Kein Fleisch macht gluecklich
das eigentlich ganz unkompliziert.«
Letzte Zweifel
Ich bin noch immer etwas skeptisch wegen der doch gerade für Kinder so wichtigen Omega-3-Fettsäuren. Aber auch hier höre ich von den Ernährungswissenschaftlern Beruhigendes. »Für die Entwicklung von Gehirn und Auge ist DHA sehr wichtig«, sagt Keller. »Es ist aber nicht so, dass Veganer überhaupt keine DHA im Körper hätten, nur eben weniger. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann ein Präparat aus Algenöl nehmen.« Dass die Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA auch in der Muttermilch vegan lebender Frauen vorkommen, bestätigt auch Petter, weswegen das Stillen ein großer Vorteil sei. Tatsächlich hat man bei Untersuchungen veganer Kinder festgestellt, dass die Level an EPA und DHA nicht so niedrig waren wie bei erwachsenen Veganern – bedingt entweder durch langes Stillen oder weil bei Kindern die körpereigene Umwandlung aus der Linolensäure möglicherweise besser funktioniert.
Selbst für meine Sorgen im fast veganen Familienalltag hat Katharina Petter ein paar Tipps: »Jedes Kind hat Phasen, in denen es beispielsweise nur Nudeln essen will. Da kann man geschickt das Gemüse in der Soße verstecken, das Kind selbst etwas zubereiten lassen oder Rohkost in Tierform ausstechen.«
Vor ein paar Tagen gab es zu Hause Sojafisch mit Meeresgeschmack aus Algen. Den mochte meine inzwischen dreijährige Tochter gern, meinte aber: »Fische kann man doch nicht essen.« Ich nutzte die Gelegenheit, ihr davon zu erzählen, dass andere Leute durchaus Fisch und andere Tiere essen, und fing an aufzuzählen: Schweine, Hühner, Puten, Kühe – bis ich irgendwann bei Krokodilen landete. »Ist doch lustig!«, sagte sie. So kann man es anscheinend auch sehen.
Die Wahl der Qual
Ein vegetarischer Metzger, Käferlarven und Konsequenzen
Man muss natürlich überhaupt nicht Vegetarier sein, aber jemand, der es nicht wenigstens mal ein oder zwei Jahre probiert hat, fleischlos zu leben, ist irgendwie ein armseliger Dödel.
Max Goldt, deutscher Schriftsteller, in Die Kugeln in unseren Köpfen
Die Arbeitskleidung von Axel Schäfer ist immer noch weiß, nur statt Wurstteig knetet der ehemalige Metzger nun als Shiatsu- und Körpertherapeut die Rücken seiner Kunden. Die Kunden sind auch nicht mehr dieselben wie früher. Vor einigen Jahren beschloss der Metzger in dritter Generation zusammen mit seiner Frau, den Mittagstisch der Metzgerei zu vegetarisieren. Sie kochten also mittags komplett ohne Fleisch, ohne Zusatzstoffe und ohne Fertigprodukte, boten aber weiterhin Fleisch und Wurstwaren in der Auslage der Metzgerei an. Einigen gefiel das. »Sie verbinden eben zwei Welten«, hieß es von einer Kundin. Viele fanden es witzig. Andere nicht und blieben weg. »Die orthodoxen Vegetarier kamen nicht zu uns, weil noch Wurst, Frikadellen und Hähnchenschnitzel in der Theke lagen«, sagt Schäfer. »Wir trauten uns aber nicht, das Steuer ganz rumzureißen. Und wir hatten nicht das Geld, um einen Cut zu machen, alles rauszureißen und dort, wo 70 Jahre eine Metzgerei gewesen war, ein vegetarisches Restaurant aufzumachen«, erzählt er. Also haben sie die Fleischtheke nach Ladenschluss mit Vorhängen abgehängt und abends in den Räumen der Metzgerei vegetarisches Essen angeboten – wie in einem ganz gewöhnlichen Restaurant. Eine bizarre Vorstellung. Seine Frau fand es zunehmend unangenehm, Fleisch zu verarbeiten, und auch er mochte irgendwann den Geruch an den Händen nicht mehr. So flog schließlich die Fleischtheke raus, und sie reduzierten das Wurstangebot. Daraufhin war ein Teil der Kundschaft sauer, und die Metzgerei verlor ihre alte Stammklientel. Etliche Metzgereien verschwinden auch ohne Zutun der Eigentümer von der Bildfläche. Von einigen Hundert war ihre Zahl im Raum Düsseldorf schon auf 50 geschrumpft, als Schäfer vor 20 Jahren das Geschäft von seinem Vater übernahm. Heute seien es vielleicht noch 40 Metzgereien, schätzt Schäfer. »Davon stellen noch fünf oder allerhöchstens zehn selber Wurst her«, so Schäfer. Keiner der Metzger würde mehr selbst schlachten. Alle kauften sowieso nur noch im Großhandel oder bei Kollegen ein. Ansonsten gehe alles über Discounter und Supermärkte.
Oho-Erlebnisse
Als Unternehmerkind sei ihm früh beigebracht worden zu funktionieren, Leistung zu bringen und das Fühlen einzustellen, sagt Schäfer. Mit 16 hieß es: »Was willst du werden? Du hast bis zum Monatsende Zeit, drüber nachzudenken. Wenn dir nichts Gescheites einfällt,
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