Kein Fleisch macht gluecklich
verbraucht inzwischen jeder Einwohner im Schnitt bereits über 50 Kilo pro Jahr, das ist mehr als doppelt so viel wie noch vor 20 Jahren. Insgesamt also kein Wunder, dass die FAO vor nahezu einer Verdoppelung der jährlichen globalen Fleischproduktion von gegenwärtig 250 auf insgesamt 465 Millionen Tonnen und einer Zunahme der Milchproduktion von 580 auf 1043 Millionen Tonnen bis 2050 warnt.
Planet der Rinder
Inzwischen gibt es weltweit 1,4 Milliarden Rinder. Das sind doppelt so viele wie vor 50 Jahren. Damals lebten die meisten von ihnen auf Weideland, weil Rinder dank ihrer Wiederkäuermägen hervorragend Gras verwerten. Die Graslandschaften und »Graser« wie etwa die nordamerikanischen Bisons haben sich lange in Abhängigkeit voneinander entwickelt. Ohne die großen pflanzenfressenden Säugetiere, die auch Baumschösslinge fressen, würden Steppen, Savannen und anderes Grasland teilweise mit Büschen und Bäumen zuwachsen. Anders als in Wäldern speichert im Dauergrünland der Boden viel mehr Kohlenstoff aus dem CO 2 der Atmosphäre als der oberflächliche Bewuchs. Wenn Rinder oder andere Wiederkäuer nicht zu dicht gedrängt leben, geben sie dem Boden wertvolle Nährstoffe zurück, ohne ihn zu überdüngen. Und sie tragen, wenn auch sehr langsam, zur Bildung des wertvollen Humus bei, der wiederum große Mengen CO 2 dauerhaft bindet und damit aus der Atmosphäre entfernt. Eine nachhaltige Weidewirtschaft könnte daher sogar die Atmosphäre entlasten. Wie Axel Don vom Johann Heinrich von Thünen-Institut herausgefunden hat, bindet die Aufforstung von Grünland nicht mehr Kohlenstoff aus dem CO 2 , als wenn ein Acker in Grünland umgewandelt wird. Der Grund: Der zu einem Gutteil in der Laub- und Nadelschicht eines jungen Waldes gespeicherte Kohlenstoff ist anfällig für Störungen wie Waldbrände und kann dadurch wieder als CO 2 in die Atmosphäre entweichen.
Auch die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft fördert die Humusbildung und kann der Atmosphäre CO 2 entziehen. Ohnehin verursacht der Ökolandbau trotz geringerer Erträge weniger Treibhausgase pro Kilo erzeugtem Lebensmittel. Allerdings zweifeln Experten, unter anderem aus dem Umweltbundesamt, daran, dass sich landwirtschaftliche Böden zur langfristigen Speicherung von CO 2 aus der Atmosphäre eignen. Entscheidend ist hingegen der Schutz der bestehenden Humusschichten.
Weideglück
Weltweit gibt es, gerade in trockenen Klimazonen, viele Grasland-Flächen, die sich nicht für den Ackerbau, sondern nur für eine Haltung von Rindern oder anderen Grasern eignen. Allerdings sind dort die Produktionskapazitäten gering und weitgehend ausgeschöpft. Wo sich Tiere von Pflanzen wie Gräsern ernährten, die sich nicht zur menschlichen Ernährung eigneten, könne Tierhaltung einen wichtigen Beitrag zur landwirtschaftlichen Produktion sowie zum Lebensmittelangebot leisten und durch den Humusaufbau und den Phosphoreintrag in den Boden (also die Einbringung von Phosphor durch Exkremente) sogar nachhaltig sein, schreibt Anita Idel, Tierärztin und Autorin des Weltagrarberichtes. Ihr Buch Die Kuh ist kein Klima-Killer! handelt von den Chancen einer nachhaltigen Rinderhaltung. Zunächst hielt ich das Buch für einen Versuch der Fleisch- und Milchindustrie, die eigenen Auswirkungen auf den Klimawandel kleinzureden. Das ist es aber ganz und gar nicht. Idel zeigt, dass die ökologischen Probleme der Rinderhaltung durch die herkömmliche Haltung und Fütterung entstehen. Als »Klimaschweine« würde ich Rinder deshalb inzwischen nicht mehr pauschal verurteilen, es ist die industrielle Landwirtschaft, die sie dazu macht.
Grünland in Deutschland
Ein Teil des deutschen Grünlandes, also der landwirtschaftlich genutzten Wiesen und Weiden, eignet sich aufgrund der Bodenbeschaffenheit oder Hanglage nicht als Ackerland. Wegen der landschaftlichen und ökologischen Bedeutung verbietet Baden-Württemberg bereits jetzt den Grünlandumbruch, bevor in ein paar Jahren das Grünland EU-weit besser geschützt werden soll. Bisher wird Grünland noch oft in Ackerland umgewandelt, vor allem um Mais für Agrosprit und Biogasanlagen anzubauen. Das ist jedoch im Endeffekt meist sogar ungünstiger für das Klima, weil durch diese Landnutzungsänderung Humus im Boden verloren geht und das darin gebundene CO 2 entweicht. Wird aus einer Wiese ein Acker, geht nach Ergebnissen des Johann Heinrich von Thünen-Instituts im Schnitt ein Drittel des Humus verloren.
Ich frage mich, wie viele
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