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Kein Fall für Mr. Holmes

Kein Fall für Mr. Holmes

Titel: Kein Fall für Mr. Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney Hosier
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nachgrübelte, sah ich im Augenwinkel kurz etwas aufblitzen. Ich drehte mich suchend um und hielt die Lampe vor mich hin. Weg! Nein, da war es wieder. Wenn ich die Lampe genau im richtigen Winkel hielt, verursachte sie einen reflektierenden Schimmer… ah, dort, zwischen dem Bett und dem Nachttisch! Ich zwängte einen Arm nach unten, holte den fraglichen Gegenstand hervor und hielt ihn näher ans Licht. Niemand kann meine übermäßige Verwunderung beschreiben, als ich sah, was es war: der fehlende Ohrring!
    Ich hielt ihn in der Hand, betrachtete ihn sorgfältig und konnte meinen Augen kaum glauben. Der fehlende Ohrring in Form eines Halbmondes, passend zu dem, den das ermordete Mädchen trug, war hier! Ich entdeckte, daß ein defekter Verschluß wahrscheinlich der Grund dafür war, wobei die Besitzerin aller Wahrscheinlichkeit nach den Verlust überhaupt nicht bemerkt hatte. Ich setzte mich auf das große Bett und starrte weiterhin meinen Fund an, während mir tausendundeine Frage durch den Kopf schoß.
    Hatte Ihre Ladyschaft gewußt, daß das Mädchen in dem Zimmer im oberen Geschoß logierte? War sie vor oder nach dem Mord an der alten Frau hier gewesen? Oder war das junge Mädchen selbst der Tat schuldig? Nein, argumentierte ich, das konnte zumindest ausgeschlossen werden. Violet zufolge war der Angreifer, mit dem sie bei ihrer heftigen, aber einseitigen und durchsichtigen Begegnung gerungen hatte, nicht von der Größe und Statur des Mädchens gewesen.
    Obwohl der Ohrring unwiderlegbar bestätigte, daß eine Verbindung zwischen den beiden ermordeten Frauen existierte, war ich noch nicht in der Lage, die Bedeutung dieser Verbindung zu erfassen. Wenn ich doch nur die Identität des jungen Mädchens kennen würde, das tot zwischen den Herbstblättern aufgefunden wurde…
    »Löse dieses Rätsel, mein Mädchen«, sagte ich matt zu mir, »und dann lösen sich alle anderen zweifelsohne wie von selbst.«
    Obwohl ich erfreut war, den Ohrring gefunden zu haben, war ich alles andere als zufrieden mit meinem Versuch, das Rätsel des verschwundenen Mörders zu lösen. Ich steckte den Ohrring in meine Handtasche und tröstete mich mit der Hoffnung, daß Violet vielleicht das Glück gehabt hatte, in laufende Gespräche aufschlußreicherer Natur hineingeschwebt zu sein. Mit gemischten Gefühlen entschied ich also, mich von diesem Ort zurückzuziehen.
    Als ich mich der Tür zuwandte, wurde ich von meiner eigenen Angst und Verwirrung aufgehalten, da ich zusehen mußte, wie sich der Türknauf langsam wie von selbst drehte! Ich versuchte, einen klaren Kopf zu behalten, löschte die Lampe und drückte mich an die Wand neben dem Türrahmen. Und da stand ich nun mit klopfendem Herzen, während die Tür langsam geöffnet wurde.
    Von meinem Standort aus hatte ich den Vorteil, nicht gesehen zu werden, aber auch den Nachteil, die Identität des Eindringlings nicht ausmachen zu können. Er betrat das Zimmer nicht unmittelbar, sondern blieb genau in der offenen Tür stehen. Ich sage ›er‹, denn ich erinnerte mich jetzt daran, nur wenige Augenblicke zuvor schwere Schritte im Flur gehört zu haben. Da ich glaubte, es wäre ein Diener, hatte ich mir bis jetzt keine Gedanken darüber gemacht.
    Was sollte ich tun?
    Da ich mit Sicherheit nicht die Absicht hatte, dem Mann gegenüberzutreten, wartete ich, bis ich mir letztendlich einen dankbaren Seufzer der Erleichterung leisten konnte, da er leise wieder davonging und die Tür hinter sich schloß.
    Es sollte jedoch eine Atempause von nur kurzer Dauer sein.
    Als hätte er sich eines Besseren besonnen, kam er nämlich wieder herein, wobei er dieses Mal die Tür halb offen ließ, so daß das wenige Licht vom Flur draußen in geringem Maße die Dunkelheit in dem Zimmer beseitigte. Und obwohl die feine Gesellschaft das Transpirieren als nicht damenhaft verurteilt, muß ich gestehen, daß ich buchstäblich in Schweiß badete, während mein durch die Angst um ein Vielfaches verfeinertes Gehör das Geräusch schweren Atmens vernahm, das sich mir in der Dunkelheit näherte.
    Ein kleiner Lufthauch durchschnitt die Stille, als eine Hand hervorschoß und mein Kinn streifte. Die Abwesenheit von Licht hatte offensichtlich zu einer falschen Einschätzung seines Zieles geführt, denn die Hand glitt dann mit fester werdendem Griff um meine Kehle.
    Er wollte mich erwürgen!
    Ich erinnere mich daran, merkwürdige gurgelnde Geräusche von mir gegeben zu haben und benommen zu werden, während immer mehr Druck auf

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