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Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Titel: Kein Kind ist auch (k)eine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Wolf
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als wir ihn fragten, aber es ging ja auch wirklich nur um sein Erbgut. Mehr nicht. Keine Alimente. Gar nichts. Nur sein Erbgut.«
    Sein Erbgut? Ich brauchte einen Moment, bis ich begriff. Sie wollte keine Organe, sie wollte sein …
    »Du hast auf einer Party einen wildfremden Mann nach seinem Sper… Also du bist einfach auf ihn zugegangen und hast ihn gefragt, ob er … du weißt schon, dich schwängert?«
    »Nicht mich. Lisa.«
    »Dann eben Lisa. Wen ist ja auch schon fast egal. Ich weiß ja nicht, ob das bei euch Lesben normal ist, aber bei uns Heteros fragt man eigentlich nach ein paar Gläsern und einem netten Small Talk nach der Telefonnummer, verabredet sich vielleicht oder hat meinetwegen noch einen One-Night-Stand. Aber du kannst doch nicht irgendwen fragen, ob er bereit ist, deine Freundin zu schwängern?«
    »Doch. Kann ich. Hat er ja auch gemacht.«
    »Auf der Party?«
    »Charly. Sei doch mal ernst.«
    »Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so ernst. Und? Hat er gleich Ja gesagt?«
    »Nicht gleich. Erst dachte er, wir wollten ihn veräppeln. Dann dachte er an einen Dreier, und dann fragte er, ob er etwas von unseren Drogen abhaben könne. Ich habe ihm dann noch mal erklärt, worum es uns gehe, und dass wir nicht zu einer Samenbank gehen wollten. Ich glaube, er hat es letztendlich aus Mitleid getan.«
    »Sex aus Mitleid. Kenn ich.«
    »Um Gottes willen. Natürlich keinen Sex, Charly.«
    »Was denn dann?«
    »Wir haben Persona gekauft, und außerdem hat Lisa jeden Morgen die Temperatur gemessen, und als wir uns sicher waren, dass sie an diesem Tag ihren Eisprung hat, haben wir Björn angerufen.«
    »Und er hat sich auf sein Rad geschwungen und ist mal kurz bei euch vorbeigefahren, um sein Erbgut abzugeben?«
    »Ja. Fast. Allerdings hat er die U-Bahn genommen. Die ersten beiden Male kam er noch mit dem Auto, aber da wurde er zweimal geblitzt. Und für die Parkplatzsuche hat er mehr Zeit gebraucht als für die Fahrt. Und das will schon was heißen, weil er nämlich in Potsdam wohnt.«
    »In Potsdam? Mein Gott, wie lang ist der Arme denn zu euch gefahren? Und dann soll er auch noch Lust haben … Oh je!«
    »Irgendwie tat er mir ja auch leid.«
    »Und warum hat es nicht geklappt? Es hat doch nicht geklappt, oder?«
    »Nein. Leider nicht. Es war wohl jedes Mal der falsche Zeitpunkt. Zu früh oder zu spät oder was weiß ich. Und nach dem achten Versuch mochte er nicht mehr.«
    »Acht Mal habt ihr das gemacht … ich meine, hat er das mitgemacht? Mann, der muss euch ja wirklich gern gehabt haben.«
    »Ja.«
    »Wie habt ihr es denn jetzt eigentlich … also ich meine, wenn er nicht mit Lisa …?«
    »Ganz einfach: Er ist ins Bad gegangen und hat an etwas Schönes gedacht und uns das Ergebnis seiner Überlegung in einem kleinen Gefäß auf der Heizung stehen lassen. Das haben wir Lisa dann eingespritzt.«
    »Wir?«
    »Lisa und ich. Was dachtest du denn?«
    »Nichts. Und was macht ihr jetzt?«
    »Weiß ich nicht. Keine Ahnung. Das macht mich total fertig. Und Lisa erst. Drei Jahre, das ist echt verdammt lang. Und sie wird im Frühjahr doch schon 38.« Sie holte tief Luft. »Und dann geht man einkaufen und trifft unterwegs lauter Mütter mit Kinderwagen. Die kommen einem wie Kampftruppen entgegen. Und so reden sie auch mit ihren Kindern und wissen es gar nicht zu schätzen, dass sie ein echtes Geschenk in der Karre umherfahren. Die pöbeln ihre Kleinen an, da wird einem übel. Also mir zumindest. Jeder Idiot darf in diesem Land ein Kind in die Welt setzen – oder gleich sechs. Und wir?«
    Ja, und wir? Gute Frage. Wir mussten dringend das Thema wechseln.
    Ich verordnete ihr ein Wochenende auf Usedom oder dem Darß, ein Hotel irgendwo an einem der schönen Strände, mit direktem Meerblick. Erholung statt Erbguttransplantationen. Dann nahm ich den letzten Schluck aus meinem Becher. Er war inzwischen kalt geworden.
    Das durfte doch alles nicht mehr wahr sein! Da hatte ich extra, um mich abzulenken, mal bei einer Freundin angerufen, bei der ich fest davon überzeugt war, dass sie hundertprozentig immun war gegen jegliches Muttergefühl, und jetzt musste ich auch noch feststellen, dass sie komplett infiziert war. Selbst eine sexuelle Umorientierung bot also überhaupt keinen Schutz vor diesem offenbar universellen Virus.
    Mist, so konnte ich nicht auf andere Gedanken kommen!
    In dieser Nacht schlief ich so gut wie gar nicht. Michas Abwesenheit war so stark spürbar, dass ich kurz davor war, mir ein Taxi zu bestellen,

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