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Kein Fleisch macht gluecklich

Kein Fleisch macht gluecklich

Titel: Kein Fleisch macht gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Grabolle
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kommst du am besten in die Firma.« Die Metzgerei seines Vaters war ein gemachtes Nest, der Laden lief und bot einen gewissen Lebensstandard. »Dass es wohl nicht die beste Entscheidung gewesen ist, habe ich erst später gemerkt«, sagt er. »Weil ich nichts mehr fühlte, hätte ich genauso gut Sand oder Beton mischen können. Ich glaube aber, dass der Metzgerberuf und der Umgang mit toten Tieren uns nicht unberührt lassen. Einmal hatte ich eine ganz kleine Kalbsleber auf dem Tisch liegen, und mir schossen die Tränen in die Augen. Oho, da scheint doch irgendwas zu sein, das dich nicht so kaltlässt, wie du immer meinst. Und irgendwann, als der Kutter mit der Wurst lief, dachte ich daran, wie viel Tod in dem Kutter läuft. Das hat dann bei mir ausgereicht, um weiter nachzudenken: Es kam die Überlegung, das, was du da machst, ist nicht das, was du tun möchtest oder solltest.« Seiner Frau machten vor allem die bei ihnen vorbeifahrenden Tiertransporte zu schaffen. Auch sie wollte das nicht länger ertragen müssen, und so haben sie nach neuen Wegen gesucht. Beide stellten ihre Ernährung um, Fleisch gab es immer weniger. »Es war bei uns immer wieder Thema, das Fühlen neu zu entdecken, noch einmal zu erlernen und sich bewusst zu machen«, sagt Schäfer. »Ich sage nicht, man darf kein Tier töten. Das muss jeder letztendlich selbst wissen. Aber ich finde nicht gut, was mit den Tieren passiert, überhaupt, was auf dem Nahrungsmittelsektor passiert, wenn etwa Leute unter erbärmlichen Umständen die Ernte einbringen müssen, damit wir hier billig Tomaten essen können.«
    Nicht nur mit der Metzgerei, auch mit dem vegetarischen Angebot ist demnächst Schluss. In die Räume der Metzgerei wird ein Spielzeugladen ziehen. Axel Schäfer und seine Frau wollen in ihrem Gästehaus darüber mit Shiatsu, Yoga und Achtsamkeitsmeditation einen anderen Lebensweg anbieten.
    Schmetterlinge im Bauch
    Fleischalternativen aus Soja, Weizen oder anderem begegnen viele Allesesser und selbst einige Veggies mit Skepsis. Manche wittern darin gar eine Inkonsequenz. Sie kritisieren, dass die Freunde von Tofuwurst und Seitanschnitzel etwas essen wollen, das den ehemals vertrauten Fleischprodukten optisch und geschmacklich möglichst nahekommt. Ich wundere mich über die Logik der Kritiker. Schließlich esse ich ja nicht aus ästhetischen Gründen keine Tiere mehr. Jedenfalls freue ich mich über die wachsende Qualität und Produktvielfalt und probiere gern manche – in der Tat übertrieben imitierende – Skurrilitäten aus, wie »Garnelenschwänze« und »Hühnerschenkel« zum Abnagen am Zuckerrohr-»Knochen«. Sogar Kunstfleisch aus dem Labor könnte ich mir als Alternative für mich vorstellen. Doch das gibt es derweil noch nicht zu kosten, vor allem nicht zu bezahlbaren Kosten: Der erste Burger, der dieses oder nächstes Jahr aus Stammzellen entstehen soll, hat in der Entwicklung eine Viertelmillion Euro verschlungen. Als weitere ernsthafte Alternative zum Fleisch werden Insekten diskutiert. Die Welternährungsorganisation (FAO) wirbt seit einiger Zeit für die hierzulande wenig beachtete Nahrungsquelle. Insekten sollen helfen, den Proteinhunger der wachsenden Weltbevölkerung zu stillen. Vor allem in Afrika, Asien und Lateinamerika essen ohnehin bereits 2,5 Milliarden Menschen etwa 1700 Arten. Viele Vertreter dieser artenreichsten Tierklasse können weitaus effizienter als die üblichen Nutztiere Biomasse in Proteine umwandeln. Sie sind zudem in etlichen Gegenden leicht verfügbar, ihre Aminosäuren entsprechen den Ernährungsempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), und sie enthalten kaum Cholesterin.
    Im Dschungelcamp
    Vegan sind Insekten definitiv nicht. Dennoch »gönne« ich mir eine Ausnahme, weil mich interessiert, ob Insekten in Deutschland eine zumindest ressourcenschonende Alternative zur Bulette werden könnten. In einem australischen Restaurant in Berlin treffe ich mich wieder mit Steffi, meiner nunmehr ehemaligen Kollegin. Kaum habe ich mich hingesetzt, erzählt sie auch schon, dass sie ihren Fleischkonsum drastisch reduzieren wird. Sie habe auch gleich einer Kollegin angekündigt, jetzt öfters vegetarisch zu essen. »Die hat mich angeguckt wie ein Auto«, sagt Steffi. Sie hat mein Kapitel über die Tierhaltung gelesen, allerdings erst vor ein paar Tagen. Entsprechend frisch ist ihr frommer Wunsch. »Man wird in ein oder zwei Monaten mal sehen, ob ich es wirklich durchgehalten habe«, schränkt sie ihr Vorhaben

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