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Kein König von Geburt

Kein König von Geburt

Titel: Kein König von Geburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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fast entsagend. »Such dir eine ruhige Ecke, wo du sie wiegen und ihr Vorsingen kannst, Olone! Ich fürchte, dieser ganze Lärm hat sie aufgeregt. Es war selbstsüchtig von mir, sie heute mit an den Strand zu nehmen ... aber ich wünschte mir so sehr, sie bei mir zu haben.«
    Olone deutete einen Knicks an und stürzte davon, als fürchtete sie, Mercy werde ihre Meinung ändern. Sullivan bemerkte: »Meine Frau liebt Agraynel wie ein eigenes Kind, meine Königin.«
    »Ich weiß. Und ich kann gar nicht sagen, wie dankbar ich ihr bin, daß sie das Kind genährt hat, solange ich -abwesend war. Vielleicht war es meine unterbewußte Sorge um Agraynel, die meine Amnesie geheilt hat, als ich im Dschungel von Koneyn umherirrte.«
    Aiken lachte leise vor sich hin. »Nun, wir wissen, daß es keine unterbewußte Sorge um Mich war!« Er gab sich den Anschein, von dem Geschehen am Strand völlig gefesselt zu sein. Die Gerüste wurden von den beiden großen Drachen weggenommen. Jetzt hielten starke Ankertaue, gehalten von schwitzenden Männern, sie aufrecht. Sullivans Drache war hauptsächlich in Scharlachrot und Gold bemalt und zeigte einen japanischen Krieger mit prunkvollem Helm vor einem Hintergrund aus Kirschblüten. Aikens Drache war weniger bunt, eine Symphonie von Blau tönen, eine Tsunami-Welle ä la Hokusai, erstarrt in dem Augenblick des Brechens an einem Felseninselchen.
    Sullivan machte einen tapferen Versuch, angesichts ominöser mentaler Untertöne liebenswürdig zu sein. »Niemand war erstaunter als ich, Große Königin, als Olone sich erbot, dein kostbares Kind zu nähren, weil sie glaubte, du seiest umgekommen. Ich hatte nicht gewußt, daß das einer Frau, die selbst nicht geboren hat, möglich ist. Die Tanu sind eine verblüffende Rasse, nicht wahr? So menschlich und doch so faszinierend in ihren Unterschieden! Die einzigartigen Brüste der Frauen haben ein Gegenstück in der Folklore mehrerer europäischer Länder, weißt du. Das Ellefolk und die Skogrä Skandinaviens, die Fées Frankreichs, die deutschen Nixen, die Aguane der italienischen Alpen, die Giane Sardiniens ...«
    »Alles Elfenfrauen mit langen Brüsten. Ich weiß.« Mercy war höflich. »Aber an der Milch ist nichts Geheimnisvolles, lieber Tonn. Wenn eine Frau es heiß genug wünscht und ihr Wille stark ist, wird das Prolaktin-Hormon mit den anderen ausgestoßen, und die Brüste füllen sich - auch bei kinderlosen Frauen. Bei Menschen und Tanu ist es dasselbe. Das liebende Verlangen, ein Kind zu nähren, ist alles, was dabei an Magie notwendig ist.«
    »Aber vergiß nicht«, warf Aiken trocken ein, »daß auch das Gegenteil gilt. Agraynel und ich haben beide Glück gehabt.«
    Sullivan schoß flammende Röte ins Gesicht. Er stand auf und entfernte sich von dem königlichen Paar. Sein unvollkommen abgeschirmter Geist ließ Kränkung und hilflose Wut auslecken.
    Mercys traurige Augen sahen nur Aiken. »Ja, ich bin trocken, das stimmt. Ich habe an Leib und Seele schwer gelitten, und jetzt habe ich kein Leben mehr, das ich meiner Tochter geben könnte, dem armen Ding. Was ich dir zu geben habe, wissen wir beide! Also nimm es!«
    »Ich werde ... ich werde einmal zum Strand hinuntergehen«, murmelte Sullivan. »Muß mich um meinen Drachen kümmern. Entschuldigt mich ... entschuldigt mich ...« Er entfloh, und der warme Wind ließ seinen rosig-goldenen Kaftan flattern.
    »Es war brutal von dir, ihn ins Gesicht hinein zu demütigen«, sagte Mercy zu Aiken. »Und unnötig. Er weiß, was vor sich gegangen ist.«
    »Er ist ein Esel. Impotent.« Aiken hatte die Augen geschlossen. Der Schweiß klebte sein dunkelrotes Haar an den runden Schädel. »Er würde mich innerhalb von fünfzehn Sekunden an jeden Dahergelaufenen verraten, wenn er glaubte, mit heiler Haut davonkommen zu können. Und du warst fort ...« Der hohle schwarze Blick öffnete sich ihr. »Man sagte mir, du seist tot, Mercy.«
    »Und ist es wahr, daß du über meinem Silber-Smaragd-Helm geweint hast?« Der Spott war fast unmerklich.
    Der kleine Mann wandte sich ab. »O ja«, gab er zu. »Den ganzen Weg zurück nach Goriah, als ich in meiner Kabine lag und meinen Brennkammer-Schädel hätschelte, hatte ich das Ding bei mir. Mein letztes Erinnerungsstück an dich. Trotz des Bades im Rio Genil immer noch nach deinem Parfüm duftend. Glaub mir, ich habe geweint, Baby. Obwohl ich wußte, daß du am Leben warst.«
    »Ah.«
    »Ich hätte nicht gedacht, daß du ihn verlassen würdest. Es war seine Idee, nicht

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