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Kein Job fuer schwache Nerven

Kein Job fuer schwache Nerven

Titel: Kein Job fuer schwache Nerven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Blutfleck nicht klein beigeben mag, so verrückt ist vermutlich bloß der Anders.
    Abschließend haben wir noch mal eine Geruchsbekämpfung durchgeführt, diesmal mit einem biologischen Mittel, das wir einsetzen, sobald es keinen Leichengeruch gibt: Bio-Fresh-Nature. Man muss relativ viel Material aufwenden, aber es hilft und ist schonend fürs Zimmer.
    Was mich nachdenklich stimmt, ist, dass es für mich keinen Unterschied ausmachte, dass ich hier die Wohnung von jemandem reinigte, der überlebt hatte. Man hätte ja sagen können, dass es sich leichter wischt, wenn man nicht den traurigen dunklen Schatten des Todes über allem schweben hat oder so. Wenn den Angehörigen noch die Möglichkeit auf ein Happy End bleibt. Letztlich war die Partnerin des jungen Mannes natürlich geschockt, auch ziemlich irritiert und beunruhigt, aber sie hat nun mal nicht getrauert, weil ja auch niemand gestorben war. Und ich habe da beim besten Willen für mich keinen Unterschied entdecken können.
    Oder keinen Unterschied mehr – ich weiß nicht, ob das früher anders war.

14 . Selbst ist der Mord
    Ich glaube, jeder Mensch hat schon mal über Selbstmord nachgedacht. Nicht ernsthaft, aber spielerisch. Also banal gesagt: Angenommen, ich wollte mich umbringen, wie würde ich es machen – so was in dieser Art. Und wenn man schon grübelt, dann malen sich das die meisten Menschen auch aus, als hausgemachten Gruselfilm im Kopf. Man kann ja jederzeit wieder aufhören, nicht wahr? Und in bestimmten Situationen spielt man das Ganze auch mal so durch. Ich auch.
    Ich würde nicht sagen, dass ich einen Selbstmordversuch hinter mir habe, aber – das ist jetzt schon ewig her, 20 Jahre oder so – in einem wirklich üblen Anfall von Liebeskummer bin ich mal zur U-Bahn gefahren. Ich habe im Auto vor dem U-Bahnhof gesessen und mich ganz furchtbar bedauert, weil ich so arm dran war und ungeliebt, und angesichts dieses wirklich unmenschlichen Schicksals dachte ich: » Wer weiß, vielleicht sollte ich mich vor die U-Bahn werfen. « Und für den Fall, dass diese Idee sich als hervorragend entpuppen sollte, bin ich halt hingefahren. Ich bin nicht mal ausgestiegen, ich saß da ungefähr 20 Minuten, und dann habe ich das gemacht, was man normalerweise macht: Man fährt sehr lebendig wieder heim und heult da jemand anders die Ohren voll, in dem Fall meinem Vater. Die Stimme im Kopf, die einem sagt, dass man wahrscheinlich im Auto vor dem U-Bahnhof besser aufgehoben ist als auf den Gleisen und mit einer U-Bahn auf sich drauf, diese Stimme ist das Über-Ich.
    Jedenfalls, wenn sie mich bei meinen Schulungen richtig informiert haben.
    Das Über-Ich ist eine von drei Instanzen des Bewusstseins, die sich Sigmund Freud ausgedacht hat. Wie der Mensch genau funktioniert, weiß natürlich niemand, auch Sigmund Freud nicht, aber er hat die verschiedenen Empfindungen des Menschen in einem Modell ganz übersichtlich aufgeschlüsselt. Und wenn man’s einfach erklären will, dann läuft es auf das hinaus, was in Cartoons immer als der Engel und der Teufel auf der Schulter dargestellt wird. Der Teufel ist das » Es« und steht für alle Reize, die so auf uns einwirken: Sex, Hunger, auch Liebeskummer oder das Gefühl, dass irgendeine Situation so peinlich ist, dass man am liebsten davonlaufen möchte. Man sieht schon, das Bild mit dem Teufel ist nicht ganz richtig, es geht hier nicht nur um böse Sachen, es läuft eher auf den ersten starken Impuls hinaus, der nach der einfachsten oder schnellsten Lösung der jeweiligen Situation schreit:
    Hunger – Essen
    Erregung – Sex
    Der Frau des Bundespräsidenten beim Neujahrsempfang versehentlich ein Glas Rotwein in den Ausschnitt geschüttet – schnell heimlaufen und unterm Bett verkriechen.
    All diese Dinge machen wir normalerweise nicht, weil wir vernünftig sind. Wir denken nach, ob bestimmte Sachen erlaubt sind und überlegen die generellen Folgen. Der Feuerwehrmann lässt nicht sofort den Schlauch fallen, wenn er Hunger hat, sondern er wartet freundlicherweise, bis das Feuer gelöscht ist. Man entschuldigt sich bei der Frau Bundespräsident, weil Heimlaufen die Situation eher schlimmer macht als besser. Diese vernünftigen Gedanken sagt uns nach Freud das » Über-Ich«, oder der Engel, aber auch hier sieht man ziemlich schnell, dass der Engel genauso wenig ins Bild passt wie vorher der Teufel, weil der Engel auch nicht nur Güte und ordnungsgemäßes Verhalten predigt, sondern oft schlicht und einfach Vernunft

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