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Kein ganzes Leben lang (German Edition)

Kein ganzes Leben lang (German Edition)

Titel: Kein ganzes Leben lang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Benke
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machen Fehler, auch schlimme Fehler.“ „Ja, aber manche Fehler kann man nicht mehr gutmachen“, sagte Anna leise.
    Lucrezia lief ein Schauer über den Rücken.
    „Vielleicht solltest du diesen Abenteuern ein Ende setzen und dich ernsthaft auf jemanden einlassen, dich in jemanden verlieben?“, schlug Anna vor.
    „Vielleicht. Nur habe ich immer die Ehe meiner Eltern vor Augen. Mein Vater war ein Hafenarbeiter. Sein Defizit an Autorität machte er zu Hause wett. Von morgens bis abends kommandierte er uns herum. Saß er in seinem Ohrensessel und das Telefon klingelte auf dem Tischchen neben ihm, rief er meine Mutter. Sie eilte aus einer anderen Ecke des Hauses heran, nur um ihm atemlos den Hörer zu reichen. Es war meistens für ihn. Sie zahlte es ihm mit unaufhörlichem Jammern heim. Beide beteuerten, sich zu lieben. Ich rollte mich auf der Couch zusammen und hielt mir die Ohren zu. Ein eigenes Zimmer hatte ich nicht. Damals habe ich mir geschworen, mich nie zu verlieben.“ Sie schauderte noch immer, wenn sie an die bedrückende Wohnung in dem sizilianischen Fischerdorf dachte. Das Wohnzimmer mit den Möbeln aus den Zwanzigern, die ihre Mutter von ihren Eltern geerbt hatte, das Marienbild über der Anrichte, die abgesessene Couch mit dem verblichenen roten Bezug. Eine eisige Hand legte sich um ihren Hals. Sie schnappte nach Luft.
    „Alles in Ordnung?“ Anna hatte ihre Hand genommen und sah sie besorgt an.
    „Hast du einen Grappa für mich?“ Lucrezia war blass geworden.
    „Natürlich.“ Anna stand auf und kam kurz darauf mit einem Glas zurück.
    Lucrezia trank die klare Flüssigkeit in einem Zug leer.
    Langsam kehrte Farbe in ihr Gesicht zurück.
    „Nicht alle Beziehungen sind so wie die deiner Eltern“, gab Anna zu bedenken.
    „Aber die meisten. Eine Beziehung bedeutet Verzicht, sich zu verbiegen.“
    „Wann hast du dich das letzte Mal verliebt?“
    „Noch nie.“
    „Wie bitte?“
    „Ich habe noch nie einen Mann geliebt.“
    „Das glaube ich nicht. Erste Schmetterlinge mit sechzehn?“
    Lucrezia lachte bitter auf.
    „Wenn ich mit meinem Schwarm ins Kino gehen wollte, kam mein Vater mit. Er saß zwischen uns und hielt die Popcorntüte. Nur ging seine strenge Erziehung nach hinten los.“
    „Du hast Reißaus genommen“, vollendete Anna Lucrezias Gedanken.
    „Nachdem mein Vater mich mit dem Pastor im Beichtstuhl erwischt hatte.“
    Anna sah sie ungläubig an. „Wie bitte?“
    „Du hast schon richtig gehört. Es war dumm, aber ich wollte ihn einfach nur noch schocken. Typischer Fall von pubertärer Rebellion. Es war ein Riesenskandal. Das ganze Dorf sprach davon. Man durfte hinter verschlossenen Türen lästern, betrügen und morden, aber ein offener Skandal, das war eine Todsünde. Meine Eltern verloren ihr Gesicht. Ich packte über Nacht meine Siebensachen.“
    „Jetzt brauche ich auch einen Grappa“ war Annas einziger Kommentar. Sie schenkte sich ein und füllte auch Lucrezias Glas, das diese ihr wortlos hinhielt. Sie stießen an und tranken.
    Lucrezia betrachtete zärtlich das Elfengesicht ihrer Freundin. Sie strich Anna über die Wange.
    „Du bist meine beste Freundin“, sagte Lucrezia leise. Anna schmiegte sich an ihre Hand.
    „Ohne dich würde ich diese schwere Phase nicht überleben“, erwiderte Anna.
    Das schlechte Gewissen traf Lucrezia wie ein Schlag in die Magengrube. Sie leerte das Glas in einem Zug.
    „Ich habe ein Mandat angenommen“, sagte Anna unvermittelt.
    Lucrezia brauchte einen Augenblick, um Anna zu folgen.
    „Was denn für ein Mandat? Du arbeitest doch gar nicht.“
    „Ein deutscher Freund hat mich gebeten, an einem Fall mitzuarbeiten, der italienischen Bezug hat.“
    „Das ist toll! Um was geht es?“ Lucrezia war dankbar, dass sie das Thema gewechselt hatten. „Es ist ein italienisches Unternehmen, das kurz vor dem Aus steht. Sie haben deutsche Investoren gefunden. Doch die Fusion ist bei der Kommission anmeldungspflichtig. Das bringt den Zeitplan durcheinander.“ Anna sah sie an.
    Es dauerte einen Augenblick, bis der Groschen fiel.
    „Du bist das?“, fragte Lucrezia verwundert. „Du bist der deutsche Wachhund?“
    Anna nickte. „Hat Christiano sich darüber schon ausgelassen?“
    „Ja, und wie! Mann, Anna, das ist Wahnsinn. Das ist nicht irgendein Fall. Das ist High Profile!“ Lucrezias Stimme überschlug sich. Plötzlich runzelte sie die Stirn. Ihr war ein Gedanke gekommen.
    „Aber weiß dein Freund, dass du Christianos Frau bist?“
    „Nein“,

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