Kein Kinderspiel
oder?« sagte Angie mit Blick auf das klaffende Loch.
»Bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen - aber das sind die Lungen des Herrn«, gab Poole bekannt.
Er hob den Kopf des Toten am Kinn mit einem Kugelschreiber an und trat einen Schritt zurück. »Oh, hallo David!«
»David Martin?« fragte Broussard und machte einen Schritt auf den Toten zu.
»Genau der.« Poole ließ den Kopf wieder fallen und berührte das dunkle Haar der Leiche. »Du siehst irgendwie krank aus, David.«
Broussard wandte sich uns zu. »David Martin. Auch bekannt als Mini-David.«
Angie hustete in ihr Taschentuch. »Für meine Begriffe sieht er ziemlich groß aus.«
»Es hat auch nichts mit seiner Körpergröße zu tun.«
Angie warf einen kurzen Blick auf die Leistengegend des Toten. »Oh.«
»Und das hier muß Kimmie sein«, erklärte Poole und stieg über die Pfütze getrockneten Bluts zu der Frau im Neglige herüber.
Er hob auch ihren Kopf mit dem Stift an und stieß aus: »Allmächtiger Gott!«
Eine schwarze Wunde zog sich wie eine tiefe Schlucht über Kimmies Hals. Kinn und Wangen waren mit schwarzen Blutflecken übersät, und ihre Augen waren nach oben gerichtet, als bitte sie um Rettung, um Hilfe oder um einen Beweis, daß irgend etwas jenseits dieser Küche auf sie wartete.
Die Arme wiesen mehrere tiefe Schnittwunden auf, angeschwollen und blutverkrustet. Auf Schultern und Schlüsselbeinen befanden sich kreisförmige Löcher, die ich als Zigarettenverbrennungen identifizierte.
»Sie wurde gefoltert.«
Broussard nickte. »Vor ihrem Freund. Sag mir, wo es ist, oder ich schneide sie noch mal. So ungefähr.« Er schüttelte den Kopf. »Das ist wirklich ätzend. Für eine Koksnase war Kimmie eigentlich ganz in Ordnung.«
Poole trat von Kimmies Leiche zurück. »Die Katzen haben sie nicht angerührt.«
»Was?« fragte Angie.
Er zeigte auf Mini-David. »Wie ihr sehen könnt, haben sie sich an Mr. Martin gütlich getan. Aber nicht an Kimmie.«
»Was meinen Sie damit?« fragte ich.
Er zuckte mit den Achseln. »Sie mochten Kimmie. Mini-David mochten sie nicht. Schade, daß die Killer nicht genauso gedacht haben.«
Broussard trat neben seinen Kollegen. »Glaubst du, Mini-David hat verraten, wo die Ware ist?«
Poole ließ Kimmies Kopf vorsichtig auf die Brust zurücksinken und schnaubte verächtlich. »Er war ein geldgieriges Schwein.« Über die Schulter sah er sich nach uns um. »Will ja nicht schlecht von einem Toten sprechen, aber…« Er zuckte mit den Schultern.
» Mini-David ist vor ein paar Jahren mal mit einer ehemaligen Freundin in eine Apotheke eingebrochen, hat Valium oder Morphium gesucht, was weiß ich. Egal, als die Bullen kommen, verschwinden Mini-David und seine Freundin durch die Hintertür. Sie müssen aus dem Notausgang im ersten Stock in die Gasse herunterspringen. Das Mädchen verstaucht sich den Knöchel. Und Mini-David liebt sie so sehr, daß er ihr die Ware abnimmt und sie allein dort in der Gasse liegenläßt.«
Zuerst Big Dave Strand. Jetzt Mini-Dave Martin. Fürs erste sollten wir unsere Kinder nicht mehr David nennen.
Ich sah mich in der Küche um. Die Bodenfliesen waren herausgerissen, die Essensvorräte aus den Regalen gefegt worden; Berge von Dosen und leeren Kartoffelchipstüten flogen auf dem Boden herum. Die Deckenleisten waren abgenommen worden und lagen nun in einer weißen Staubwolke neben dem Küchentisch. Ofen und Kühlschrank waren von der Wand gezogen worden. Die Türen der Schränke standen offen.
Wer Mini-David und Kimmie umgebracht hatte, war offenbar äußerst gründlich gewesen. »Sollen wir Bescheid sagen?« fragte Broussard. Poole zuckte mit den Achseln. »Wir können doch erst noch ein bißchen herumstochern!«
Er zog mehrere dünne Plastikhandschuhe aus der Jackentasche, die er voneinander trennte und dann an uns verteilte.
»Dies ist ein Tatort«, klärte Broussard Angie und mich auf. »Bringt nichts durcheinander!«
Schlafzimmer und Bad waren in demselben Zustand wie Küche und Wohnzimmer. Alles war umgeworfen, aufgeschnitten, auf den Boden entleert worden. Doch hatte ich schon einige Wohnungen von Drogenabhängigen gesehen -da war diese eigentlich nicht schlimmer. »Der Fernseher!« schlug Angie vor. Ich steckte den Kopf aus dem Schlafzimmer, Poole kam aus der Küche und Broussard aus dem Badezimmer. Wir gruppierten uns um Angie und den Fernseher. »Den haben sie vergessen!«
»Wahrscheinlich, weil er läuft«, überlegte Poole. »Und?«
»Nicht so einfach, zweihundert
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