Kein Entrinnen
diese Maßnahme die drei Beamten weit mehr als ihr Pflichtbewusstsein dazu bewogen hatte, an einem Samstagmorgen das Verbrennen alten Krempels zu überwachen …
Boz holte ein zusammengerolltes Manuskript aus seiner Gesäßtasche hervor.
»Hier, geben Sie das den Feuerwehrmännern. Es ist meine letzte Arbeit. Sie wird im September in einer überregionalen Zeitschrift veröffentlicht. Das wird ihnen gefallen.«
Der Sheriff las den Titel: Der Pyromane .
»Oh, Mr. Boz, Sie haben wirklich Humor! So etwas den Feuerwehrmännern zu geben! Erlauben Sie, dass ich einen Blick hineinwerfe?«
»Aber selbstverständlich.«
»Ah, da bin ich aber stolz darauf. Was für eine Ehre …«
Der Schriftsteller und der Professor entschuldigten sich unter dem Vorwand, sie müssten wieder an ihre Arbeit gehen. Sie entfernten sich Richtung Villa.
»Also, wie weit sind Sie?«, fragte Boz.
»Ich habe alles, was Sie verlangt haben«, sagte Franklin. »Den Vertrag. Sogar den Scheck des Verlegers.«
»Meinen Glückwunsch!«
Boz ließ den Professor in sein Büro eintreten. Verblüfft erblickte dieser die Sammlung von Schreibmaschinen.
»Das ist großartig!«
»Sind Sie ein Liebhaber?«
Franklin zeigte auf ein Modell der Remington 3B.
»Auf der arbeite ich seit Jahren.«
»Ah! Ein Schmuckstück!«
Boz nahm an seinem Schreibtisch Platz.
»Ich bin zum Verräter geworden«, sagte er. »Ich bin zum Computer übergegangen. Was wollen Sie! Er ist schneller, flüssiger … man lässt sich leicht von den Sirenen des Fortschritts verführen.«
Franklin überreichte ihm den Scheck und den Vertrag.
»Wie haben Sie es geschafft, Ihren Verleger zu überzeugen?«
»Wie Sie mir geraten haben: Ich habe ihm das Experiment mit dem Skelett und den Hunden geschildert.«
»Sehen Sie. Das musste ja wirken, nicht wahr?«
Frank nickte.
»Haben Sie noch mehr davon, Experimente dieser Art?«
Boz lächelte breit.
»Ein paar.«
Boz betrachtete den Namen des Verlegers. Albert Dorffmann. Er las die Vertragsklauseln durch und unterzeichnete ohne weitere Einwände. Dann ließ er den Scheck in eine Schreibtischschublade gleiten.
»Und die Liste der Autoren?«
»Oh! Sie ist in Arbeit. Ich will keinen Namen nennen, bevor er nicht absolut sicher ist. Ich hoffe auf illustre Zeitgenossen.«
»Das hoffe ich auch.«
Boz erhob sich.
»Es ist zu dunkel hier«, erklärte er. »In der Bibliothek können wir unser Gespräch besser fortsetzen.«
Sie gingen mehrere Korridore entlang. Ziemlich düstere. Franklin stellte überrascht fest, dass er gar nicht so viel Angst hatte. Ein seltsames Gefühl der Unverletzbarkeit erfüllte ihn, ein Gefühl, das er nach ihrer letzten Begegnung nicht erwartet hätte.
»Leben Sie allein?«, fragte Frank. »Das Haus ist sehr geräumig. Ist das nicht manchmal unheimlich?«
»Mir gefällt es so.«
Aus den Lautsprechern ertönte leise Finlandia von Sibelius.
»Wissen Sie«, ergriff Boz wieder das Wort, »Dickinson sagte zu Recht, dass der Schriftsteller wie ein Spukhaus sein müsse. Er muss sich öffnen und Gespenster, Gestalten, Welten in seinem Innersten Einzug halten lassen, Geschöpfe und Lebewesen, die vielleicht später bereit sind, unter seiner Feder wieder aufzuerstehen. Dieses große, leere Haus ist ein bisschen ein Abbild meines Berufs. Ich spiele mein eigenes Gespenst …«
Die Bibliothek war riesig, die Regale vom Boden bis zur Decke gefüllt, Mahagonitischchen und bequeme Ledercouchen standen da, an der Wand hingen zwei Trophäen kanadischer Hirsche und ein Gemälde, eine Reproduktion der Anatomiestunde des Doktor Tulp . Drei hohe Fenster gingen auf den Park hinaus. Direkt auf das von den Feuerwehrleuten unterhaltene Feuer. Von dort erblickte man den Sheriff, der die Teller mit Wurstbrötchen leer futterte und Wein schlürfte, während er im Pyromanen blätterte.
Boz presste einen Moment lang die Stirn an die Scheibe, um das Geschehen draußen zu beobachten.
»Sie haben mich gerade gefragt, ob ich viele Experimente wie das mit dem Erhängten für meine Arbeit mache. Sehen Sie das Feuer dort? Nun … Ich habe diese Bestimmung zur Verbrennung von Abfall auf dem eigenen Grundstück erst vor einigen Jahren entdeckt, nachdem ich hierhergezogen war. Daraufhin habe ich einen Roman geschrieben, in dem es um einen Typen ging, der seine Frau und seine drei Kinder umgebracht hatte und sie Stück für Stück vor den Augen der Cops und der Feuerwehrleute und sogar seiner ganzen Familie, die zu seinem Beistand angereist war,
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