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Kein Entrinnen

Titel: Kein Entrinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou
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eine Brille. Dieser war hocherfreut über den Vorschlag des Verkäufers. Ohne zu zögern, probierte er die fünf Waffen durch, die zur Auswahl standen.
    Die ersten Schüsse erschreckten ihn. Er schoss weit am Ziel vorbei. Dann, vielleicht schneller als erwartet, begann er an dem Spiel Gefallen zu finden.
    Normalerweise genügte ihm, wenn er angespannt war, ein ordentliches Jogging oder eine Runde Boxen mit dem Sandsack, um sich zu entspannen. Nun entdeckte er völlig verblüfft, dass die bloße Tatsache, auf einen Abzug zu drücken und das Feuer zwischen seinen Fingern zu spüren, die gleiche Wirkung auf ihn ausübte. Beim Pistolenschießen konnte man sich unglaublich gut abreagieren, genauso wie durch körperliche Anstrengung. Seltsam. Er hatte soeben den Zauber der Waffen entdeckt. Und den Fluch, der damit einherging.
    Fukuyama sah ihm zu. Nach vierzig Minuten gelang es Franklin dreimal, mit allen Schüssen die Scheibe zu treffen.
    »Das beruhigt mich«, sagte der Waffenhändler.
    Frank stieg mit der Sig Sauer P220 und der KelTec P32 wieder in den Laden hoch.
    »Ich nehme diese beiden. Eine große und eine kleine. Sie erfüllen meine Zwecke.«
    »Zwei? Sie sind wohl sehr ›geladen‹, wie ich sehe.«
    Er war zum Sie zwischen Käufer und Verkäufer zurückgekehrt.
    »Ich habe Grund dazu, mir Rückendeckung zu verschaffen. Zu Hause und in meinem Auto.«
    Fukuyama wiederholte mit hochgezogenen Augenbrauen seinen Lieblingssatz: »Sie müssen selbst wissen, was Ihr Karma ist …«
    Franklin bezahlte die Rechnung, beinahe tausend Dollar, in bar.
    »Passen Sie auf«, warnte ihn der Verkäufer noch. »Das Gesetz ist tückisch. Sie haben das Recht, eine Waffe zu besitzen, aber nicht, sich damit zu bewegen. Erst recht nicht, wenn Sie Munition mit sich führen. Wenn Sie erwischt werden … haben Sie sie auf der Straße gefunden.«
    »Ich werd daran denken. Danke.«
    Und er verließ den Hunting Pond mit seinen Taschen und rechteckigen Kartons wie ein Kunde, der von seinem Schuhmacher kommt.
    Er kehrte ins Montego Hotel zurück.
    Mary war gerade wach geworden. Es war zehn Uhr. Sie nahmen ein kleines Frühstück im Hotelrestaurant ein, das ein wenig besser ausgestattet war als ihre nächtliche Unterkunft, und kehrten dann langsam im Auto nach Durrisdeer zurück.
    Sie setzte ihn bei sich zu Hause ab.
    Franklin versteckte die Waffen in seinem Käfer und in seinem Büro.
    Mary wiederum würde versuchen, ihren Eltern klarzumachen, dass sie verliebt war und sie ihre Meinung dazu nicht sonderlich scherte.
     
    Der Professor aus Durrisdeer traf mit einer kleinen Verspätung bei Miss Wang in der Kommandozentrale des FBI-Teams »The Last Word« ein. Doch es war nicht seine Verspätung, die Melanchthons Zorn erregte.
    »Was ist das für eine Geschichte, mitten in der Nacht zu verschwinden! Wohin sind Sie gefahren?«
    »Sie haben mir nicht gesagt, dass ich beschattet werde …«
    Sie breitete die Arme aus.
    »Mir scheint, das ist selbstverständlich! Wir beschützen Sie! Sie bewegen sich auf gefährlichem Terrain!«
    »Haben Sie vielleicht auch vergessen, mich darauf hinzuweisen, dass mein Haus abgehört wird? Zu meinem Schutz?«
    Die Frau war sprachlos.
    Ruhig fuhr er fort: »Seien Sie versichert, dass Sie nach wie vor auf meine bedingungslose Kooperation in dieser Sache mit Boz zählen können, aber nicht auf die Preisgabe meines Privatlebens. Mary und ich, das geht Sie nichts an.«
    Damit machte er sich auf den Weg zu seinen neuen Tests.
    Melanchthon widersprach ihm nicht.
    Sie verstand.
    In diesem Punkt war sie eine weibliche Polizistin und nicht nur ein Polizist.

14
    Ein Gewitter lag in der Luft. Der Himmel blieb trüb, zerrissen von kläglichen Aufhellungen. Der Wind blies flau, wie die Seeleute sagen; kraftlos fuhr er in das Tal von Dovington.
    Franklin stoppte seinen Käfer und stieg vor dem Portal von Ben O. Boz aus. Nichts hatte sich seit seinem Besuch mit Sheridan verändert, nur die Vegetation spross üppiger.
    Sein letztes Treffen mit Sheridan und Melanchthon hatte vor gerade einmal zwanzig Minuten in einem Imbiss in Chester-Chester Depot City, vierundzwanzig Kilometer entfernt stattgefunden. Die drei hatten aufgereiht an einem Tresen aus den fünfziger Jahren gesessen, ohne den Mund aufzumachen. Sie hatten sich damit begnügt, ihren Kaffee auszutrinken und mit den Blicken dem Minutenzeiger einer Wanduhr von Coca Cola zu folgen. Franklin machte sich da noch keine großen Gedanken. Erst später, als er allein am Steuer saß,

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