht gesagt, richtig?«
    »Richtig.«
    »Und ich auch nicht. Deshalb, klar, werden wir uns einiges anhören müssen, aber wir können nichts dafür.«
    »Na schön, wer wusste es sonst noch? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Trent es ihr erzählt hat. Jetzt wissen ungefähr eine Million Leute, dass er ein Kinderschänder ist.«
    Bosch überlegte. Die einzigen, die es wussten, waren Kiz Rider, die es mitbekommen hatte, als sie für ihn die Computerüberprüfung gemacht hatte, und Julia Brasher, der Bosch es erzählt hatte, als er die

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