Kein König von Geburt
Alberonn tun es und folgen mir jetzt, wie sie es beim letzten Großen Wettstreit getan haben. Mercy-Rosmar, die Präsidentin der Kreatorengilde, hat eingewilligt, meine Frau zu werden. Und im vergangenen Monat ist Lord Culluket, der Zweite Redakteur, nach Goriah gekommen, um sein Geschick mit dem des Leuchtenden zu verbinden. Vier von den fünf wählbaren Mitgliedern der Hohen Tafel, die die Flut überlebt haben, akzeptieren mich auf mein Wort hin! Willst du es nicht auch tun?
»Es stimmt, was man über deine schlaue und gespaltene Zunge sagt.« Aber das Gesicht der alten Frau hatte sich zu einem winterlichen Lächeln besänftigt. »Im einen Augenblick bist du ein betrügerischer Marktschreier, und im nächsten ...«
»Ein nicht ganz unmöglicher Kandidat für das Amt des Hochkönigs!« Er kicherte, stülpte sich den breitrandigen goldenen Hut wieder auf den Kopf und schielte nach den nassen Federn, von denen vor seinen Augen Tropfen niederfielen. »Zu Hause auf der lieben, feuchten Dalriada nennen wir so etwas einen lieblichen, milden Tag. Was meinst du, werte Dame, sollen wir eine Inspektionstour machen? Nur einen kleinen Umweg auf dem Ritt zur Glasburg? Ich würde dir und den anderen Erhabenen von Rocilan gern zeigen, was ich bei der Verschönerung des Maihains für das diesjährige Liebesfest Großartiges geleistet habe. Ihr werdet staunen!«
»Oh, mir soll es recht sein«, sagte Morna.
Die anderen Gäste und die Mitglieder des Empfangskomitees, die sich untereinandergemischt und eine gesetzte Unterhaltung geführt hatten, verstummten erwartungsvoll. Mercy, im Damensattel auf ihrem weißen Chaliko sitzend, griff Aikens Vorschlag auf, als entspringe er einer Eingebung des Augenblicks und sei nicht vorher von ihnen abgesprochen worden. Psycho-kreative Kraft strömte von ihr aus, und ihre wilden schillernden Augen ließen sogar die reizenden Schwestern aus Rocilan im Vergleich beinahe nichtssagend erscheinen.
»Fliegen wir!« rief Mercy. »Es ist ein großartiger Tag für einen Feenritt!« Sie warf die Kapuze ihres samtenen Kinsale-Mantels zurück, so daß der Regen ihr herrliches kastanienbraunes Haar dunkler tönte und in Löckchen kräuselte. »Fort mit euch Soldaten und begleitenden Herren und Damen - wir brauchen eure Gesellschaft erst wieder, wenn wir nach Goriah zurückkehren! Liebe Gäste, folgt mir! Fliegt! Fliegt!«
Sie stieg in die nasse Luft hinauf und ließ Aiken mit offenem Mund zurück. Diese Einzelheit des Fluges war entschieden nicht geplant gewesen,und von den anderen war nur Culluket fähig zu levitieren. Aiken würde die vier Gäste aus Rocilan und den Gedankenfresser tragen müssen, und dann war es vorbei mit der gespielten Bescheidenheit. Niemand verübelte es der schwangeren Mercy, denn ihr wurde nach Tanu-Sitte jede Caprice nachgesehen. Aber ihm hatte sie einen schönen Streich gespielt.
»Zum Teufel, was soll's?« Aiken zuckte die Achseln. »Ich werde noch ein ganzes Klafter mehr von euren verdammten heiligen Regeln brechen, um euch vor den Firvulag zu retten. Deshalb können wir auf der Stelle mit dem Blödsinn aufhören.«
Er wedelte mit beiden Händen. Der Regen, von seiner psychokinetischen Kraft abgelenkt, fiel nicht länger auf die Tanu-Aristokraten und den Possenreißer nieder. »Wenn wir auf Dalriada wären«, bemerkte er, »könnten wir in einem schönen bequemen Flugzeug fliegen statt mit diesen dicken Rübenfressern. Haltet euch fest! An dem kleinen Problem arbeite ich auch schon.«
Mühelos nahm er sie alle mit. Die Chalikos schienen durch die mit Feuchtigkeit geladenen Wolken zu galoppieren. Sie holten Mercy - sie lachte bloß - bald ein und schwebten ostwärts über eine lange, dicht bewaldete Bergkette. Dahinter bog die Laar nach Norden ab, bevor sie sich dem Giftigen Sumpf und seinem Abfluß zum Atlantik zuwandte. Eine gutangelegte Straße lief, von Goriah kommend, an dieser Stelle mit dem Fluß parallel. Auf ihr herrschte reger Verkehr. Von Helladen gezogene Wagen und Chaliko-Karawanen brachten Ladungen aus bearbeitetem Stein und Holz, Rollen aus abgestochener Grasnarbe und Schmuckpflanzen mit eingeschlagenen Wurzelballen zu einer noch wüsten Lichtung an der Laar. Die acht fliegenden Reiter sanken tiefer, verlangsamten auf Schrittgeschwindigkeit und trieben dicht über den Kronen großer Magnolien und Schwarzgummibäume dahin. Überall da unten waren Arbeiter. Menschen, bloßhalsige ebenso wie Graureifen, überwachten Gruppen von fleißigen, kindergroßen
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