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Kein Entrinnen

Titel: Kein Entrinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou
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sie dann ein weißes Eingangsportal. Eine hohe und mächtige Mauer unterstrich die Größe des Anwesens. Und seinen Preis. Mit Sicherheit kilometerweit das wertvollste. In dieser Gegend sah man ansonsten nichts als vergitterte Einfriedungen, Farmgebäude, verlassene Häuser und Ähnliches. Ein Teil der Bevölkerung war ausgewandert, der andere gealtert.
    Sheridan rollte langsam vor dem Tor zur Nummer 3193 vorbei. Er hatte eine Überwachungskamera entdeckt. Er fuhr an der Mauer entlang. Die Größe des Parks verwirrte ihn ein wenig.
    »Wenn er hinter diesen Mauern lebt, hat Boz noch andere Einkünfte als die seiner Bücher«, stellte Sheridan fest.
    Franklin erinnerte ihn an die Worte des Verlegers Paul Saunday in New York: Der Schriftsteller war stinkreich.
    »Aber wie finden wir heraus, ob er wirklich hier lebt?«
    »Ich habe da eine Idee«, antwortete der Professor.
    Er bat Sheridan, ins Stadtzentrum zu fahren. Das Stadtzentrum von Dovington bestand aus einer Geschäftsstraße. Der Professor ließ Sheridan anhalten, als er ein Geschäft entdeckte, das unter anderem als Buchhandlung fungierte.
    Drinnen steuerte er auf die Bücherabteilung zu. Beim Buchstaben B zeigte Frank auf die Gesamtausgabe von Boz’ Werken auf dem Regal.
    »Dieses Zeichen trügt nicht«, sagte er. »Boz verkauft fast nichts, wissen Sie. Sie hätten die größten Schwierigkeiten, in den Buchhandlungen des Landes ein oder zwei Bücher aufzutreiben. Aber hier?«
    Mehr als zwanzig Titel.
    »So ist es immer, wenn ein Autor, eine Berühmtheit, in der Gegend wohnt. Die Bevölkerung ist stolz darauf. Ich möchte wetten, dass er die Bücher handschriftlich signiert hat.«
    Er schlug ein Buch auf. Er hatte Recht gehabt.
    »Boz lebt hier!«
    »Gut erkannt, Franklin!«
    Über dem Buchhändler-Krämer-Schlosser, der hinter der Kasse saß, kündigte ein schwarzes Schild die vor dem Sommer zu erwartenden Neuerscheinungen an. Franklin und Sheridan lasen in Großbuchstaben die Vorankündigung von Boz’ neuem Roman: Der Kreis der Selbstmörder .
    »Soll ich den Verkäufer fragen, ob er eine Idee hat, worum es in dem Roman geht?«, schlug der Professor vor. »Er kennt den Autor bestimmt.«
    »Nein. Wir wollen nicht auffallen.«
    Zwei Unbekannte konnten in Dovington nicht unbemerkt bleiben, und die Neuigkeit würde in diesem Kaff binnen weniger Minuten die Runde machen.
    Sie verließen die Buchhandlung und hielten wie Touristen vor jeder Kirche an. Die meisten Gebäudeteile und Fassaden waren noch aus Holz, aber sorgfältig gepflegt und gestrichen. Dovingtons Attraktion. Franklin und Sheridan erfuhren durch Tafeln für die Besucher, dass mehrere Kirchengründer des 19. Jahrhunderts hier einen spirituellen Rückzugsort gesucht hatten. Das Tal war damals wegen seiner Abgeschiedenheit und seiner »göttlichen Ausstrahlung« sehr geschätzt gewesen. John Smith und Brigham Young hatten angeblich einen denkwürdigen Aufenthalt hier verbracht.
    Franklin fühlte sich plötzlich sehr angespannt. Er war es gewohnt, sich Dinge beim Lesen oder Schreiben auszumalen, jetzt aber wurde das, was er in den letzten Stunden geträumt hatte, allmählich konkrete Realität. Es »trat« in sein Leben ein. Wie eine Romanfigur, die auf seltsame Weise mit der Wirklichkeit konfrontiert wird.
    Die beiden Männer in ihrem Oldtimer hatten wieder in der Straße von Boz’ Anwesen angehalten, nachdem sie sich vergewissert hatten, dass niemand sie beobachtete.
    »Vergessen Sie nicht«, mahnte Sheridan, »ich bitte Sie nur, mir bei der Aufklärung des Rätsels der vierundzwanzig Toten zu helfen. Es ist nur ein Bestätigungsversuch. Sie hören auf, sobald Sie wollen.«
    Franklin umklammerte einen Packpapierumschlag auf seinen Knien. Er trommelte nervös darauf herum.
    Der Polizist öffnete seine Wagentür.
    Sie näherten sich dem weißen Portal. Sheridan blieb etwa fünfzig Meter davor stehen.
    »An der Mauer ist eine Kamera«, erinnerte er ihn. »Boz darf nichts von meiner Anwesenheit ahnen.«
    Der Professor erreichte das Tor. Überrascht stellte er fest, dass es keine Sprechanlage und keine Klingel gab. Abgesehen von der Kamera, die der Colonel entdeckt hatte, gab es in der Mauer nur einen Schlitz für die Post. Franklin ließ den dicken Umschlag hineingleiten. Er warf noch einen Blick auf die Kamera, dann entfernte er sich.
    »Bevor wir wieder nach Concord zurückfahren, sollten wir versuchen, einen Blick ins Innere zu werfen«, sagte er, nachdem er wieder zu Sheridan gestoßen war. »Und sei

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