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Kein König von Geburt

Kein König von Geburt

Titel: Kein König von Geburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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zurückkehrte, begann die Sterbensmüdigkeit, unter der Aiken seit dem Kampf mit Felice litt endlich nachzulassen und sein verwundetes Gehirn zu heilen. Die Geschichte der Königin war dünn: Sie habe das Gedächtnis verloren, als ihr Boot in den Bergrutsch geriet, sei allein im Dschungel östlich des Genil umhergeirrt und schließlich von einem bloßhalsigen Pflanzensucher, der sie nicht erkannte, gerettet worden. Er habe darauf bestanden, erst eine ausreichend große Zahl von seltenen Orchideen für das Gewächshaus von Lady Pennar-Ia, Celadeyrs Frau, zu sammeln, bevor er Mercy nach Afaliah brachte. So wenig plausibel diese Behauptung war, Aiken akzeptierte sie, ohne zu fragen, und er versuchte auch nicht, in Mercys Geist einzudringen. Sie war zurückgekehrt, sie war unverletzt, und sie reagierte von neuem voller Glut auf seine Liebe. Das genügte, und er war's zufrieden.
    An einem schönen Augusttag gingen sie hinaus zu den Dünen an der Straße von Redon, um sich anzusehen, wie Yosh Watanabe und seine Leute die verschiedenen Arten von Kampfdrachen vorführten, die sie für das kommende Große Turnier herstellten. Aiken und Mercy und eine große Gesellschaft höchst erhabener Persönlichkeiten lagerten unter einem Schattendach, genossen die Meeresbrise und die neue Unterhaltung. Picknick-Speisen und geeisten Honigwein gab es im Überfluß, und die Drachenkämpfe waren lustig und gelegentlich sogar gefährlich.
    Zuerst ließ man flinke, rhombenförmige Nagasaki-
    Hata steigen. Ihre Schwänze waren mit zerriebenem Glas umhüllt, und sie trugen lebhafte stilisierte Bilder in Rot, Weiß und Blau. Wenn es einem Drachen gelang, die Leine eines Rivalen durchzusägen, brüllte der gut gedrillte Tanu-Adel den traditionellen Ruf: »Katsuro!« und bezahlte seine Wetten, während Yosh strahlte und umherstolzierte und die nächsten Ereignisse erläuterte.
    Der Wind frischte auf, als die Sonne den Scheitelpunkt überschritt, und nun schwebten die großen Drachen in der Luft. Da gab es sechseckige Sanjo-Rokkaku, anderthalb mal so groß wie ein Tanu-Mann, mit farbenfrohen Porträts von Samurai-Kriegern, japanischen Dämonen und mythischen Geschöpfen, und da gab es rechteckige Shirone-O-dako, 6,70 m hoch und 5 m breit, geschmückt mit prächtigen Fischen und Vögeln, Sagengestalten und abstrakten Motiven. Diese Kampfdrachen mit Mannschaften von fünf bis zehn Menschen waren zu schwer für das Manöver des Leinendurchsägens. Statt dessen vollführten sie herrliche Luftkämpfe. Sie krachten zusammen, und die Männer versuchten, die Schnüre zu verwickeln. Ein besiegter Drache, seines aerodynamischen Auftriebs beraubt, schwankte dann und stürzte außer Kontrolle ab. Sein siegreicher Angreifer mußte ihm notgedrungen nach unten folgen, weil die Schnüre verhakt waren, behielt jedoch für gewöhnlich bis zum Ende seine Würde und landete sicher, während sein Feind als wirre Masse aus zerrissenem Papier und gesplitterten Bambusstangen in den Sand fiel.
    Als man den Wind für stark und stetig genug hielt, wurden die wahrhaft riesigen Drachen an den Strand gewälzt, die einen Kämpfer mit sich in die Luft trugen. Sie waren für das eigentliche Turnier, nicht für die Vorspiele bestimmt. Zwei O-dako, 14,50 mal 11 Meter groß und mit einem Gewicht von mehr als 800 kg pro Stück, wurden auf Gerüste gehievt, damit ihre zahlreichen Lenkschnüre angebracht, geflochten und an dem Flugkabel befestigt werden konnten. Letzteres war mit einer schweren Winde verbunden. Der Drachenkämpfer würde in einer leichten Hosenboje von dem unteren Rahmenwerk herabhängen. Drei mit den Lenkschnüren verbundene Manövrierleinen gaben dem Mann eine gewisse Kontrolle über den Flug seines Drachen. Aber hauptsächlich wurde er von der Bodenmannschaft aus fünfzig Leuten gesteuert. Sie waren mit laufenden Kontrolleinen ausgerüstet, die mittels großer, D-förmiger Karabinerhaken an dem Hauptkabel befestigt waren.
    Als das Paar riesiger O-dakos startbereit war, trat Yosh vor die Schranke der königlichen Loge, gefolgt von seinem Assistenten, dem mißmutigen grauberingten Litauer Vilkas. Yosh trug seine prachtvolle Samurai-Rüstung, Vilkas nur den geringfügig weniger dekorativen Harnisch eines Ashigaru oder Fußkämpfers.
    Feierlich verbeugte sich Yosh vor Aiken und Merca. »Dies ist unsere erste offizielle Vorführung der bemannten Drachen, Aiken-sama, das erste Mal, daß wir einen echten Drachenkampf probieren.« Er hielt dem König eine merkwürdige

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