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Kein Fall für Mr. Holmes

Kein Fall für Mr. Holmes

Titel: Kein Fall für Mr. Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney Hosier
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gewisse medizinische Bildung?«
    Was sollte ich darauf antworten? Vi kam mir zu Hilfe.
    »Ach, kommen Sie, Doktor«, erwiderte sie mit einem unbeschwerten Kichern, »Sie wissen doch, wie wir Frauen sind. Ein kleines bißchen Klatsch und Tratsch würde Em und mir nicht schaden, um nächste Woche beim Frauennähkreis im Mittelpunkt des Interesses zu stehen.«
    Gut gemacht, Vi!
    Obwohl das spontane Märchen meiner Freundin uns als zwei dämliche, klatschsüchtige alte Weiber hinstellte, brachte es uns eine Antwort ein.
    »Der Leichnam«, antwortete er, wobei er sich im Zimmer umschaute, als suchte er einen Weg, der ihm die Flucht vor diesen schrecklichen alten Frauen ermöglichte, »wird natürlich vom örtlichen Coroner in Twillings im Hinblick auf die Todesursache noch gründlicher untersucht. Ich würde vorschlagen, meine Damen, wenn Sie weitere Informationen benötigen, wenden Sie sich doch am besten an ihn. Wenn Sie mich nun entschuldigen.«
    »Nun, Em«, flüsterte Vi, nachdem sich der gute Doktor von uns verabschiedet hatte, »was hältst du von ihm?«
    »Äußerlich recht sympathisch, würde ich sagen. Bis man ihm zu nahe kommt, dann geht eine Schranke runter, die so abweisend ist wie die chinesische Mauer.«
    »Mhm, das stimmt wohl«, antwortete Violet. »Allerdings haben Ärzte es nie so gern, wenn man ihr Urteil in Frage stellt, oder?«
    Ich bemerkte, daß der Inspektor, der durch die Palme vor der Glastür teilweise verdeckt war, sein Gespräch mit dem Squire beendet hatte und sich verabschieden wollte.
    »Vi«, sagte ich, »es gibt da etwas, worüber ich mit dem Inspektor reden will. Es ist vielleicht besser, wenn ich allein gehe. Macht es dir etwas aus?« Mit ihrer Zustimmung durchquerte ich das Zimmer und ging durch die Glastür zu dem Inspektor, wobei ich mich etwas unsicher fragte, wie mein Anliegen wohl aufgenommen würde.
    »Inspektor Thackeray?«
    »Ja, Mrs. Hudson?«
    Ich führte ihn unauffällig am Arm nach draußen, da ich ihn lieber unter vier Augen sprechen wollte.
    »Der Leichnam der jungen Frau, wurde er in der Zwischenzeit fortgeschafft?«
    »Ich wollte mich gerade darum kümmern. Warum fragen Sie?«
    »Ich würde die Leiche gerne sehen.«
    »Eine äußerst makabre Bitte, Mrs. Hudson, wenn ich das sagen darf«, antwortete er und beobachtete mich eingehend. Dann fügte er hinzu: »Gibt es etwas, das Sie mir verschweigen?«
    Ich glaubte nun, daß es klüger wäre, offizielle und professionelle Hilfe zu suchen. Mr. Holmes hatte auch in einigen Fällen Gebrauch von der Polizei gemacht, und ich dachte, die Situation erfordere es nun, daß der Inspektor von den Ereignissen – so wie ich sie sah – in Kenntnis gesetzt wurde, zumindest bis zu einem gewissen Grade. Da es mein erster Fall war, entschied ich jedoch, daß es am besten wäre, vorsichtig vorzugehen.
    »Ich erkläre es Ihnen draußen ausführlicher«, vertraute ich ihm deshalb an.
    Er betrachtete mich einen Augenblick argwöhnisch und antwortete dann: »Also gut, Mrs. Hudson, kommen Sie mit.«

8. Grund zum Töten
     
    Wir folgten einem steinigen Weg, der sich durch die landschaftlich schöne Umgebung des Gutes schlängelte, und stiegen dann einige Steinstufen hinab, die in die sanft abfallenden Hügel gesetzt worden waren, bis wir schließlich auf ebener Erde standen. Bäume, die fast vollständig ihres herbstlichen Laubwerkes beraubt waren, gestatteten mir einen eingeschränkten Blick auf einen kleinen See, der in verärgerter Erregung auf einen immer stärker werdenden Ostwind reagierte. Da die Sonne in ein atmosphärisches Versteckspiel mit schiefergrauen Wolken von unheilvollem Ausmaße vertieft war, beglückwünschte ich mich innerlich, an meinen Schal gedacht zu haben. Da innerhalb der Gemäuer von Haddley nur wenig Wärme zu finden war, hatte ich ihn vorsichtshalber schon am Morgen beim Ankleiden umgelegt. Während ich ihn nun noch fester um mich wickelte, stellte ich mir vor, an einem herrlich warmen Junitag hier zu sein – ein riesiger Strohhut auf dem Kopf, Pinsel und Staffelei vor mir – und eine Unzahl von Farben glücklich auf die Leinwand aufzutragen.
    »Es muß im Sommer hier sehr schön sein«, sagte ich mit einem Blick über das jetzt kahle Gelände.
    »Das war es früher auch«, antwortete der Inspektor, der den Mantelkragen hochschlug und dann die Hände tief in die Taschen steckte. »Aber es wird nicht mehr so gepflegt wie einst. So wird es zumindest erzählt.«
    »Von wem?«
    »Von den Leuten im Dorf, Madam, aus

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