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Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Kein Kanadier ist auch keine Lösung

Titel: Kein Kanadier ist auch keine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fraser
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studierte sein Gesicht. Er hatte die Sonnenbrille im Auto gelassen und gönnte ihr den Blick in seine Augen. Frustration hatte sich in seinen Tonfall gemischt. Noch bevor sie etwas erwidern konnte, änderte sich seine Miene, die Unbeschwertheit kehrte zurück, und er fragte, ob er ihr etwas zu trinken besorgen solle.
    „ Es gibt aber nur Antialkoholisches hier“, setzte er hinzu.
    „ Das ist okay, es ist auch noch etwas früh für Alkohol“, sagte sie und schaute auf ihre Uhr. Es war gerade mal halb zwölf.
    „ Also ich könnte ein Bier brauchen“, murmelte er.
    „ Und wieso gibt es hier keins?“
    „ Zu viele Probleme mit Alkohol unter den Indianern“, sagte er leichthin, als ob das alles erklären würde.
    Vielleicht tat es das auch, nachdem sie einen Moment darüber nachgedacht hatte. Das Feuerwasser war einst eine der stärksten Waffen der Weißen im Kampf gegen die Indianer. Irgendwo hatte sie gelesen, dass Indianer eine niedrigere Toleranz für Alkohol besaßen als Weiße. Nur wenig davon genügte, um sie süchtig zu machen.
    John verschwand in der Menge und sie ließ sich berauschen von der Musik, den Farben und den kecken Blicken einiger junger Indianer. Sie befanden sich in einem Reservat, wie John ihr erklärt hatte. Sie hatte sich Reservate völlig anders vorgestellt. Irgendwie war sie dem naiven Glauben verfallen sie würde bunte Tipis sehen, Indianerfrauen, die Brot backten und Leder nähten. Aber das gehörte wohl in ein anderes Jahrhundert. Stattdessen sah sie ärmliche Holzhäuser die nur noch Reste eines Anstrichs zeigten, alte vergammelte Autos und zwei christliche Kirchen. Was hatten christliche Kirchen in einem Reservat zu suchen? Da war eine Menge, das sie nicht verstand, aber vielleicht würde sie später noch Gelegenheit haben, mit John darüber zu reden.
    „ Hier eine Cola, schöne Lady“, hauchte er in ihr Ohr und sie sprang in die Höhe vor Schreck.
    Sie war vollständig in die Überlegung versunken, wie zum Geier der schmale Lederlappen an der Hüfte eines der tanzenden Indianer befestigt war, ohne auch nur eine Spur zu verrutschen. Sicher wusste John die Antwort, aber sie hatte nicht vor, ihn danach zu fragen.
    „ Das ist ein besonderer Trick, ich erklär es dir später, oder vielleicht zeige ich es dir sogar, wenn du mich lässt“, raunte John.
    Überrascht blinzelte sie ihn an. „Wovon sprichst du?“
    „ Oh, ich dachte, du hast eben zwischen die Beine dieses netten jungen Mannes gestarrt, und da nahm ich an, du hast ein paar Fragen. Oder liege ich daneben?“
    Sein Grinsen war eines der unverfrorensten, das er je präsentiert hatte. Sie spürte die Kampfeslust zurückkehren.
    „ Total daneben“, verteidigte sie sich. „So was von daneben, du bist nicht mal mehr im Bild, so daneben bist du!“
    „ Ich glaube dir kein Wort“, sagte John, und trank von seiner Cola.
    „ Dann eben nicht! Was kümmert es mich? Und außerdem kann ich hinstarren, wo ich will.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah den Tänzern zu. „Es gibt also einen Trick?“
    John prustete Cola über das Gelände.
    „ Schön, ich habe ihm also zwischen die Beine gestarrt, na und? Schließlich hat er einiges zu bieten, was ein Starren lohnend macht.“
    Sie blickte ihn trotzig an und wartete, bis er sich den Mund mit einem Papiertaschentuch abgewischt hatte.
    „ Hättest du nicht warten können, bis ich geschluckt habe? Jetzt habe ich mir mein Hemd versaut.“
    „ Woher soll ich wissen, wann dein Schluckmuskel so weit ist?“ Demonstrativ zupfte er an seinem Hemd. „Es ist überhaupt nichts zu sehen, hör auf zu heulen.“
    „ Ich heule nicht.“
    „ Du jammerst. Ich hasse Memmen.“
    Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder und versuchte dann erneut Worte zu produzieren.
    „ Ich? Eine Memme? So hat mich wirklich noch keine genannt. Sturer Hund, Egoist, Mistkerl, aber Memme? Das ist neu.“
    Sie konnte nicht verhindern, erste Anzeichen des Lachens erkennen zu geben. Das Ganze war einfach lächerlich, aber es machte höllischen Spaß, sein inneres Biest zu erwecken, das eindeutig irgendwo in ihm schlummerte. Sie konnte es in seinen Augen sehen. Es lauerte dort, bereit jedem ins Gesicht zu springen, der ihm zu nahe kam. Gefährlich, doch gleichzeitig absolut faszinierend. Sie registrierte ein amüsiertes Zucken um seine Lippen. Was waren sie nur für ein seltsames Pärchen? Eine Sekunde später lachten sie beide.
    „ Du bist eine Verrückte“, sagte John, während er sich mit dem

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