Kein Entrinnen
Wegverzweigungen warfen Gipsstatuen von Theseus, Minos und Minotaurus wütende Blicke auf diejenigen, die sich bis dorthin vorgewagt hatten. Doch die drei Studenten liefen ohne jedes Zögern hindurch. Sie kannten den richtigen Weg auswendig. Boz erreichte das Zentrum des Labyrinths, eine Art kreisförmiger, rasenbedeckter Hof mit einem Wasserbecken in der Mitte. Er bemerkte einen Kreis aus Steinen und die verkohlten Reste eines Lagerfeuers.
»Ich vermute, dass ihr euch hier versammelt, um eure Kunststückchen vorzubereiten. Und natürlich kennt ihr ein unfehlbares Mittel, um im Fall einer unguten Überraschung von hier zu verschwinden.«
Die Jungen lächelten. Bei Liebermann und Marlowe, die von der Gegenwart des Riesen stärker eingeschüchtert waren als Oscar, fiel das Lächeln recht gequält aus.
»Selbstverständlich!«
Doch sie hüteten sich wohl, ihm ihren Geheimgang zu verraten.
Kurz darauf stieß ein vierter Junge zu ihnen. Macaulay Hornbill. Der rothaarige Junge, der zwei Tage in den unterirdischen Gängen umhergeirrt war. Seine Treue dem Klub gegenüber hatte ihn aus dem Stand zum Führungsmitglied gemacht.
Er stellte sich Boz vor und setzte sich auf eine Bank.
»Zum Glück hatte euer Professor Doyle keine Vorliebe für Dante«, sagte er. »Sonst gäbe es hier ein brackiges Wasserloch, das den Styx darstellen soll, oder Schreckensgestalten von Toten und Gespenstern, die in den Bäumen hängen!«
Der Scherz kam nicht an. »Genau, jetzt wollen wir über den Toten sprechen«, sagte Oscar Stapleton.
Ach! Der Tote.
Seitdem die Jungen ihm davon erzählt hatten, wollte auch Boz mehr davon hören.
Er stellte fest, dass der Anführer des Klubs ihm direkt in die Augen sah, während die drei anderen sich wanden und erheblich mehr herumdrucksten. Beeindruckt von ihrem Gast oder von etwas anderem …
In Wirklichkeit hofften alle, dass die FBI-Agenten bereit stünden, um einzugreifen.
»Nun erklärt mal. Welche Leiche?«, fragte der Schriftsteller.
Wie gewohnt ergriff Oscar im Namen aller das Wort.
»Vor etwas mehr als vier Monaten spielte sich etwa zehn Kilometer entfernt von hier auf einer Autobahnbaustelle eine seltsame Geschichte ab. Wir hörten in der Nacht einen Hubschrauber der Staatspolizei und am nächsten Tag gingen wir dorthin, um nachzusehen.«
»Und dann?«
»So weit man sehen konnte, wimmelte es von Cops. Aber weder damals noch später stand je ein Wort davon in der Zeitung. Es kursierten nicht einmal Gerüchte in der Gegend, um zu erklären, was passiert war. Schließlich sind wir in den Wald zurückgegangen. Und auf dem Rückweg sind wir auf ein Indiz gestoßen, das Patrick Turd hinterlassen hatte.«
Das ließ Boz zusammenzucken. Der Schachzug Stapletons und seine Wirkung war mit Frank Franklin perfekt vorbereitet worden. Den Namen sagen. Den Namen des Komplizen aussprechen. Das gewagte Manöver verfehlte nicht seine Wirkung.
»Was für ein Indiz?«
»Eine Visitenkarte. Mit Turds Namen, sie hing in Augenhöhe aufgespießt an einem Ast. Es war ein wenig Blut daran.«
Boz hüllte sich in Schweigen. Nach außen hin scheinbar ungerührt umkrampfte seine rechte Hand die zusammengeballte linke. Mit zusammengebissenen Kiefern fixierte er den jungen Oscar, als ob die anderen, ja die ganze Welt nicht mehr existierten und jede Bedeutung verloren hätten angesichts dessen, was der Junge gerade erzählte.
»Erzähl weiter«, forderte er ihn auf.
»Es gab Spuren einer Verfolgungsjagd im Wald. Der Kerl versuchte offenbar, vor etwas oder jemandem zu fliehen. Und er wollte, dass man davon erfuhr oder dass man ihn fand … Für den Fall, dass die Sache ein schlechtes Ende nähme. Das erklärt die zurückgelassene Karte.«
Boz biss sich auf die Innenseite der Wangen.
»Habt ihr dieses Indiz der Polizei gezeigt?«, fragte er.
Oscar lachte laut auf und blickte seine Freunde an. Als wollte er sie aufmuntern und zu mehr Beteiligung und Engagement motivieren.
»Keinesfalls! Es war zu schön. Stellen Sie sich bloß vor! Wir hatten einen großartigen Artikel in der Hand, einen Knüller für die Zeitung von Durrisdeer! Etwas, wodurch man in ganz Neuengland über uns reden würde. Vielleicht sogar im ganzen Land. Nein, wir wollten niemanden einweihen, bevor wir nicht mehr darüber wussten.«
Boz gab keinen Kommentar dazu ab. Er fragte: »Und danach?«
»Und danach, nichts. Drei Wochen lang. Bis Liebermann hier …«
Er wies auf seinen Freund, der ein gezwungenes Lächeln aufsetzte.
»… bis er die
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