Kein Fleisch macht gluecklich
Rinder man in Deutschland wohl nachhaltig auf der Weide halten könnte. Hierzulande gibt es derweil noch 5 Millionen Hektar Dauergrünland sowie 12 Millionen Hektar Ackerland. Beides zusammen entspricht ungefähr der Hälfte Deutschlands. Als Richtwert für eine nachhaltige Beweidung ohne Überdüngung durch Gülle kann man in Deutschland von 1 Hektar Grünland proGroßvieheinheit ausgehen, auf manchen Flächen dürften es mehr, auf manchen weniger Großvieheinheiten sein. Die Einheit entspricht einem ausgewachsenen 500-Kilo-Rind. Bei 5 Millionen Hektar Grünland könnte theoretisch etwa die gleiche Zahl an Rindern für Fleisch und Milch nachhaltig gehalten werden. Will man die Zahl der gut 1,5 Millionen deutschen Schafe (ein Schaf entspricht 0,1 Großvieheinheiten) nicht verringern, die in aller Regel auf Grünland leben, und nicht sämtliches Grün land mit Kühen vollstellen, wären entsprechend weniger Weiderinder nachhaltig »haltbar«. Eine Verringerung der Rinderzahl von derzeit 12,5 Millionen auf etwa ein Drittel erscheint mir daher, grob geschätzt, der realistische Maximalwert für eine potenziell nachhaltige Weiderinderhaltung zu sein. Die Menge an erzeugtem Rindfleisch und Milch würde sich nochmals deutlich verringern, weil die verbreiteten Hochleistungsrassen unter anderem deshalb so viel pro Jahr liefern, weil sie Kraftfutter fressen und nicht allein von Gras, Klee und Stroh leben. Ziegen und Schafe benötigen deutlich weniger Platz als Rinder. Sie könnten sogar in bewaldeten Gebieten gut leben. Mit ihnen ließe sich am nachhaltigsten Fleisch und Milch herstellen.
Die aktuelle Grünlandnutzung ist allerdings nicht immer nachhaltig. Zum Teil wird das Grünland intensiv und in Monokultur mit schnell wachsendem Gras bewirtschaftet, das bedeutet, man düngt es mit energieaufwendig hergestelltem Mineraldünger und Gülle, um mehr Gras für die Tierfütterung ernten zu können. Und auf etlichen Weiden stehen zu viele Tiere, sodass der Boden zu viel der guten Nährstoffe abbekommt oder diese schlecht verteilt sind.
»Land Grabbing«
Platz für die Rinderhaltung haben sich einige Länder mit rabiaten Methoden verschafft. Seit Jahrzehnten entwaldet man riesige Areale, um neue Flächen für Weiden und Futterpflanzen zu schaffen. Mindestens 70 Prozent des bisher zerstörten Amazonas-Regenwaldes nutzt man als Viehweiden, einen weiteren Teil für den Futtermittelanbau. Das ist dann natürlich alles andere als nachhaltig. Auch die Pampa in Argentinien wird umgebrochen, um Kraftfutter für Rinder anzubauen. Mithilfe von Mineraldünger baut man längst riesige Mengen an proteinreichem Futter für Nutztiere in intensiver Tierhaltung an. Der Weltagrarbericht kritisiert, dass an Nutztiere Soja, Raps, Mais, Weizen und anderes Getreide von Ackerflächen verfüttert wird, das somit der direkten Lebensmittelproduktion verloren geht. Und weil gerade die Länder mit dem hohen Fleischkonsum häufig nicht über ausreichende Flächen verfügen, müssen sie die Futtermittel wie Soja, Raps, Mais und andere Getreide einführen. Die EU importiert bereits vier Fünftel ihrer Proteinfuttermittel. Sie ver einnahmt damit für ihre Fleischproduktion nicht nur Proteine, sondern au ch 35 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzflächen in anderen Ländern, 20 Millionen nur für Soja. Ein Drittel der weltweiten Ackerflächen dient bereits der Futtermittelproduktion. Da die Flächen mit guten Böden stark abnehmen und ihr Wert künftig erheblich steigen wird, sichern sich inzwischen große Firmen oder andere Länder ganze Landstriche für den künftigen Anbau von Lebens- und Futtermitteln.
Bei der für das Jahr 2050 erwarteten Anzahl von 9 Milliarden Menschen weltweit liegt die pro Person global verfügbare landwirtschaftliche Nutzfläche voraussichtlich bei 0,2 Hektar. Das sind 2000 Quadratmeter oder 40 mal 50 Meter. Derzeit beansprucht jeder Deutsche durch seine Ernährungsgewohnheiten im Durchschnitt umgerechnet 0,25 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche, Deutschland selbst deckt davon nur 0,2 Hektar ab. Der Rest muss sozusagen »importiert« werden. Allein für den Sojaanbau sind es 2,8 Millionen Hektar Fläche aus Übersee, für jeden Deutschen rund 340 Quadratmeter. Über 60 Prozent der innerdeutschen landwirtschaftlichen Fläche dienen der Produktion tierischer Lebensmittel, pflanzliche benötigen nur die Hälfte davon. Ein kleiner, wenn auch wachsender Anteil dient dem Anbau von Energiepflanzen.
Soja, so nein
Nicht nur für
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