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Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Titel: Kein Kind ist auch (k)eine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Wolf
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gibt es etwas, was du mir sagen möchtest?« Günther zwinkerte mir zu und kickte mir leicht in die Seite, als wären wir total dicke Kumpel und hätten uns gegen den Rest der Welt verschworen.
    Ich begriff nicht. »Herzlichen Glückwunsch?!«, antwortete ich unsicher.
    »Das meine ich nicht. Aber vielleicht sollte ich das zu dir sagen, oder?« Er zeigte auf mein Glas.
    »Warum? Weil ich es jetzt ohne Alkohol durch die Sendung schaffe?«, witzelte ich.
    »Na, komm. Du bist verliebt, das sieht man dir ja schon lange an. Ihr wohnt zusammen, du bist – na? – Mitte dreißig? Du hast dir sogar schon eine Karre angeschafft und …«, er schenkte mir Saft nach, »du trinkst keinen Sekt. Deutlicher geht es wohl kaum.« Er beugte sich zu mir rüber, als hätten wir ein Geheimnis. »Ich kann es ja verstehen, wenn du es noch nicht an die große Glocke hängen willst. Aber sag mir rechtzeitig Bescheid, damit ich dann für Ersatz sorgen kann, okay?« Er lächelte mich an, legte die Hand aufmunternd auf meine Schulter und flüsterte: »He, ich freu mich für dich. Klasse, echt.«
    Und zack, kickte er mir noch mal in die Seite.
    Ich kickte mit dem Ellenbogen zurück und flüsterte: »He, ich mich auch. Aber falls es dich beruhigt: Ich trinke keinen Sekt, weil ich noch einen Kater von gestern Abend habe.« Das war gelogen, aber half. »Und das hier«, ich deutete auf das, was sich oberhalb meiner zu engen Hüfthose befand, »ist nichts anderes als das Ergebnis von zu viel Mascarpone in zu kurzer Zeit.«
    Ich stellte mein Glas ab. Dass in letzter Zeit gerne mal Blicke auf meinen Bauch statt in meine Augen gerichtet wurden und bei der Einnahme einer Aspirin ein Hinweis von Kolleginnen auf die Nebenwirkungen kam, nach denen kein Mensch gefragt hatte – okay! Aber dass jetzt schon Safttrinken falsch interpretiert wurde!
    Kaum hatte ich mich umgedreht und war gegangen, hatte ich plötzlich doch ein Kind – zumindest leihweise.
    Mein Handy piepste. Eine SMS von Ilka.
    Kannst du Samstagvormittag die Kleine ein paar Stunden nehmen? Muss mich auf ein Bewerbungsgespräch vorbereiten.
    Als hätten sie sich alle abgesprochen.
    Ja , tippte ich kurz zurück, obwohl ich daran zweifelte, dass das eine gute Idee war.
    *
    Micha saß in der Küche, als ich nach einem erneuten Hindernislauf – »Karre schieben« sollte eine olympische Disziplin werden! – nach der Arbeit in die Wohnung kam.
    Ich war völlig hinüber. Ich sollte Waltraud mal auf die Waage stellen. War mir bisher gar nicht aufgefallen, wie viel sie wog. Die letzten Stufen musste ich sie sogar hochtragen, sonst hätte ich ohne Hund weiterleben müssen.
    Ich sah auf die Uhr. Viertel nach vier. So früh war er sonst nie zu Hause.
    »Na?«
    »Na.«
    Oder ohne Hund und Mann? Die Stimmung war jedenfalls schlimmer als kurz vor der Einäscherung meines Vaters.
    Ich legte meine Tasche in die Ecke und setzte mich zu Micha. Auf dem Tisch standen zwei Flaschen Bionade.
    »Magst du?«
    »Ja, gern.«
    Er öffnete eine Flasche und reichte sie mir. Dann griff er mit der Hand an seinen Nacken und knetete die Stelle.
    » Willst du jetzt immer auf dem ollen Sofa schlafen, ode r kommst du wieder zurück«, fragte ich schmollend.
    »Charly …«
    Oh Gott, klang so ein Abschied?
    »Mach es kurz, dann tut es nicht so weh«, unterbrach ich ihn und tat gefasst, obwohl ich alles andere als das war. Ich befand mich eher kurz vor Eintreten der Schockstarre.
    »Vielleicht sollten wir beide noch einmal in Ruhe darüber nachdenken, was ein Kind oder eben kein Kind für uns bedeutet.«
    Mein Herz blieb stehen.
    »Wie weit würde man gehen, dem anderen zuliebe? Und ist das dann wirklich das Leben, das man führen will oder das man sich so vorgestellt hat?«
    »Du willst eine Pause. Eine – wie sagt man so schön – Auszeit?«
    Das war der Anfang vom Ende.
    »So würde ich es nicht nennen, aber lass uns doch, wie gesagt, noch einmal darüber nachdenken. Ich tue es, und du kannst es ja auch noch einmal machen.«
    »Und dann? Dann verzichtest du vielleicht auf ein Kind, mir zuliebe, guckst bei jedem Spaziergang in jeden Kinderwagen, der uns entgegenrollt, und hörst mir im Café nicht zu, weil neben uns ein süßer Dreijähriger lustige Sachen erzählt? Und dann verliebst du dich in ein paar Jahren in eine jüngere Frau, die ein Kind will, und bist weg. Nein, danke. Dann lass es uns jetzt beenden.«
    Das hatte ich so gar nicht sagen wollen.
    »Ich kenne die Lösung auch nicht, aber ich will jetzt auch nicht

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