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Kein Entrinnen

Titel: Kein Entrinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou
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Farthview Woods in der Nähe von Durrisdeer gefunden hatte.
    »Da sind sie, Chefin!«
    Patricia war in Begleitung zweier neuer Mitarbeiter des Büros. O’Rourke und Colby waren in Durrisdeer geblieben, um Boz zu überwachen.
    Sie hob den Kopf. Wirklich blieb ein beigeblauer Ford Taunus Baujahr 1989 in der Auffahrt der Turds stehen.
    »Sie kommen aus dem Krankenhaus«, fügte der Fahrer hinzu.
    Der Mann stieg als Erster aus, öffnete den Kofferraum des Autos und holte einen Rollstuhl hervor, den er sodann auseinanderklappte. Dann stützte er seine Frau Adelia, damit sie sich hineinsetzen konnte. Sie konnte seit fünfunddreißig Jahren nicht mehr laufen. Beide waren schwarz gekleidet. Adelia weinte unablässig, ihr Gesicht war in ein Taschentuch vergraben. Sie kehrten von einem Besuch im Providence River Grand Hospital zurück, wo sie den Leichnam ihres Sohnes identifiziert hatten, den das FBI am Tag zuvor an die Leichenhalle übergeben hatte. Wie bei jeder »Rückgabe« der vierundzwanzig waren Zeitpunkt, Ort und Umstände der Entdeckung der Leiche vom FBI gefälscht worden, damit die Ermittlungen über die Toten vom 23. Februar nicht behindert wurden.
    Niedergeschlagen trat das Paar ins Haus.
    Patricia seufzte und sagte: »Also los.«
    Patrick Turd war am 25. August 1982 in Providence geboren worden. Sein Vater David führte in Plat Place, in der Nähe eines gigantischen Einkaufszentrums an der Peripherie von Pawtucket, eine Buchhandlung mit gebrauchten Büchern, die er von seiner Mutter geerbt hatte. Patricks Mutter Adelia arbeitete nicht. Sie war aufgrund einer schweren Kinderlähmung seit ihrer Jugend behindert. David und sie waren damals bereits zusammen gewesen. Sie hatten sich nie verlassen. Sie hatten ein hartes Leben gehabt, und abgesehen von dem bescheidenen Häuschen am Magdalena Drive, das ihnen Adelias Eltern überlassen hatten, besaßen sie nichts. Die spärlichen Einkünfte der Buchhandlung genügten kaum, um die Familie zu ernähren und das Benzin und die Versicherungen zu bezahlen. Daher war für Patrick ein Studium nie infrage gekommen. Für ein Stipendium waren seine Noten nicht gut genug. Mit siebzehn begann er eine Lehre in einer Druckerei. Danach trat er dem Heer der Buchhandelsvertreter bei. Er wurde Vertreter für ganz Neuengland. Mit einem klapprigen Auto übernahm er die »kleine Runde«, das heißt, er stellte die Neuerscheinungen in allen Kleinstadtbuchhandlungen bis in die gottverlassensten Nester vor. Überall traf er auf Unternehmen, die auf ebenso wackligen Beinen standen wie das seines Vaters. Daher wusste er, wie er mit ihnen reden musste und was er ihnen verkaufen konnte.
    Wo und wann war er in die Fänge von Ben O. Boz geraten? Das war es, was Patricia herausfinden wollte.
    David Turd, der Vater, öffnete ihnen die Tür.
    »FBI-Agentin Patricia Melanchthon«, stellte die Frau sich vor und zeigte ihre Marke. »Das ist gewiss nicht der richtige Moment, ich gebe es zu, aber wir müssen Ihnen einige Fragen über das Verschwinden Ihres Sohnes stellen. Wichtige Fragen. Um die Ermittlungen zu beschleunigen und herauszufinden, was hinter dieser Tragödie steckt.«
    Mit geröteten Augen und von Schlaflosigkeit gezeichnetem Gesicht rang sich der Vater schicksalsergeben ein gequältes Kopfnicken ab und ließ die drei Agenten eintreten.
    Adelia Turd starrte mit verlorenem Blick ins Leere und sah sie näher kommen, ohne dass sich der geringste Ausdruck auf ihrem Gesicht zeigte. Sie wirkte winzig in ihrem eisernen Rollstuhl. Beinahe wie ein Kind.
    Die Turds hatten sich bei früheren Vernehmungen durch Beamte des Reviers von Rhode Island wenig kooperativ gezeigt. Erst eineinhalb Monate nach dem Tod ihres Sohnes hatten sie ihn vermisst gemeldet und eine Anzeige aufgegeben. Beide Eltern waren überzeugt, dass Patrick irgendwohin an die Westküste gezogen war und es nur unterlassen hatte, sie davon zu unterrichten. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass er tot sein könnte. Sobald die Polizisten diese Hypothese andeuteten, wurden die Turds verschlossen und gaben kein Wort mehr preis.
    Heute würde das bestimmt anders sein, und Melanchthon wollte sich den Schock zunutze machen.
    »Ihr Sohn wurde erwürgt und zu Tode geprügelt«, sagte sie. »Wir haben nur sehr spärliche Hinweise und wissen nur wenig über sein Leben … Wir wissen nicht genug, um Verbindungen herzustellen … Wenn Sie wollen, dass wir die Wahrheit herausfinden, dann müssen Sie mit uns reden.«
    David schüttelte den Kopf.
    »Was

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