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Kein Entrinnen

Titel: Kein Entrinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou
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es nur ein flüchtiger.«
    Der Polizist musterte die Mauer. Sie war ohne Leiter eindeutig unüberwindbar. Die Idee, herumzuspionieren, behagte ihm nicht sonderlich. Er wollte kein vorschnelles Risiko eingehen.
    »Es ist zu früh«, sagte er.
    »Wir könnten sie wenigstens abschreiten«, schlug Franklin vor. »Weiter weg reicht der Wald bis an die Einfassungsmauer heran. Vielleicht finden wir dort einen Erdhügel oder einen Baumstumpf, von dem aus wir in aller Sicherheit hineinsehen können.«
    Sheridan stimmte einem Versuch zu. Es dauerte eine Weile, bis sie auf etwas stießen, das den Vorstellungen des Professors nahekam. Es war ein sehr steiler, bewaldeter Hang.
    »Das müsste gehen«, behauptete Franklin. »Von dort aus können wir uns mit etwas Glück vielleicht ein Bild von Boz’ Haus machen!«
    Sheridan spähte lange in alle Richtungen. Sie waren allein. Die Gegend verriet deutlich, dass niemand sich hierhin verirrte. Er wollte hinaufklettern, doch der Professor war ihm schon zuvorgekommen. Franklin klammerte sich an niedrige Äste, krallte seine Hände in die Erde und stieß sich mit den Beinen ab. Auf dem kleinen Hügel angekommen hob er den Kopf bis dicht unter den Mauerrand, um nicht gesehen zu werden.
    »Wie ich gesagt habe, Sheridan! … Das Haus! Ein Schlösschen. Es steht sogar gerade ein großer Typ draußen herum. Der mit drei Hunden spielt.«
    Sheridan ballte die Hände zu Fäusten.
    »Ich gehe zum Wagen zurück«, rief er aus. »Ich habe ein Fernglas und einen Fotoapparat im Kofferraum. Bleiben Sie in Deckung!«
    Abgesehen von dem Foto auf den Bucheinbänden seiner Romane, das seit fünfzehn Jahren unverändert war, wusste Sheridan nicht, wie Boz heute aussah.
    Er stürmte davon und war noch keine zwanzig Schritte gelaufen, als er hinter sich Kampfgeräusche hörte.
    Er drehte sich um und sah, wie Frank Franklin der Länge nach den Abhang hinabrollte. Ein gewaltiger Sturz. Sein Kopf knallte auf den Boden. Drei schwarz gekleidete Männer rannten ihm nach und packten ihn am Kragen. Franklin war bewusstlos.
    Plötzlich näherte sich auf der Straße ein dunkler Van, der aus dem Nichts aufgetaucht schien, und hielt auf ihrer Höhe.
    Das Ganze dauerte nur ein paar Sekunden. Der Van wendete und Sheridan stürzte auf das Fahrzeug zu, doch dann spürte er, wie eine Hand seinen Kiefer umklammerte und eine andere ihm den Arm auf den Rücken drehte. Trotz seiner physischen Kräfte gelang es ihm nicht, die Angreifer abzuschütteln, und er wurde, ohne den Boden zu berühren, von vier hünenhaften Gestalten weggetragen, deren Gesichter er nicht sehen konnte.
    Einen Augenblick später fand auch er sich in der Dunkelheit des Vans wieder, halb besinnungslos, konfus und ohne zu wissen, wohin man ihn brachte.
    Kurz darauf begann er mit Fäusten und Händen in der Dunkelheit zu trommeln. Seine Entführer antworteten mit keinem Wort und blieben im vorderen Teil des Fahrzeugs.
    Sie fuhren sehr lange so weiter.

8
    Ein glänzendes Schild mit der Reliefdarstellung eines Schwerts und einer vergoldeten Waage, darüber ein amerikanischer Adler mit weit ausgebreiteten Schwingen im Profil und mit der Inschrift DEPARTMENT OF JUSTICE auf der unteren Schildfläche wurde von einer Hand mit weißen Fingern gehalten und zog langsam unter Sheridans und Franklins Nase vorbei.
    Die beiden Männer saßen auf billigen Plastikstühlen, ihre Knie waren unter einem leeren schwarzen Resopaltisch verborgen. Drei Personen standen ihnen gegenüber. Eine Frau und zwei Männer.
    Sheridan verzog keine Miene. Franklins rechtes Schlüsselbein tat weh, er hatte sich noch nicht von der Entführung erholt und zappelte auf seinem Sitz herum. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hielt er sich den Arm.
    »Was haben Sie in Dovington getrieben?«, herrschte die Frau sie an. »Was für ein Spiel spielen Sie beide?«
    »Was für ein Spiel spielen Sie selbst?«, meldete sich Franklin unvermittelt vor Sheridan zu Wort. »Wer sind Sie?«
    Die Frau ließ ihre Marke in die Jacke ihres Kostüms gleiten und holte einen Lichtbildausweis hervor.
    FBI.
    »Special Agent Patricia Melanchthon, und neben mir …«
    Sie machte eine Kinnbewegung, um auf zwei Kerle zu deuten, die nie von ihrer Seite wichen.
    »… die Agenten Colby und O’Rourke. Sie werden in unserem Hauptquartier in Albany vernommen.«
    Weder das strenge anthrazitgraue Kostüm, das ihre Formen betonte, noch ihre langbeinige Gestalt, ihre langen blonden Haare oder ihr sinnlicher Mund schienen die männlichen

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