Kein ganzes Leben lang (German Edition)
es warm war.
„Wie?“, fragte Anna in die Stille.
„Wie bei Heiner. Ein giftiges Kräutchen, das im Garten wächst“, erwiderte Helene schwach. Anna setzte ein paarmal an, etwas zu sagen.
Schließlich sagte Helene: „Ich wollte endlich frei sein. Nach unzähligen Jahren Erniedrigung und Respektlosigkeit endlich frei sein.“
„Es ging nicht nur um körperliche Freiheit“, stellte Anna fest.
„Es ging auch um seelische Freiheit. Die Demütigung hatte nach Vergeltung geschrien, sonst wäre sie niemals verstummt. Dafür komme ich in die Hölle. Aber wenigstens bin ich zu Lebzeiten noch einmal aus der Hölle herausgekommen.“
„Warum hast du sie nicht schon früher zum Teufel geschickt?“
„Ich habe ihn geliebt.“
„Und gehofft, dass er zu dir zurückkommt“, vollendete Anna die Antwort.
Helene trank das Glas in einem Rutsch leer.
„Ich habe mich für ihn gegen meine Familie gestellt, er hat unser Familienunternehmen übernommen, wurde reich, wohnte in einem herrlichen Haus. Ich habe keinen Dank erwartet, nur dass er mich liebt. Darauf habe ich bis zum Ende gewartet. Vergebens.“
„Wie viel brauchst du für das Haus?“
„Fünfzigtausend Euro reichen erst einmal für die notwendigen Arbeiten.“
„Ich spreche mit Christiano.“
„Ich will Christianos Geld nicht. Er hat damit nichts zu tun“.
Das konnte Anna verstehen. Sie musste darüber nachdenken.
„Wie auch immer. Ich werde dir das Geld besorgen. Wir geben dieses Haus nicht auf.“
„Danke, Liebes. Ich werde dir alles zurückzahlen.“
„Das ist nicht nötig. Aber was du mir sehr wohl zurückzahlen kannst, sind 1100,25 Euro für zwei Flaschen Dom Pérignon, Blini mit Beluga-Kaviar und vieles mehr.“ Anna winkte mit der Hotelrechnung.
Helene lachte und hielt Anna ihr leeres Glas hin.
„Ich könnte noch einen vertragen.“
Anna saß in einem Strandkorb an einem der Elbstrände. Neben ihr hatte Paul es sich gemütlich gemacht. Es war ein lauer Sommerabend gewesen. Doch jetzt, wo die Sonne unterging, legte sie sich eine Strickjacke über die Schultern. Sie nippten an ihren Getränken.
„Bist du noch böse?“
„Nein, aber ich muss sagen, ich war zwischenzeitlich besorgt, dass dies in einen privaten Krieg ausarten könnte. Wie läuft es denn?“
Anna sah auf das Wasser. Sanft rollten kleine Wellen am Strand aus.
„Ich weiß es nicht. Jeden Tag warte ich auf ein Zeichen. Etwas, das mir sagt, was ich tun soll.“
„Was sagt dir dein Herz?“
„Mein Herz tut mir noch weh.“
„Dann gib dir noch Zeit.“
Anna nickte.
„Ich hätte dich gerne in ein schickes Restaurant eingeladen, um zu feiern. Unsere Mandanten waren sehr zufrieden. Es hat alles rechtzeitig geklappt.“
„Wir sitzen in einem Strandkorb, sehen der untergehenden Sonne zu und trinken Alsterwasser. Ist das nicht der ideale Ort zum Feiern? Außerdem habe ich nicht viel gemacht.“
„Nicht viel gemacht? Deine Kontakte zur Kommission, dein Memo – und am Ende hast du dafür gesorgt, dass die Anmeldung rechtzeitig fertig wurde. Das nennst du ‚nicht viel‘?“, protestierte Paul.
„Ich habe die Anmeldung nicht fertiggestellt. Christiano und sein Team haben diese Arbeit gemacht. Ich habe lediglich ein wenig geholfen.“
„Anna, ich weiß nicht, warum du immer dein Licht unter den Scheffel stellst. Aber wenn es wirklich so war, kannst du mir erklären, warum Christiano diese E-Mail geschickt hat? Ist das vielleicht ein Versuch, dich umzustimmen?“ Paul fuchtelte mit dem Blackberry vor Annas Gesicht herum.
Anna runzelte die Stirn und griff danach. Sie las die Zeilen dreimal. Schließlich legte sie das Blackberry neben sich. Sie kickte ihre Schuhe in den Sand und schlang ihre Arme um die Knie. Paul nahm ihr das Blackberry aus der Hand.
„Liebe Bruna, lieber Paul, liebe Anna, ich freue mich, dass wir das Unmögliche möglich gemacht haben. Die Kommission hat unserem Antrag auf Sofortvollzug stattgegeben. Dem Deal steht jetzt nichts mehr im Weg. Besonders möchte ich hervorheben, dass dies Anna zu verdanken ist. Meine Associate war kurzfristig unpässlich geworden, und Anna sprang ein. Obwohl sie ein Baby zu Hause hat, verbrachte sie eine ganze Nacht damit, die Anmeldung fertigzustellen. Vielen Dank, Anna, wenn Sie eine Festanstellung suchen, schicken Sie mir Ihren Lebenslauf“, las Paul laut vor.
Anna reagierte nicht. Christiano hatte die Lorbeeren nicht nur geteilt, sondern sie ihr gelassen. Und das vor seiner Mandantin. Was musste es ihn
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