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Kein Fall für Mr. Holmes

Kein Fall für Mr. Holmes

Titel: Kein Fall für Mr. Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney Hosier
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ich auf. »Bitte, lassen Sie mich Ihnen etwas holen!«
    Er winkte mein Angebot ab und sank noch tiefer in den Sessel.
    Die Hitze des Feuers war viel zu unangenehm für mich, und hätte ich die Kraft gehabt, hätte ich den Sessel weiter weggeschoben. So saß ich da und wartete, bis er sich wieder gefangen hatte, bevor ich fragte: »Und wieviel bekamen Sie, um sich meiner zu entledigen?«
    Er mied meinen Blick und indirekt auch meine Frage, indem er selbst eine stellte: »Sie wußten also, daß ich es war?«
    »Rückblickend ja«, antwortete ich. »Etwas an der unangenehmen Geschichte war besonders auffallend.«
    »Ja? Und das war…?«
    »Sie haben meinen Puls gefühlt, als ich auf dem Boden lag. Damit haben Sie sich, wenn Sie mein Wortspiel entschuldigen möchten, Doktor, Ihr eigenes Grab geschaufelt.«
    »Ja, ich verstehe, was Sie meinen.« Ein tiefer Seufzer und ein mutloses Kopfschütteln folgten. »Aber in einer Hinsicht liegen Sie falsch, Mrs. Hudson. Er war kein Geld im Spiel. Ich allein habe entschieden, Sie loszuwerden. Als selbsterhaltende Maßnahme, wenn Sie so wollen. Sie schienen überall zu sein, zu vielen Leuten zu viele Fragen zu stellen. Und als Sie hierblieben, anstatt am Begräbnis teilzunehmen, machte sogar das mich mißtrauisch. Später an dem Tag untersuchte ich das Zimmer im oberen Stockwerk und fand frische Abdrücke von Frauenschuhen. Ich wußte, daß dies die Ihren sein mußten. Zu dem Zeitpunkt schien alles auseinanderzufallen. Alles.«
    Er verbarg sein Gesicht hinter den Händen, während sein Körper vor Pein und Reue bebte.
    »Aber Sie waren nicht für den Tod des jungen Mädchens verantwortlich«, bemerkte ich leise.
    »Nein«, bestätigte er, als seine Hände herabfielen und rotunterlaufene Augen offenbarten, »aber wenn ich bekannt gemacht hätte, wer dafür verantwortlich war, hätte es nur meine Beteiligung am Tode Ihrer Ladyschaft verraten. Was habe ich nur für einen Schlamassel aus meinem Leben gemacht«, fügte er mit einer vor Ergriffenheit versagenden Stimme hinzu. »Welch riesigen, vollkommenen Schlamassel.«
    Diesen Dr. Morley hätte Violet nicht wiedererkannt. Dies war ein durch seine Taten gebrochener Mann. Ein Mann, für den ich weder Wut noch Verachtung, sondern lediglich Mitleid empfinden konnte.
    »Aber was meinen Angriff auf Ihr Leben betrifft, Mrs. Hudson, so müssen Sie mir glauben«, flehte er mich an, wobei sein Blick nach irgendeinem Zeichen der Absolution meinerseits suchte, »es tut mir wahrlich leid, daß es je geschehen ist. Niemand ist dankbarer als ich, daß Sie noch leben.«
    »Eine Person wohl doch, Dr. Morley.«
    Ein trauriges und verständnisvolles Lächeln war zu erkennen. »Ja, sicher«, erwiderte er, nachdem er noch einen Schluck seines Drinks zu sich genommen hatte.
    »Ich möchte Ihnen ein Geheimnis anvertrauen«, sagte er dann sehr leise und mit offensichtlichem Ernst. »Obwohl es möglich ist, daß Sie mich für verrückt halten, wenn Sie es hören. Aber in jener Nacht ist mir etwas passiert. Etwas, das ich nur als tiefe religiöse Erfahrung bezeichnen kann. Während ich in dem dunklen Zimmer über Ihnen stand, erschien ein Licht vor mir. Ein schillernd blaues Licht, das von einer vor mir stehenden Gestalt ausgestrahlt wurde. Es war ein Engel, Madam. Ein vom Himmel gesandter Engel.«
    Guter Gott, er sprach von Violet!
    »Ich wußte, daß es ein Zeichen sein mußte. Ich eilte aus dem Schlafzimmer Ihrer Ladyschaft in mein Zimmer zurück und fiel betend auf die Knie. Aber nachdem himmlische Mächte selbst eingetreten waren, um meine Taten zu verurteilen, welche Hoffnung hatte ich da noch auf Erlösung?«
    »Dr. Morley«, unterbrach ich ihn, »ich halte es nur für fair, Sie zu warnen, daß Inspektor Thackeray jede Minute hier eintreffen wird, wenn er nicht schon da ist. Ich habe keine andere Wahl, als ihm von unserem Gespräch zu erzählen.«
    »Tun Sie das, Mrs. Hudson«, antwortete er mit einem müden Seufzer. »Was mich betrifft, meine verehrte Dame, so ist es wohl an der Zeit, daß ich mich verabschiede.«
    Er trank den übrigen Inhalt seines Glases in einem Zug aus, bevor mir die Grausamkeit dessen bewußt wurde, was er getan hatte.
    »Dr. Morley!« schrie ich und sprang aus dem Sessel auf.
    Er fiel vornüber, faßte sich mit beiden Händen auf den Leib, und in dem Versuch aufzustehen taumelte er benommen von einer zur anderen Seite, während seine nun glasigen Augen wild durch das Zimmer jagten. Der Körper fiel unbeholfen in den Sessel

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