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Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Kein Kind ist auch (k)eine Lösung

Titel: Kein Kind ist auch (k)eine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Wolf
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Geschwister wollten früher unbedingt einen Hund. Jahrelang nervten sie damit. Mein Vater wollte pa rtout keinen im Haus haben. Sie nervten trotzdem, und schließlich kauften meine Eltern einen Rauhaardackel. Kaum war der Hund da, hatte die ersten Male in die Ecke gemacht und ein Paar neue Schuhe von meinem Bruder kaputtgebissen, ließ das Interesse nach.«
    Aha, dachte ich und überlegte, wer ich in der Geschichte war. Der Dackel?
    »Und was glaubst du, wer war innerhalb kürzester Zeit so in diesen Hund vernarrt, dass er ihn nachts mit ins Bett nahm?«
    »Keine Ahnung. Du?«
    »Nein. Mein Vater. Die beiden gingen ohne einander keinen Schritt mehr und benahmen sich, als hätte man sie nach der Geburt getrennt.«
    Ich stand einfach auf und fing wie ferngesteuert an, aufzuräumen und Staub zu wischen. Das war das Einzige, was jetzt half. Die Probleme wegwischen.
    Was wollte er mir denn damit sagen? Dass man sich an ein Kind gewöhnen konnte? Vielleicht würde ich ja wirklich eines lieben Tages Lust auf ein Kind haben, wer wusste das schon? Ich mochte ja auch früher keinen Roquefort und heute esse ich ihn. Aber warum musste ich mir denn jetzt darüber im Klaren sein? Man konnte ja fast das Gefühl bekommen, nicht normal zu sein. Hatten sich denn alle gegen mich verschworen? Ohne Kind war ja wie mit Makel.
    Irgendwann stand auch Micha auf, nahm sich die Hundeleine und ging mit Waltraud raus. Über das Thema Kinderwunsch sprachen wir nicht mehr. Zumindest nicht an diesem Tag.
    Trotzdem klangen Michas Worte wie ein Mantra in meinem Kopf nach. Tagelang. Immer wieder. Meine einzige Hoffnung lag darin, das Thema einfach totzuschweigen, solange es ging.
    *
    Und dann kam Willi. Anfang Oktober.
    Willi war eine Hausgeburt. Und Willi hielt sich weder an seinen Flugplan, denn er kam zehn Tage zu früh, noch an meinen Plan, das Thema Nachwuchs zu verdrängen, solange es ging. Damit war Schluss, und zwar exakt am 1.10. um 1:10 Uhr. Ein Perfektionist – Willi.
    Wir hatten es uns gerade mit »Dem Biss der Bestie« – »Die drei Fragezeichen«, Folge 146 – im Bett gemütlich gemacht, als ich dieses Geräusch hörte. Ich war mir erst nicht sicher, was es war, denn es klang, als würde jemand im Nebenzimmer ein Schwein schlachten.
    »Hast du das auch gehört?«, fragte ich Micha, der inzwischen senkrecht im Bett saß.
    »Allerdings.«
    Wir warteten einen Moment, es blieb still. Dann legten wir uns wieder hin.
    Ich wollte gerade auf »Play« drücken, da hörten wir es wieder, das Geräusch. Diesmal setzte ich mich gerade im Bett hin.
    Ich stand auf, nahm meinen Kapuzenpulli, schloss die Wohnungstür auf und hoffte, das Geräusch so besser orten zu können.
    Da war es wieder.
    Schrecklich.
    Das ist Hanne, schoss es mir durch den Kopf. Ich rannte ohne nachzudenken barfuß zu ihr runter und klingelte.
    Erst nach dem dritten Mal wurde die Tür geöffnet. Phillip sah mich an, als hätte er mich noch nie gesehen.
    »Alles okay bei euch?«, fragte ich.
    »Nein, also ja, Hanne behauptet das zumindest, die Hebamme auch, aber ich bin gerade nicht ganz sicher. Willst du reinkommen? Ich kann uns einen Tee machen.«
    »Phillip, du wirst gerade Vater! Da trinkt man nicht mit den Nachbarn Tee.«
    »Nein?«
    »Nein!«
    Ich schickte ihn wieder rein, was er nicht gerne hörte, und wünschte … ja, was denn? »Viel Kraft. Ja, und wenn ich etwas tun kann, du weißt schon …«
    Sie hätten gerade Abendbrot essen wollen, als die Fruchtblase geplatzt sei, erzählte er noch schnell, völlig aufgelöst. Als die Hebamme, die auf der Elbchaussee im Stau stecken geblieben war, endlich ankam, war die Geburt schon so weit fortgeschritten, dass es keine Alternative gab.
    »Früher wurden alle Kinder zu Hause geboren«, behauptete ich und versuchte, ihm Mut zu machen, was mir nicht so recht gelang.
    Da schrie Hanne wieder.
    »Wenn ich etwas tun kann … du weißt ja, wo wir wohnen«, sagte ich und hoffte, er würde es in der Aufregung vergessen, falls es so weit käme.
    Draußen fing es an zu regnen, nein, zu schütten. Als ich wieder im Schlafzimmer war, donnerte es, und ich schloss das Fenster.
    Nur ein paar Meter schräg unter mir lag meine Freundin und drückte ihr Kind in die Welt. Adrenalinkick nannte man das wohl, jedenfalls hielt es mich vom Schlafen ab.
    Ich setzte mich im Schneidersitz aufs Bett.
    »Und?«, fragte Micha.
    »Hannes Baby hat sich überlegt, dass heute ein guter Tag ist, um auf die Welt zu kommen. Um genau zu sein, jetzt. In ihrem

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