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Kein Friede den Toten

Kein Friede den Toten

Titel: Kein Friede den Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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anders gefallen wären, wenn es ein anderer Winkel gewesen wäre oder wenn Stephen sich weggedreht hätte und Matt Hunter wäre auf den Kantstein gefallen …«
    »Fang gar nicht erst damit an.«
    »Doch, Clark, hör mir zu.« Sie trat noch einen Schritt zu ihm. »Wenn es andersrum gelaufen wäre, wenn Matt Hunter tot dagelegen und man Stephen auf ihm gefunden hätte …«
    »Mir ist nicht nach solchen Mutmaßungen, Sonya. Das spielt doch überhaupt keine Rolle.«
    »Für mich vielleicht schon.«
    »Warum?«, entgegnete Clark. »Hast du nicht gerade gesagt, dass Stephen in jedem Fall tot ist?«
    Sie sagte nichts.
    Clarke durchquerte das Zimmer, ging an ihr vorbei, hielt aber so viel Abstand, dass keine Gefahr bestand, einander zu berühren. Er ließ sich in einen Sessel fallen und stützte den Kopf in die Hände. Sie schwieg.
    »Erinnerst du dich an den Fall in Texas, wo die Mutter ihre Kinder ertränkt hat?«, fragte er.
    »Was hat das denn jetzt damit zu tun?«
    »Nur …«, er schloss einen Moment lang die Augen, » … einen Moment Geduld. Erinnerst du dich daran? Diese überarbeitete Mutter hat ihre Kinder in der Badewanne ertränkt. Es waren, glaube ich, vier oder fünf Kinder. Furchtbare Geschichte. Die Verteidigung hat auf Unzurechnungsfähigkeit plädiert. Ihr Mann hat sie unterstützt. Erinnerst du dich noch an die Nachrichtensendung?«
    »Ja.«
    »Was meinst du dazu?«
    Sie sagte nichts.

    »Ich sag dir, was ich damals gedacht hab«, fuhr er fort. »Ich dachte, wen kümmert das? Das soll nicht kaltherzig klingen. Ich meine, was macht das für einen Unterschied? Ob die Mutter für verrückt erklärt wird und die nächsten fünfzig Jahre in der Klapsmühle verbringt oder ob man sie verurteilt, so dass sie den Rest ihres Lebens im Gefängnis oder einer Todeszelle sitzt – wen interessiert das? Sie hat ihre eigenen Kinder umgebracht, ihr Leben ist gelaufen, oder?«
    Sonya schloss die Augen.
    »Genauso geht mir das mit Matt Hunter. Er hat unseren Sohn umgebracht. Ob es ein Unfall war oder Absicht, ich weiß nur, dass unser Junge tot ist. Der Rest spielt keine Rolle. Verstehst du das?«
    Sie verstand es besser, als er sich vorstellen konnte.
    Sonya spürte, wie ihr die Tränen aus den Augen schossen. Sie sah ihren Mann an. Clark litt so sehr. Geh einfach, wollte sie sagen. Vergrab dich in deiner Arbeit, tröste dich mit deiner Freundin oder womit auch immer. Geh einfach.
    »Ich will dir nicht wehtun«, sagte sie.
    Er nickte.
    »Soll ich aufhören, mich mit ihm zu treffen?«, fragte sie.
    »Würde das was ändern?«
    Sie antwortete nicht.
    Clark stand auf und verließ das Zimmer. Ein paar Sekunden später fiel die Haustür ins Schloss. Sonya war wieder allein.

20
    Auf dem Rückweg von Wilmington, Delaware, nach Newark war Loren Muse sogar noch schneller als auf dem Hinweg. Ed Steinberg saß allein im zweiten Stock des neuen County-Gerichtsgebäudes.

    »Machen Sie die Tür zu«, sagte ihr Chef.
    Steinberg wirkte unordentlich – Krawatte gelockert, offener Kragen, ein Ärmel höher aufgerollt als der andere –, aber das war ziemlich normal. Loren mochte Steinberg. Er war intelligent und fair. Er hasste die Machenschaften, die der Job mit sich brachte, wusste aber, dass er mitspielen musste. Und er spielte gut.
    Loren fand ihren Chef und seinen Teddybär-Charme sexy. Auch die Art, wie er auf Langhaariger-Vietnam-Veteran-aufseiner-Harley machte. Steinberg war natürlich verheiratet und hatte zwei Kinder, die aufs College gingen. Es war zwar ein Klischee, traf aber trotzdem fast immer zu: Die Besten sind schon vergeben.
    Als Loren jung war, hatte ihre Mutter sie davor gewarnt, sich zu früh in den Hafen der Ehe zu begeben: »Heirate nicht, wenn du noch jung bist«, hatte Carmen über den Wein genuschelt, den sie am Tage trank. Loren hatte diesen Ratschlag nie bewusst befolgt, irgendwann war ihr aber bewusst geworden, dass er idiotisch war. Die guten Männer, die, die eine feste Bindung eingehen und Kinder großziehen wollten, wurden schnell weggeschnappt. Mit den Jahren wurde die Auswahl immer kleiner. Jetzt musste Loren sich mit denen zufriedengeben, die ihre Freundinnen »Runderneuerte« nannten, übergewichtige Geschiedene, die die High-School-Jahre nachholen wollten, in denen sie unter ewigen Zurückweisungen gelitten hatten, oder mit denen, die noch an ihrer ersten Ehe zu knabbern hatten, oder jenen halbwegs anständigen, schon etwas älteren Herren, die – und warum auch nicht? – eine junge Maid

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